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Methodologie der empirischen Politikwissenschaft
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Inhalt:
1. Methodenprobleme der beschreibenden Politikwissenschaft:
Intersubjektiv übereinstimmende Wahrnehmung als Wahrheitskriterium
Die Beschreibung vergangener Sachverhalte
Hintergrundtheorien
Aussagen mit zusammenfassenden Begriffen
Aussagen über innerpsychische Sachverhalte
Motivunterstellungen
Positive Behauptungen mit verstecktem normativem Inhalt
Die Selektivität jeder Beschreibung
Die Werthaltigkeit beschreibender Aussagen
Die Beschreibung durch Bilder und Metaphern
2. Methodenprobleme der erklärenden Politikwissenschaft:
Die Grenzen deskriptiver Aussagen
Orientierungshypothesen
Das deduktive Erklärungsmodell
Statistische Zusammenhänge
Experimentelle Verfahren zur Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Die Theorie der Zufallsstichprobe
Quasi-experimentelle Anordnungen
Theoriebildung in der Politikwissenschaft: Modelle rationalen Verhaltens
Konzeptionen einer verstehenden Politikwissenschaft
Anhang: Notizen zur empirischen Methodologie
Textanfang
Einleitung
Den Kern der empirischen Politikwissenschaft machen "positive" Behauptungen aus. "Positiv" sollen all jene Behauptungen genannt werden, die etwas über die
Beschaffenheit der Wirklichkeit behaupten. (Das Wort stammt aus dem Lateinischen,
wo "positivum" soviel bedeutet wie "gegeben".) Statt von "positiver Wissenschaft"
wird auch von "Realwissenschaft" oder "Erfahrungswissenschaft" gesprochen.
Bei den positiven Behauptungen handelt es sich nicht um eine
einheitliche Gruppe, denn man kann in Bezug auf die Beschaffenheit der Realität
unterschiedliche Arten von Fragen stellen :
- Ist ein bestimmter Sachverhalt gegeben?
- Warum existiert ein bestimmter Sachverhalt?
- Welche Folgen wird ein bestimmtes Ereignis haben?
- Unter welchen Umständen ist das Eintreten eines bestimmten Sachverhalts
möglich?
- Wie
wahrscheinlich ist das Eintreten eines Ereignisses unter den jetzigen
Bedingungen?
- etc. etc.
Dementsprechend gibt es auch unterschiedliche Arten von positiven Behauptungen
über die Realität als Antworten auf diese Fragen.
1. Methodenprobleme der beschreibenden Politikwissenschaft
Begonnen werden soll mit der methodologischen Analyse der relativ einfachsten
Gruppe positiver Behauptungen, den beschreibenden bzw. "deskriptiven Aussagen".
(Eine Anmerkung zur Terminologie: Der Terminus "Aussage" wird in der
logisch-empirischen Tradition für solche Sätze reserviert, die einen Sachverhalt
behaupten und grammatisch in der Form des Indikativs auftreten. Insofern
entspricht eine "Aussage" einer "positiven Behauptung" nach der hier verwendeten
Terminologie).
Unter einer "beschreibenden Aussage" sollen solche Behauptungen verstanden
werden, die über raum-zeitlich bestimmte Phänomene der Wirklichkeit informieren,
die also einen konkreten Sachverhalt feststellen und beschreiben. Der
allergrößte Teil der in der Politikwissenschaft gemachten Behauptungen ist von
derart deskriptiver Art.
Beispiele für deskriptive Aussagen sind etwa:
"Am 7. Juni 1948 beschloss eine in London tagende Konferenz der westlichen
Alliierten (England, Amerika, Frankreich und die Beneluxländer), eine
westdeutsche Konstituante einzuberufen, mit dem Auftrag, eine 'föderative
Regierungsform mit angemessener Zentralautorität' zu schaffen." (W. THEIMER,
Lexikon der Politik, Hamburg: Auerdruck 1952, S. 137.)
"Der erste Bundestag wurde in Westdeutschland am 14. August 1949 gewählt. Die
Wahlbeteiligung betrug 78,5 %. Gegenüber den Landtagswahlen zeigt sich eine
leichte Rechtsverschiebung." (THEIMER S. 139)
"Der Wachstumsprozess in der BRD-Wirtschaft vollzog sich keineswegs so
gleichförmig, wie es zunächst durch die Angabe einer durchschnittlichen
Wachstumsrate von ca. 6,5% erscheint." (Aus: Projekt Klassenanalyse, Materialien
zur Klassenstruktur der BRD. 2. Teil. Westberlin: VSA 1974, S. 49.)
"Unter den Arbeitern überwiegt … auch heute noch die Meinung, sie seien eine in
zentralen Bereichen benachteiligte gesellschaftliche Gruppe." (aus: M. SCHUMANN,
Am Beispiel der Septemberstreiks .., nach K. H. HÖRNING: Der 'neue' Arbeiter,
Frankfurt a.M.: Fischer TV 1971, S. 240.)
Intersubjektiv übereinstimmende Wahrnehmung als Wahrheitskriterium
All diese Aussagen behaupten bestimmte reale Sachverhalte. Wie lässt sich
nun der darin enthaltene Anspruch auf Wahrheit bzw. Allgemeingültigkeit
überprüfen? Wie lässt sich feststellen, ob sich über diese Aussagen ein
argumentativer Konsens herstellen lässt?
Offenbar spielt bei der Herstellung eines Konsens in solchen Fragen die
Wahrnehmung der Individuen eine zentrale Rolle. Wenn die Wahrheit der
Behauptung: "Hier im Raum befinden sich jetzt 4 Stühle" überprüft werden soll,
so müsste jeder sich "mit eigenen Augen" von der Richtigkeit dieser Behauptung
überzeugen können, d. h. jeder müsste aufgrund eigener Wahrnehmung zu der
gleichen Aussage gelangen können. (Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch
jeder mit dem Satz und seinen Wörtern die gleiche Bedeutung verbindet.)
In der wissenschaftlichen Praxis ist bei direkt beobachtbaren Sachverhalten die
Übereinstimmung der Wahrnehmung der verschiedenen Individuen gewöhnlich
unproblematisch. Erkenntnistheoretisch lässt sich jedoch selbst in diesem
einfachsten Fall die Wahrheitsfrage noch weiter problematisieren. Es könnte ja
sein, dass jemand sagt: "Ich sehe keine Stühle in diesem Raum". Insofern die
Übereinstimmung der Erfahrung verschiedener Subjekte gefordert ist, bleibt der
Konsens eine problematische Angelegenheit.
In der wissenschaftstheoretischen Literatur wird die Problematik der
Erfahrungsbasis der positiven Wissenschaft ausführlich diskutiert, und vor allem
seit Poppers Arbeit "Logik der Forschung" (zuerst erschienen 1935) und der darin
enthaltenen Diskussion der so genannten "Basissatz-Problematik" ist man von der
Vorstellung abgerückt, dass es mit den Sinneseindrücken ein unbezweifelbares und
sicheres Fundament der positiven Wissenschaften gibt, das man nur noch protokollieren
muss. (Einen Überblick über diese Diskussion gibt W. STEGMÜLLER,
Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, Stuttgart: Kröner 1965, 3.Aufl.,
S. 445-449).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass selbst für die Überprüfung
einfachster Sachverhalte gewöhnlich die bloße Wahrnehmung nicht ausreicht,
sondern erklärende Theorien und Gesetzmäßigkeiten herangezogen werden müssen.
Ein Beispiel von CARNAP mag dies verdeutlichen: Wenn jemand den Satz "Auf diesem
Tisch liegt ein Stück weißes Papier" bezweifelt, weil er meint, das sei kein
Papier, so kann man versuchen, aus diesem Satz Voraussagen abzuleiten und
überprüfen, ob diese eintreffen. Wenn die Gesetzmäßigkeit gilt, dass Papier
durch eine Streichholzflamme zum Brennen gebracht werden kann, so könnte man
eine Bestätigung dadurch erhalten, dass man das Papier in eine Streichholzflamme
hält.
Oder um ein politisches Beispiel zu wählen: Um festzustellen, ob die in
den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA veröffentlichten Tonbänder mit kompromittierenden Äußerungen über die
Strategie zur Verhinderung einer islamischen Revolution im Iran tatsächlich vom
abgesetzten Schah
Reza Pahlevi stammen, kann man Stimmenvergleiche unter Heranziehung akustischer
und phonetischer Theorien vornehmen.
Der enge Zusammenhang zwischen rein beschreibenden Aussagen und theoretischen
Aussagen über Regelmäßigkeiten bzw. Gesetzmäßigkeiten der Realität ergibt sich
dadurch, dass für die Formulierung der beschreibenden Aussage nicht nur solche
Wörter verwendet werden, die einen raum-zeitlich bestimmten individuellen Gegenstand
bezeichnen, also Eigennamen wie "SPD", sondern auch Begriffe von allgemeinem
Charakter, die eine ganze Klasse von Gegenständen bezeichnen, wie etwa im
letzten Beispiel "menschliche Stimme" oder "Tonbandaufnahme".
Über die menschliche Stimme und ihre Veränderbarkeit sowie über die
Tonbandtechnik existieren nun vielfältige Kenntnisse allgemeiner Art, die auf den einzelnen,
singulären Fall angewandt werden können, um den beschreibenden Satz "Die Stimme
auf dem Tonband ist die Stimme des Schahs" zu bestätigen oder zu widerlegen.
Damit wird die Wahrheit der rein beschreibenden Aussage
abhängig von der Wahrheit der herangezogenen Theorien. (Zu diesen so genannten "Hintergrundtheorien" s. a. K. D. OPP, Methodologie der Sozialwissenschaften,
Reinbek: Rowohlt 1970, S. 283ff.).
Die Beschreibung vergangener Sachverhalte
Durch die verschiedensten Umstände kann auch die Feststellung der Wahrheit
rein deskriptiver Aussagen sehr erschwert werden oder überhaupt unmöglich
gemacht werden. Dieser Fall tritt etwa ein, wenn der Sachverhalt in der Vergangenheit
liegt.
Mit der Feststellung vergangener Sachverhalte und den Problemen, die dabei
auftauchen, haben z. B. Gerichte und Historiker zu tun. Man zieht - wenn möglich
-
Augenzeugenberichte und Quellen oder auch "Indizien" heran, um die tatsächlichen
Vorgänge zu rekonstruieren. Doch die Fehlerquellen sind bekannt:
Erinnerungslücken, Wahrnehmungslücken, Probleme der "Echtheit" der Quellen,
bewusste Verfälschungen, Unzugänglichkeit der Quellen für den Wissenschaftler
etc.
Wo Zeugen fehlen und Quellen mangelhaft sind, lässt sich häufig die
Wahrheit von Behauptungen über vergangene Sachverhalte überhaupt nicht mehr
feststellen.
Aussagen mit zusammenfassenden Begriffen
Ein weiteres und für die Politikwissenschaft wichtiges Problem ergibt sich
dann, wenn sich die beschreibende Aussage auf nicht unmittelbar beobachtbare
Sachverhalte bezieht wie etwa bei Aussagen über gesamtgesellschaftliche oder
psychische Sachverhalte. Die Wachstumsraten einer Volkswirtschaft oder die
politischen Einstellungen von Arbeitern lassen sich nicht unmittelbar beobachten.
Trotzdem sind diese Aussagen als Beschreibungen der im Prinzip für jedermann
zugänglichen, gemeinsamen Wirklichkeit gemeint und nicht als Aussagen über nicht jedermann
zugängliche Spezialwelten wie bei manchen religiösen Weltanschauungen. Damit
stellt sich die Frage, wie sich auch dann ein argumentativer Konsens herstellen lässt,
wenn Begriffe benutzt werden, die keine unmittelbar empirische Bedeutung besitzen.
Wenn solche Aussagen trotzdem etwas Bestimmtes über die erfahrbare
Wirklichkeit aussagen sollen, müssen sie zumindest einen indirekten Bezug zur
beobachtbaren Wirklichkeit haben. Eine der häufigsten Ursachen unfruchtbarer
Polemiken in der Politikwissenschaft ist das Fehlen eines klaren empirischen
Bezugs der strittigen Thesen.
Bei der zitierten Aussage über die Entwicklung der ökonomischen Wachstumsrate
lässt sich der empirische Bezug noch einigermaßen kontrolliert nachvollziehen.
Aus dem Zusammenhang ergibt sich hier, dass die Aussage auf die
Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik im Zeitraum von 1950-1970 bezogen ist,
und dass das "reale" und nicht das "nominale" Wachstum des Bruttosozialprodukts
gemeint ist, dass also Preissteigerungen durch den Bezug auf die Preise von 1962
eliminiert wurden.
In der Amtlichen Statistik, die als Quelle von den Autoren angegeben wird,
wird das Bruttosozialprodukt definiert als: "Von Doppelzählungen (Vorleistungen)
bereinigter Marktwert der durch die Volkswirtschaft neu erzeugten Güter und
Dienstleistungen vor Abzug der Abschreibungen und sonstigen
Betriebsrückstellungen." (W. WETZEL / K. GRENZDÖRFER: Stichworte und
Definitionen zur Amtlichen Bevölkerungs- und Wirtschaftsstatistik der
Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Gruyter 1965.)
Auch über die Bedeutung der in der Definition des realen Bruttosozialprodukts
verwandten Begriffe wie "Vorleistungen", "Abschreibungen", "Preisentwicklung des
Sozialprodukts" etc. finden sich in den Begriffserläuterungen der amtlichen
Statistik weitere Hinweise. Damit ist der Begriff "Wachstumsrate des
Sozialprodukts" im Prinzip auf beobachtbare Sachverhalte - wie z. B. der Wert der
getätigten Umsätze - reduziert. Ein anderes Problem ist es, wie die vielen
Millionen von Daten, die für die Berechnung des Bruttosozialprodukts nötig sind,
tatsächlich erfasst werden können und wie zuverlässig z. B. das bestehende System
der Amtlichen Statistik in dieser Hinsicht ist.
Ist das "Bruttosozialprodukt" als Terminus der amtlichen Wirtschaftsstatistik
ein aus mehreren Einzelphänomenen zusammengesetzter, aber noch mit einem relativ
eindeutigen Bezug zur Realität ausgestatteter Begriff, so wird das bei anderen
politischen Begriffen schwieriger. Wenn etwa gesagt wird: "Seit 1975 gibt es in
der Bundesrepublik einen zunehmenden Rechtstrend", so handelt es sich bei dem
Begriff "Rechtstrend" um einen Begriff, der Phänomene aus den verschiedensten
politischen Bereichen umfassen kann, ohne dass eindeutig bestimmt wäre, wie die
Zusammenfassung und Gewichtung dieser Phänomene vorzunehmen ist. Heranzuziehen
wären etwa folgende Bereiche: die Wahlergebnisse von Rechtsparteien,
Verschiebungen in Programmatik und praktischer Politik aller Parteien nach
rechts, Verschiebungen in den Einstellungen von Massenmedien und der Bevölkerung
nach rechts oder eine verstärkte Aktivität und wachsende Mitgliederzahl
rechtsgerichteter Verbände.
Selbst wenn man sich in der Definition dessen, was als politisch "rechts"
anzusehen ist, einig ist, können sich aus unterschiedlichen
Tendenzen in den Teilbereichen der Politik und aus einer unterschiedlichen
Gewichtung der Phänomene unterschiedliche Auffassungen darüber ergeben, ob in
der Bundesrepublik eine
Entwicklung nach politisch rechts stattgefunden hat oder nicht. Ein solcher
Dissens kann dabei
selbst dann bestehen, wenn man sich über die einzelnen Fakten
einig ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Streit um derartig unpräzise
Globalbehauptungen eher müßig.
Analoge Probleme ergeben sich bei allen Aussagen, die nicht näher präzisierte
zusammenfassende Begriffe benutzen wie: "Schärfe der Klassenauseinandersetzung"
oder "Grad der Lebensqualität".
Ähnliche Probleme ergeben sich auch bei globalen Aussagen über Kollektive. So
ist z. B. die Aussage: "Die politische Aktivität der Studentenschaft ist heute
niedriger als 1971" als solche nicht auf einen präzisen Sachverhalt beziehbar,
denn bestimmte Teile der Studentenschaft mögen heute aktiver sein als früher,
während andererseits die Zahl derer, die überhaupt aktiv sind, geringer sein
mag. Wer ist "die Studentenschaft" ? Sind es die Studentenorganisationen oder die
einzelnen Studenten?
Besonders deutlich wird diese Problematik an dem Zitat
aus dem Philosophischen Wörterbuch von KLAUS/BUHR: "Durch die Entwicklung der
marxistisch-leninistischen Theorie und die Herausbildung der revolutionären
proletarischen Partei wurde die Arbeiterklasse aus einer 'Klasse an sich' zu
einer 'Klasse für sich', die sich ihrer Aufgabe, Totengräber der
kapitalistischen Gesellschaft und Schöpfer der sozialistischen Gesellschaft zu
sein, bewusst ist." (KLAUS/BUHR, S.105)
Die Arbeiterklasse setzt sich aus Millionen von Individuen zusammen. Was soll es
bedeuten, wenn der Arbeiterklasse als ganzer ein bestimmtes Bewusstsein
zugeschrieben wird? Sind alle Arbeiter gemeint? Ist die Mehrzahl der Arbeiter
gemeint? Ist der typische Arbeiter
gemeint? Sind die Führer der Arbeiter gemeint? Sind die Organisationen der
Arbeiter gemeint? Sofern dies nicht näher
präzisiert wird, fehlt ein eindeutiger Bezug zu realen Sachverhalten.
Aussagen über innerpsychische Sachverhalte
Auch Aussagen über psychische Sachverhalte sind nicht unmittelbar
beobachtbar. Hierzu gehören etwa Aussagen über Einstellungen, Werte, Absichten,
Motive, intellektuelle Fähigkeiten und sonstige Charaktereigenschaften. Wie
lässt sich z. B. die Behauptung "Unter den Arbeitern überwiegt
… auch heute noch die Meinung, sie seien eine in zentralen Bereichen
benachteiligte gesellschaftliche Gruppe" empirisch bestätigen? (aus: K.H. HÖRNING,
S.240)
Wenn man annimmt, dass Menschen ihre Meinungen äußern, wenn sie danach
gefragt werden, hat man mit den Meinungsäußerungen bei Umfragen empirische
Daten, von denen sich auf die Meinung zurück schließen lässt. So wurde in
der genannten Untersuchung den Arbeitern die Frage vorgelegt: "Glauben Sie,
dass die Arbeiter in unserer Gesellschaft benachteiligt sind oder sind sie
gleichberechtigt mit anderen Gruppen?" 61% der befragten Arbeiter sahen sich als "benachteiligt" und 21% sahen die Arbeiter als "gleichberechtigt". Mit den
Problemen, die beim Rückschluss von verbalen Äußerungen und Verhalten auf
zugrunde liegende Einstellungen, Meinungen, Interessen usw. auftreten, befasst
sich insbesondere die Theorie der Interviewtechnik.
Eine wichtiger Bereich von nicht direkt beobachtbaren psychischen
Sachverhalten sind die Motive (Ziele, Absichten) von politischen Akteuren. In
zeitgeschichtlich orientierten politikwissenschaftlichen Untersuchungen geht es
häufig um die Beschreibung politischer Auseinandersetzungen zwischen den
verschiedenen politischen Kräften. Dabei wird jedoch gewöhnlich nicht nur das
unmittelbar der Wahrnehmung zugängliche Verhalten der Akteure beschrieben,
sondern diesem Verhalten werden bestimmte Ziele und Absichten beigelegt, es wird
als Handeln interpretiert und den Akteuren werden bestimmte Motive unterstellt.
Das Problem bei derartigen Motivunterstellungen besteht darin, dass eine
bestimmte Handlung sehr verschiedenen Motiven entspringen kann. Wenn z. B. eine
Regierungskoalition ein Gesetz durchbringt, das einer bestimmten Gruppe der
Bevölkerung unmittelbar Vorteile bringt, wie z. B. die Verbesserung des
Mutterschutzes für berufstätige Frauen, so kann man diese Gesetzesreform mit den verschiedensten
Absichten verknüpfen. Die Regierungskoalition mag das getan haben,
- "um den
berufstätigen Müttern ihre schwierige Lage zu erleichtern",
- "um die zunehmende
politische Unruhe unter den Frauen zu bekämpfen und weitergehende Forderungen
abzuwehren",
- "um das weitere Absinken der Geburtenrate mit seinen negativen
wirtschaftlichen Folgen zu bekämpfen".
Jedes mal erscheint das Handeln der
Regierung in einem andern Licht.
Ein Beispiel aus der deutschen Geschichte mag dies noch einmal verdeutlichen:
"Als nach dem Aufstand der Matrosen am 3.November 1918 die Spartakusgruppe
systematisch zur Revolution drängte, womit sie auch am 7. November in
Nordwestdeutschland und in Bayern Erfolg hatte, sah sich angesichts der auch auf
Berlin übergreifenden revolutionären Welle die Mehrheitssozialdemokratie zum
schnellen Handeln gezwungen. Ebert war keineswegs für die Beendigung der
Monarchie. .. Ebert versuchte noch, den Kanzler Prinz Max von Baden, in dessen
Regierung die SPD mit Scheidemann im Oktober 1918 eingetreten war, als
Reichsverweser zur zumindest vorläufigen Bewahrung der Monarchie zu gewinnen.
Die Ereignisse überstürzten sich aber nun. Am Mittag des 9. November 1918 rief
Philipp Scheidemann vom Fenster des Reichstages die Republik aus, um die
Wiederholung der russischen Vorgänge in Deutschland zu vermeiden." (G. Olzog /
A. Herzig: Die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland.
München-Wien: Olzog 1973, S.70-71).
Eine Aussage, wie die, dass die Mehrheitssozialdemokratie "diesen Umsturz
nicht gewollt … hatte", bezieht sich offensichtlich nicht auf einen direkt
beobachtbaren Sachverhalt, sondern lässt sich nur indirekt aus bestimmten
beobachtbaren Tatbeständen und unter Zuhilfenahme bestimmter theoretischer
Annahmen erschließen. Vor allem kann man nicht einfach auf Selbstdarstellungen
der eigenen Absichten zurückgreifen, da es in politischen Auseinandersetzungen
für die Akteure häufig vorteilhaft ist, ihre wahren Absichten zu verbergen.
Um zu verhindern, dass beliebige Motivunterstellungen vorgenommen werden, die
geeignet sind, die betreffenden Akteure herabzusetzen oder aufzuwerten, müssen
die methodologischen Kriterien solcher Motivunterstellungen geklärt werden.
Wenn keine glaubwürdigen eigenen Äußerungen über die mit bestimmten
Handlungen verbundenen Absichten vorliegen, so lassen sich diese nur auf sehr
komplizierte Weise erschließen, wozu hier nur einige Hinweise gegeben werden
können.
Wenn man davon ausgeht, dass ein Akteur bestimmte Wert- und
Interessenstrukturen hat, die er möglichst verwirklichen möchte, so muss man
zuerst analysieren, welche Handlungsmöglichkeiten ihm in einer bestimmten
Situation offen stehen.
Man muss dann zeigen, dass diejenige Handlungsmöglichkeit, die seinen
eigentlichen Zielen am nächsten kommt, nicht gewählt werden kann, weil sie
Konsequenzen mit zu großen Nachteilen für den Akteur hätte, also mit anderen,
wichtigeren Zielen in Konflikt gekommen wäre. Aufgrund solcher Nachteile könnte
man davon sprechen, dass jemand "gezwungen" war, statt der direkten Verfolgung
seines eigentlichen Zieles eine andere Handlung zu wählen.
Im obigen Beispiel argumentieren die Autoren folgendermaßen:
"Ebert war
keineswegs für die Beendigung der Monarchie. Das Schicksal Wilhelms II. hielt er
erst für entschieden, als er sehen musste, dass durch dessen Person der
Linksradikalismus gestärkt wurde." (OLZOG/HERZIG, S. 71). Die Führer der
Mehrheitssozialdemokratie haben danach also eigentlich nicht die Republik
errichten wollen, sondern sie haben die Republik nur deshalb ausgerufen, weil
sie Schlimmeres verhindern wollten, nämlich den Sieg des Spartakusbundes und die "Wiederholung der russischen Vorgänge".
Ohne über die historische Richtigkeit dieser Darstellung hier entscheiden zu
wollen, soll doch auf einige Probleme dieser Argumentation hingewiesen werden.
Ausgegangen wird dabei von der Annahme folgender Zielstruktur bei Ebert, die
dann auf die Mehrheitssozialdemokratie übertragen wird: Sein eigentliches Ziel
war eine parlamentarische Regierungsform unter Beibehaltung der Monarchie, die
zweitbeste Lösung war die parlamentarische Republik und die schlechteste Lösung
war eine Räterepublik nach russischem Vorbild. Da der Versuch zur Durchsetzung
der besten Lösung die Gefahr eines Umschlagens in die schlechteste Lösung mit
sich gebracht hätte, entschied sich die Führung der Mehrheitssozialdemokraten
für die zweitbeste Lösung, die parlamentarische Republik.
Eine solche Interpretation ist sicherlich in sich stimmig und macht das
Handeln der Beteiligten rational verstehbar und nachvollziehbar. Aber genauso
plausibel wäre das Handeln der Führung der Mehrheitssozialdemokraten natürlich
auch bei folgender Präferenzrangfolge: 1. parlamentarische Republik, 2.
parlamentarische Monarchie, 3. Räterepublik.
Damit verlagert sich das Problem auf die Bestimmung der Zielstruktur
bestimmter Akteure. Um zu entscheiden, welche der beiden möglichen
Zielstrukturen angenommen werden sollte, müsste man das übrige Verhalten der
Akteure daraufhin untersuchen, mit welcher der möglichen Zielstrukturen es
besser vereinbar wäre. Kompliziert wird die ganze Analyse dabei immer noch
dadurch, dass sich die Zielstrukturen der Akteure im Laufe der Zeit verändern
können, so dass das Handeln Eberts im Jahre 1919 bereits schon keine Rückschlüsse mehr
über seine Einstellung zur Monarchie im November 1918 zulässt.
Um Rückschlüsse auf die Motive der Akteure ziehen zu können, muss man
außerdem die Situation immer aus der Sicht der Akteure rekonstruieren und kann nicht
einfach die Situation zugrunde legen, wie sie sich einem selbst heute aufgrund
wissenschaftlicher Untersuchungen darstellt.
Aus den angestellten Überlegungen wird deutlich, welche komplizierten
Sachverhalte zu klären sind, wenn man Behauptungen über Motive und Absichten
politischer Akteure machen will. Deshalb lässt sich mit solchen Behauptungen
auch gut polemisieren.
Positive Behauptungen mit verstecktem normativen Inhalt
Handelt es sich bei den Motivunterstellungen noch um Behauptungen, die sich -
wenn auch indirekt - auf beobachtbare Sachverhalte beziehen, so finden sich in
der Politikwissenschaft häufig auch Aussagen, die zwar als Aussagen über die
Wirklichkeit auftreten, deren Bezug zu erfahrbaren Sachverhalten jedoch völlig
unklar ist.
Ein Beispiel hierfür ist der Satz: "Die Abschaffung des Lohnsystems und die
Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft ist das objektive Interesse aller
Lohnabhängigen."
Handelt es sich bei dieser Behauptung um die Feststellung eines tatsächlichen
Sachverhalts oder nicht? Offensichtlich sind mit dem Begriff "objektives
Interesse" nicht die tatsächlich bewussten Ziele und Absichten der
abhängig Beschäftigten gemeint, denn es gilt nicht als Widerlegung des genannten Satzes,
wenn gezeigt wird, dass ein Teil oder gar die Mehrheit der Lohnabhängigen
auf Befragen kein Interesse an der Abschaffung des Lohnsystems äußert. Was ist
aber dann der Sinn dieser Behauptung? Welche Eigenschaft wird einem
Lohnabhängigen zugeschrieben, wenn ihm ein derartiges objektives Interesse
unterstellt wird?
Eine mögliche Antwort darauf gibt G. LUKACS in seiner Arbeit "Geschichte und Klassenbewusstsein":
"Indem das Bewusstsein auf das Ganze der
Gesellschaft bezogen wird, werden jene Gedanken, Empfindungen usw. erkannt, die
die Menschen in einer bestimmten Lebenslage haben würden, wenn sie diese Lage,
die sich aus ihr heraus ergebenden Interessen sowohl in Bezug auf das
unmittelbare Handeln wie auf den - diesen Interessen gemäßen - Aufbau der ganzen
Gesellschaft vollkommen zu erfassen fähig wären; die Gedanken usw. also, die
ihrer objektiven Lage angemessen sind." (G. LUKACS: Geschichte und
Klassenbewusstsein, Berlin 1923, S. 62)
Gemeint sind demnach die "wahren" Interessen der Lohnabhängigen, also
diejenigen Interessen, die die Lohnabhängigen vernünftigerweise haben sollten. Wenn es sich aber
bei den "objektiven Interessen" um die Interessen handelt, die die Individuen
unter der Bedingung völliger Aufgeklärtheit haben würden, so zeigt schon die
Form des Konjunktivs an, dass es sich hier nicht um die Bezeichnung eines realen Sachverhalts handelt.
Man könnte dieser
Konstruktion "objektiver Interessen" dadurch eine
empirische Bedeutung geben, dass man von der
Annahme ausgeht, dass Menschen auf die Dauer tatsächlichen subjektiven
Interessen diesem objektiven Interesse angleichen. Die falschen
Vorstellungen und Hoffnungen der Lohnabhängigen werden durch die Wirklichkeit enttäuscht und damit
korrigiert. Die objektiven Interessen wären dann gewissermaßen eine Art
Zielpunkt, auf den hin sich der kollektive Lernprozess faktisch bewegt.
Unabhängig von solchen überaus problematischen Annahmen darüber, dass sich in
den Köpfen der Menschen letztlich ihr wahres Interesse durchsetzen wird, wird
der Begriff eines objektiven oder - wie man wegen der Vieldeutigkeit des
Begriffs "objektiv" besser sagen würde - eines aufgeklärten Interesses nicht
dadurch sinnlos, weil er keinen realen Sachverhalt bezeichnet. Der Begriff des
aufgeklärten Interesses ist z. B. von Bedeutung bei normativen Fragestellungen,
also Fragen danach, wie die Wirklichkeit beschaffen sein soll.
Die Selektivität jeder Beschreibung
Im Vorangegangenen wurde immer von bestimmten beschreibenden Aussagen
ausgegangen und es wurde gefragt, wie sich über diese Aussagen anhand von
Erfahrung ein argumentativer Konsens herstellen lässt. Nun lassen sich über
einen Gegenstandsbereich jedoch unbegrenzt viele beschreibende Aussagen machen,
die alle wahr sein können. Anders ausgedrückt: die vollständige, erschöpfende
Beschreibung eines Gegenstandes ist unmöglich.
Ein Alltagsbeispiel mag dies verdeutlichen. Selbst wenn ich einen relativ
einfachen Gegenstand habe wie z. B. einen Tisch, so kann ich darüber
beliebig viele beschreibende Aussagen machen. Beispiele wären etwa: "Dieser
Tisch ist 20 kg schwer, er ist 70 cm hoch und 2 m lang, seine Beine sind aus Eisen,
die Platte ist aus Holz, er ist 10 Jahre alt, usw. usw." Diese unvermeidliche
Selektivität jeder Beschreibung gilt auch für die beschreibende
Politikwissenschaft.
Wenn fünf Autoren ein Buch über die Nachkriegsentwicklung Westdeutschlands
schreiben, so können dabei fünf völlig unterschiedliche Texte zustande kommen,
ohne dass irgendeiner in dem Sinne falsch sein müsste, dass es die jeweils behaupteten
Sachverhalte nicht gegeben hätte. Jeder der fünf Autoren kann aus einem andern
Blickwinkel und mit anderen Begriffen denselben Gegenstand beschrieben haben.
Der Streit, wer von den Autoren den Gegenstand nun "richtig" oder "richtiger"
darstellt, lässt sich auf der Ebene rein beschreibender Aussagen nicht
entscheiden und auf dieser Ebene ist der Streit insofern auch müßig. Auch der
Nachweis, dass ein Autor diesen oder jenen Sachverhalt nicht erwähnt hat, ist
als solcher kein Einwand, denn - wie bereits gesagt - ist jede Beschreibung in
diesem Sinne unvollständig.
Trotzdem ist der Streit um die angemessene Beschreibung politischer
Sachverhalte nicht sinnlos. Er wird sinnvoll, wenn man die Beschreibung nicht
als Endpunkt des Erkenntnisprozesses versteht, sondern als Erkenntnis, auf
Grund derer dann weitere Fragen beantwortet werden sollen. Vom Standpunkt
solcher übergeordneter Fragestellungen werden dann bestimmte Sachverhalte
wichtig und andere unwichtig.
Der Vorwurf, ein Autor habe "wesentliche Aspekte der Sache nicht erfasst" oder
gar "unterschlagen", bleibt solange ein leerer Vorwurf, wie nicht ausgeführt
wird, von welcher Problemstellung aus diese Gewichtung der Sachverhalte
vorgenommen wird. Für den einen mag an einem Buch wesentlich sein, welchen
Inhalt es hat, während für den andern wichtig ist, wie lange das Buch im Ofen brennt und sein
Zimmer erwärmt.
Dass Beschreibungen von Sachverhalten als solche vielleicht wahr sind, aber
trotzdem unter bestimmten Gesichtspunkten ungenügend sein können, drückt sich im
Alltag schon in der Redewendung aus, "dass dies nur die halbe
Wahrheit" sei.
Wenn vor Gericht Zeugen gehört werden, so werden sie nicht nur aufgefordert,
nicht die Unwahrheit zu sagen, sondern sie werden auch aufgefordert, die "ganze"
Wahrheit zu sagen und nichts auszulassen oder zu verschweigen. Hier ist der
Zusammenhang offensichtlich, von dem her die Relevanz bestimmter Tatbestände
beurteilt werden muss, denn vor Gericht geht es um die Frage, ob ein Angeklagter
die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat oder nicht; und wenn ja, wie schwer er
dafür bestraft werden soll. Es gibt also eine übergeordnete normative
Fragestellung, von der her die Relevanz bestimmter Sachverhalte beurteilt werden
kann. Solche normativen Fragestellungen ("Wie ist ein bestimmter politischer
Akteur und dessen Handeln zu bewerten?") liegen Auseinandersetzungen um die "dem
Gegenstand angemessene Darstellung" häufig zugrunde.
So wird man das Verbot der KPD im Jahre 1956 und die
strafrechtliche Verfolgung einer Tätigkeit im Sinne der verbotenen KPD
unterschiedlich bewerten, je nachdem, wie zur gleichen Zeit
nazistisch orientierte Organisationen und unbelehrbare ehemalige Mitglieder der NSDAP
von der Justiz behandelt wurden.
Ebenso wird man die Proklamierung der SPD zur "Volkspartei" auf dem Godesberger Parteitag
von 1959 weniger kritisch bewerten, wenn man berücksichtigt, dass die SPD in den
10 Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik bei Bundestagswahlen niemals mehr als
ein Drittel der Wählerstimmen bekam.
Immer wenn es in der Politikwissenschaft offen oder unausgesprochen darum geht,
in einem politischen Konflikt eine bestimmte Parteinahme nahe zu legen, steht
eine normative Fragestellung im Hintergrund und die Sachverhalte werden unter
diesem Gesichtspunkt relevant. Dies ist z. B. in politikwissenschaftlichen
Untersuchungen von Oppositionsbewegungen, Streiks oder Kriegen der Fall.
Neben übergeordneten normativen Fragestellungen können jedoch auch theoretische
Fragen nach den ursächlichen Bedingungen bestimmter Phänomene ein Kriterium für
die Relevanz bestimmter Sachverhalte abgeben. Wieso
ging z. B. die politische Justiz der Weimarer Republik gegen linke Gegner der
parlamentarischen Republik so viel schärfer vor als gegen rechte? Ohne eine
Untersuchung der personellen Zusammensetzung von Beamtenschaft
und Militär, die durch eine ungebrochene Kontinuität seit der Kaiserzeit
gekennzeichnet war, muss die Entwicklung der Weimarer Republik in vieler Hinsicht
unerklärlich bleiben.
Übergeordnete theoretische Fragestellungen können auch beim Streit zwischen
unterschiedlichen Beschreibungen der Bundesrepublik als "Klassengesellschaft"
oder als "geschichtete Gesellschaft" Gesichtspunkte abgeben, von denen her die
Angemessenheit beider Beschreibungen beurteilt werden kann.
Wenn man die "Klassen" innerhalb einer Bevölkerung durch das jeweilige
Besitzverhältnis zu den sachlichen Produktionsmitteln definiert, so lassen sich
in der Bundesrepublik verschiedene Klassen beschreiben, da es einerseits
Individuen gibt, die sachliche Produktionsmittel besitzen, und andererseits
Individuen, die nur über ihre Arbeitskraft verfügen können.
Die Bundesrepublik lässt sich aber auch als geschichtete Gesellschaft
beschreiben, wenn man "Schichtung" als die Ordnung sozialer Positionen bzw.
ihrer Inhaber nach dem Grad ihres sozialen Ansehens definiert. Auf der Ebene
solcher Beschreibungen erscheint ein Streit um die richtige Auffassung als
müßig, weil mit beiden Begrifflichkeiten zutreffende Aussagen über die soziale
Realität der Bundesrepublik gemacht werden können, auch wenn es sich um
unterschiedliche Sachverhalte handelt.
Wenn man jedoch Fragestellungen verfolgt, die über die bloße Beschreibung hinausgehen,
so erscheinen
beide Beschreibungen als unterschiedlich brauchbar. Will man etwa die
Frage nach den Bedingungen für bestimmte Konflikte wirtschaftlicher und
politischer Art stellen, sind Feststellungen über die Klassenzugehörigkeit im
oben definierten Sinne sicherlich nützlicher sein als Feststellungen über die
Stellung in einer Hierarchie sozialen Ansehens.
Andererseits muss auch ein solches Schichtungsschema nicht völlig unbrauchbar
sein, denn es kann vielleicht Unterschiede in der Häufigkeit der sozialen
Interaktion und bestimmte kulturelle Gemeinsamkeiten zwischen bestimmten Teilen
der Bevölkerung erklären, wenn man voraussetzt, dass die Einzelnen bestrebt
sind, möglichst Kontakte mit Leuten aufzunehmen, die im sozialen Ansehen
mindestens gleich oder höher als sie selber stehen.
Anhand dieser Beispiele wird deutlich geworden sein, dass die Konfrontation
unterschiedlicher beschreibender Darstellungen politischer Gegenstände
inhaltsleere Polemik bleibt, solange nicht die übergeordneten
Fragestellungen, zu deren Beantwortung die beschreibenden Aussagen einen Beitrag
leisten sollen, deutlich gemacht werden.
Sofern allerdings in den Fragestellungen selber bereits Unterschiede bestehen,
verlagert sich der Streit auf die Frage nach der Relevanz dieser
verschiedenen Fragestellungen. Dahinter steht die politisch-ethische Frage,
welchen Problemen und Interessen die wissenschaftliche Tätigkeit dienen soll.
Die Werthaltigkeit beschreibender Aussagen
Das Problem der Wertbezogenheit von Beschreibungen betrifft bereits die
einzelnen Wörter und sprachlichen Ausdrücke, die zur
Beschreibung umgangssprachlich benutzt werden.
Die Umgangssprache dient nicht nur zur Mitteilung von Informationen über die
Beschaffenheit der Realität, sondern sie vermittelt zugleich die positive oder
negative Einstellung des Sprechers zu dieser Realität. Dies muss nun nicht
unbedingt in ausdrücklichen Werturteilen geschehen wie: "Ich verurteile
dies Verhalten" oder: "Solche Vorkommnisse sollten verhindert werden" oder: "Diese Forderung ist berechtigt" etc., sondern die Sprache stellt Wörter zur
Verfügung, die neben ihrem empirischen Gehalt zugleich auch eine bestimmte Einstellung
ausdrücken. Rhetorisch nutzt man diesen Umstand, indem man durch
eine geschickte Wortwahl den jeweiligen Gegenstand in positivem oder
negativem Licht erscheinen lässt.
Beispiele für die positive oder negative Wertgeladenheit der Begriffe lassen
sich in der Politikwissenschaft ohne Schwierigkeiten finden:
Der eine spricht
vom "Friedensvertrag von Versailles", der andere vom "Diktat von Versailles",
der eine spricht von der "amerikanischen Schutzmacht", der andere von den "amerikanischen Besatzern",
der eine spricht von der "Remilitarisierung" der
Bundesrepublik, der andere von ihrer "Wiederbewaffnung",
der eine spricht von
der "führenden Rolle der Partei in allen gesellschaftlichen Bereichen", der
andere spricht von einem "totalitären Einparteienregime",
der eine spricht von
einer "unermüdlichen Überzeugungsarbeit", der andere von einem "aktivistischen
Propagandaeinsatz".
Die Reihe solcher Gegenüberstellungen von beschönigenden
oder herabsetzenden Bezeichnungen des gleichen Sachverhalts ließe sich noch
beliebig fortsetzen.
Insofern solche unterschiedlichen Formulierungen tatsächlich den gleichen
Sachverhalt ausdrücken, ist der Streit darum, welche der Beschreibungen
empirisch "richtig" ist, sinnlos. Leider erschöpfen sich viele politische
Streitgespräche in der Gegenüberstellung von unterschiedlichen Beschreibungen, die
bei näherem Hinsehen den gleichen empirischen Sachverhalt behaupten. Der
Dissens besteht dann offensichtlich nur in Bezug auf die Wertung des
Sachverhalts.
Wertgeladene Begriffe stellen für die positive Politikwissenschaft solange kein
Problem dar, wie der empirische Gehalt der benutzten Begriffe eindeutig bestimmt
ist. Die beschreibende Aussage: "Im Gefolge des 2. Weltkriegs gab es unter der
Bevölkerung der Sowjetunion mehr als 20 Millionen Tote" enthält für viele
Menschen implizit zugleich einen Vorwurf gegen die Verantwortlichen für diesen
Krieg.
Die Werttönung von Begriffen lässt sich nicht völlig beseitigen. Selbst wenn ein Wissenschaftler völlig neue Kunstworte
bilden würde - was methodologisch ja zulässig ist -, so könnte er nicht
verhindern, dass diese Worte im Laufe der Zeit ebenfalls eine bestimmte Wertfärbung
erhalten.
Problematisch für eine positive Politikwissenschaft ist es
jedoch dann, wenn die empirische Bedeutung der benutzten Begriffe vage, unklar
oder uneinheitlich ist. Da viele Begriffe der Politikwissenschaft der
politischen Umgangssprache entstammen und kein Versuch zu ihrer Präzisierung
unternommen wird, bleibt der affektgetönten, wertgeladenen Wortwahl in der
Politikwissenschaft ein weites Feld. Mit empirisch entleerten Begriffen können
jedoch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gewonnen werden. Man kann damit nur noch bestimmte Einstellungen verstärken.
Gerade hochgradig wertgeladene Begriffe sind in der Gefahr, zu "Schlagworten" abzusinken, da sie in der politischen Auseinandersetzung besonders wirksam sind.
Wenn heute z. B. "faschistisch" bei den meisten Leuten ein stark negativ
geladener aber in seiner Bedeutung vager Begriff ist, so liegt die Versuchung nahe, den jeweiligen Kontrahenten
als "faschistisch" abzustempeln und ihn dadurch zu diskreditieren. Wenn
gleichzeitig keine
Definition des Begriffes "faschistisch" mitgeliefert wird, lässt sich kaum
entscheiden, ob die Anwendung des Begriffes in einem bestimmten Fall nun gerechtfertigt
ist oder nicht.
Ein anderes Beispiel für das Absinken von Begriffen zu reinen Schlagworten
und Kampfbegriffen findet sich bei BLANKE u. a. Dort heißt es:
"Dass der Begriff
'marxistische Wissenschaft' von ihren Gegnern fast nur als Denunziationsformel
benutzt wird, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Aber auch 'bürgerliche
Wissenschaft' kann zum bloßen Kampfbegriff werden. Er richtet sich dann nicht
nur gegen den etablierten Wissenschaftsbetrieb, sondern wird ebenfalls als
Diffamierungsstrategie in den Fraktionierungsprozessen der Neuen Linken
verwendet. 'Bürgerliche Wissenschaft' wird so zum Sammelbegriff für Apologetik,
Verwertbarkeit im Sinne des Kapitals, falsche Parteilichkeit, Oberflächlichkeit,
falsche Marx- bzw. Marxismusrezeption, Seminarmarxismus, Theorietreiberei und
anderes mehr; er verliert schließlich jede spezifische analytische Bedeutung"
(BLANKE u.a., S. 12-13).
Begriffe, die wenig über den bezeichneten Sachverhalt aussagen aber dafür umso
mehr über die Einstellung des Sprechers zu diesem Sachverhalt, finden sich in
der politischen Argumentation häufig. Beispiele sind: "reaktionär", "freiheitlich", "extremistisch", "subversiv". Fast alle zentralen Begriffe der
Politischen Wissenschaft wie "liberal", "konservativ", "sozialistisch", "anarchistisch", "kommunistisch" usw. sind durch ihre Verwendung in der
politischen Auseinandersetzung vage und uneinheitlich geworden, d. h. sie können
nur dann zur Beantwortung von Fragen über die Beschaffenheit der politischen
Realität brauchbar sein, wenn jeweils ausdrücklich präzisiert wird, auf welche
Sachverhalte man diese Begriffe anwenden will.
Wenn jemand mit empirisch gehaltlosen aber affektiv aufgeladenen Worthülsen
politische Phänomene etikettiert, um - je nach politischem Standort - zustimmende
oder
ablehnende Reaktionen hervorzurufen, so besteht nicht die geringste Gewähr
dafür, dass diese Reaktionen einer normativen Begründung fähig sind - eher ist das
Gegenteil zu vermuten.
So können sich z. B. entschiedene Wertungen an bloßen Worthülsen festmachen, mit
denen ihre Benutzer keine klare Bedeutung verbinden. Das Wort "zionistisch"
kann z. B. für jemanden ein extrem negatives Wort sein, ohne
dass er aber damit eine auch nur halbwegs präzise Bedeutung verbindet. Aber
etwas Unbestimmtes, nur vage Bekanntes kann man vernünftiger Weise nicht
sinnvoll bewerten.
Das Problematische an der Etikettierung mit relativ ungenauen aber stark
wertgeladenen Begriffen wird dann deutlich, wenn an solche Etiketten reale
Sanktionen geknüpft werden. Was bedeutete es z. B. während der Stalinschen
Säuberungen, wenn jemand als "Rechtsabweichler" etikettiert wurde? Oder was
bedeutete es während der McCarthy-Ära in den USA, als "Kommunist" zu gelten?
Ähnliche Probleme - wenn auch unterschiedlichen Ausmaßes - stellen sich
praktisch in allen politischen Systemen.
Die wertgeladene Beschreibung eines Sachverhaltes muss unterschieden werden von
der expliziten Bewertung eines Sachverhaltes. Die
Beschreibung eines bestimmten politischen Systems als "faschistisch"
beinhaltet kein
negatives Werturteil, denn "faschistisch" hat für bestimmte Gruppen einen positiven Klang. Der Wertgehalt
liegt hier also eigentlich nicht in dem Bedeutungsgehalt des Wortes "faschistisch" sondern in
den wertgeladenen Assoziationen, die dieser Begriff auslöst.
Wertgeladene Beschreibungen appellieren an bereits vorhandene Werthaltungen, ohne dass damit diese
Werthaltungen selber in Frage gestellt werden. Insofern können wertgetönte
Beschreibungen und Klassifizierungen eine normative Diskussion
nicht ersetzen. Möglicherweise sind diese Werthaltungen nur "Vorurteile" und
gefühlsmäßige Assoziationen, die in keiner Weise begründbar sind.
Wo es nicht nur
um Rhetorik geht
sondern um allgemeingültige politische Wertungen, reicht die bloße Beschreibung politischer Sachverhalte in wert-
und affektgeladenen Begriffen nicht aus. Die
Werthaltungen, an die appelliert wird, müssen ausformuliert und in die Argumentation
einbezogen werden.
Die Beschreibung durch Bilder und Metaphern
Eine besondere Problematik taucht für die beschreibende Politikwissenschaft
dann auf, wenn die politischen Sachverhalte durch Bilder und Analogien, also in
einer Metaphernsprache dargestellt werden. Die Bilder können dabei den
verschiedensten Bereichen entnommen sein, von der Kriegführung bis zur Medizin.
Da wird ein Staat als "Satelliten-Staat" bezeichnet, eine Regierung als "Marionettenregime", ein Land als "Speerspitze des US-Imperialismus", eine
Partei als "5. Kolonne Moskaus", ein Staat als "Organismus", "'Wesen" oder gar "Person", es ist von der "Knebelung der Bevölkerung" die Rede, vom "Vormarsch
des Faschismus", von der "Krise" eines politischen Systems usw.
Das Problem bei der Verwendung einer solchen Bildersprache zur Beschreibung
politischer Sachverhalte besteht darin, dass gewöhnlich nicht präzisiert wird, welchen
Sachverhalt das Bild bezeichnen soll und wieweit die Analogie zwischen dem Bild
und dem damit charakterisierten Sachverhalt gehen soll. Natürlich ist kein Staat ein "Satellit"
eines andern Staates im Sinne der Astronomie. Welche Form der Abhängigkeit
zwischen den beiden Staaten behauptet man, wenn man die Metapher "Satelliten-Staat" anwendet? Was behauptet man, wenn man feststellt, dass sich
eine politisches System in der "Krise" befindet oder "krank" und "verfault" ist?
Eine politische Bildersprache mag einprägsame Formeln ergeben und die
Aufmerksamkeit ohne die Kenntnis einer komplizierten Begrifflichkeit auf
bestimmte Aspekte und Zusammenhänge richten, aber solange der empirische Gehalt
der verwendeten Bilder nicht präzisiert ist, eignen sich Metaphern nicht für die
wissenschaftliche Beschreibung politischer Sachverhalte. Insofern Bilder nur im
übertragenen Sinne Geltung beanspruchen, lässt sich über deren Wahrheit oder
Falschheit nicht sinnvoll streiten, höchstens über deren Angemessenheit. Nicht umsonst spricht man ja auch kritisch von einem "schiefen", "unglücklichen" Bild. Wie soll man sich etwa über
den folgenden Satz streiten: "Der Antikommunismus, von den Haupteinpeitschern
imperialistischer Aggression zur Staatsdoktrin erhoben, wurde zum schmutz- und
bluttriefenden Banner, unter dem sich die reaktionären Kräfte aller
Schattierungen sammeln." (Politisches Grundwissen, S. 273) "Antikommunismus" ist
offenbar etwas ganz Schlimmes, aber was hier wirklich vorgegangen ist, bleibt
weitgehend unklar und damit undiskutierbar.
2. Methodenprobleme der
erklärenden Politikwissenschaft
Die Grenzen beschreibender Aussagen
Fragen danach, wie sich bestimmte Missstände verändern lassen oder wie sich
bestimmte Ziele erreichen lassen, können allein mit deskriptiven Aussagen
nicht beantwortet werden. Auch bei Fragen in Bezug auf die Zukunft reicht die
Beschränkung auf deskriptive Aussagen nicht aus. Im Prinzip kann man zwar
Prophezeiungen in der Form deskriptiver Aussagen machen, z. B. "Die CDU/CSU wird
die nächste Bundestagswahl gewinnen", aber da zukünftige Sachverhalte noch nicht
real und deshalb auch noch nicht wahrnehmbar sind, bleibt die Gültigkeit einer
solchen Prophezeiung völlig ungewiss. Um begründete Voraussagen zu machen, muss
man über die bloße Beschreibung hinausgehen und z. B. empirische Regelmäßigkeiten
und Beständigkeiten aufdecken.
Die beschränkte Aussagekraft deskriptiver Aussagen wird daran deutlich, dass genau
genommen jede raum-zeitlich bestimmte Aussage zum Zeitpunkt ihrer Formulierung
bereits veraltet ist und vergangene Sachverhalte beschreibt. Ob der beschriebene
Sachverhalt gegenwärtig noch gilt, ist eine offene Frage. Allerdings gibt es
bestimmte soziale Sachverhalte, die sich entweder nur sehr langsam oder aber nur
in größeren Zeitabständen verändern. Deshalb können z. B. frühere Beschreibungen der
Bevölkerungsstruktur, der politischen und wirtschaftlichen Institutionen oder
der Parteienstruktur der Bundesrepublik Informationen über die gegenwärtigen
Verhältnisse liefern, obwohl die Beobachtungen, die diesen Beschreibungen
zugrunde liegen, sich auf einen vergangenen Zeitraum beziehen. Ohne diese
relative Konstanz bestimmter sozialer Phänomene wäre der Großteil der
empirischen Politikwissenschaft wohl nur für die Geschichtswissenschaft von Bedeutung.
Neben der zeitlichen Beschränkung haben deskriptive Aussagen auch eine räumliche
Beschränkung. Sie gelten nur für jeweils bestimmte Gegenstände. Wenn ich z. B.
das Verhalten der Wähler in einer bestimmten Gemeinde untersuche und
beschreibe, weiß ich damit erstmal noch nichts über das Verhalten der Wähler in
anderen Gemeinden. Wenn ich außerparlamentarische Einflüsse auf ein bestimmtes
Gesetz untersuche und beschreibe, weiß ich damit noch nichts darüber, wie dieser
Einfluss im Falle anderer Gesetze aussieht. Mit deskriptiven Aussagen allein ist
kein Schluss vom untersuchten Gegenstand auf andere gleichartige Gegenstände
möglich.
Die Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Generell lässt sich also feststellen: Immer dann, wenn wir Fragen in
Bezug auf Sachverhalte haben, über die keine Beobachtungen vorliegen, reichen deskriptive Aussagen nicht aus. Nur unter der Voraussetzung,
dass wir bestimmte Dauerhaftigkeiten und Regelmäßigkeiten in der Realität annehmen, ist es uns möglich, von
beobachteten Sachverhalten auf noch nicht beobachtete Sachverhalte zu schließen.
Wenn z. B. vorausgesetzt werden kann, dass die Existenz eines Sachverhalts x eine hinreichende
Bedingung für den Sachverhalt y ist, wenn also der Satz gilt: "Immer wenn x
gegeben ist, dann ist auch y gegeben", kann ich bei Vorliegen des Sachverhalts x
auf das Vorliegen des Sachverhalts y schließen. Unter der Voraussetzung einer
solchen Regelmäßigkeit in der Realität kann ich z. B. den Sachverhalt y
herbeiführen, indem ich den Sachverhalt x erzeuge.
Eine andere Form des
Zusammenhangs in der Realität besteht, wenn x eine notwendige Bedingung
für das Auftreten von y ist und der Satz gilt: "Nur wenn x gegeben ist,
ist auch y gegeben". Falls y ein unerwünschter Sachverhalt ist, könnte man y
dadurch beseitigen, dass man x beseitigt. Ein trivialer Fall einer notwendigen
Bedingung wäre etwa "Nur wenn ein Individuum über die Durchführung einer Wahl
informiert ist, wird es sich an der Wahl beteiligen". Durch entsprechende
Information bzw. Nicht-Information kann man also unter Voraussetzung dieser
Regelmäßigkeit einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung nehmen.
Aufgrund der außerordentlichen Leistungsfähigkeit von Aussagen, die einen
regelmäßigen Zusammenhang zwischen verschiedenen Phänomenen behaupten, ist es
verständlich, dass die Suche nach derartigen empirischen Regelmäßigkeiten in der
Wissenschaft einen wichtigen Platz einnimmt. Es gibt sogar
Wissenschaftstheoretiker, die Wissenschaft gleichsetzen mit der Entdeckung
solcher Regelmäßigkeiten und deren Formulierung in entsprechenden Theorien. Maßstab
ist hierbei meist die Physik, die als die am weitesten entwickelte positive
Wissenschaft gilt. Die Physik hat eine Fülle von Theorien über regelmäßige
Zusammenhänge in der Realität geliefert und damit die Grundlage für
deren technische Anwendung geliefert.
Auch in der positiven Politikwissenschaft gibt es Versuche zur Formulierung
empirischer Regelmäßigkeiten und zur Aufstellung allgemeiner Theorien, die in
ihrem Anwendungsbereich nicht auf bestimmte einzelne Gegenstände beschränkt
sind, sondern auf ganze Klassen von Gegenständen anwendbar sind, z. B.
auf alle kapitalistischen Wirtschaftssysteme, auf alle parlamentarischen
Regierungssysteme, auf alle Industriegesellschaften, auf alle bürokratischen
Organisationen, auf alle politischen Parteien, auf alle Wähler, auf alle
Industriearbeiter.
Bevor die Probleme einer Aufstellung und Überprüfung derartiger Theorien näher
behandelt werden, sei jedoch darauf hingewiesen, dass gerade auf dem Gebiet der
Theoriebildung viele Fragen methodologisch ungeklärt und zum Teil heftig umstritten sind.
Über Fragen sozialer und historischer "Gesetzmäßigkeiten" und über den
Kausalitätsbegriff gibt es unter den Methodologen und Philosophen die
verschiedensten Positionen. Was ich hier vortrage, kann deshalb nur ein vorläufiges Zwischenergebnis mit vielen offenen Problemen sein.
Geht man einmal die politologische Literatur daraufhin durch, welche
empirischen Regelmäßigkeiten darin behauptet werden, so fällt auf, dass
Behauptungen über strikte Regelmäßigkeiten etwa von der oben genannten Art: "Immer wenn A, dann B" oder "Nur wenn A, dann B" außerordentlich selten sind.
Stattdessen finden sich Formulierungen, die zwar einen Zusammenhang zwischen
bestimmten Sachverhalten behaupten, dabei jedoch Art und Eindeutigkeit dieses
Zusammenhangs mehr oder weniger offen lassen. Ein Beispiel für eine derartige
unbestimmte Regelmäßigkeit ist etwa die bekannte These der materialistischen
Geschichtsauffassung, dass das gesellschaftliche Sein der Menschen ihr
Bewusstsein bestimmt und nicht umgekehrt.
Der Zusammenhang, der in dieser These behauptet wird, ist offensichtlich ganz
allgemeiner Art, denn es wird nicht gesagt, welche Veränderungen im
gesellschaftlichen Sein zu welchen Veränderungen im Bewusstsein führen bzw.
welchem gesellschaftlichen Sein welches Bewusstsein entspricht. Es wird nur ganz
allgemein behauptet, dass Veränderungen im gesellschaftlichen Sein zu
Veränderungen im Bewusstsein führen und dass umgekehrt Veränderungen im
Bewusstsein der Menschen nicht zu Veränderungen in ihrem gesellschaftlichen Sein
führen. Wenn ich also ein bestimmtes Bewusstsein, z. B.
religiöse Vorstellungen, verändern will, so kann mir die obige These nicht
sagen, welche Aspekte des gesellschaftlichen Seins der betreffenden Individuen
ich in welcher Weise ändern muss.
Solche Aussagen, die sich auf die Feststellung beschränken, dass bestimmte Zusammenhänge
bestehen und die Faktoren bzw. die Faktorenbereiche nur nennen, ohne zu
präzisieren, welcher Art dieser Einfluss genau ist, kann man als "Orientierungshypothesen" bezeichnen, weil sie eher eine Orientierung für die
weitere Forschung geben, als dass sie selber schon brauchbare Antworten
lieferten. (S. dazu OPP, Methodologie, S. 206ff.)
Orientierungshypothesen dieser Art finden sich häufig in der
Politikwissenschaft. Beispiele hierfür sind etwa folgende Aussagen:
"Die politische Einstellung eines Menschen wird vor allem bestimmt durch die
familiäre Sozialisation und durch die Einstellungen, die in der betreffenden
Bezugsgruppe vorherrschen",
"Das Aufkommen neuer Parteien hängt ab von der Veränderung der
gesellschaftlichen Probleme und von der Anpassungsfähigkeit der existierenden
Parteien an diese veränderte Lage",
"Die Ursachen für das schlechte Abschneiden der Partei x bei der letzten Wahl
sind in den verstärkten Flügelkämpfen innerhalb der Partei und in der geringen
Einsatzbereitschaft der Parteibasis im Wahlkampf zu suchen".
Auch bei vielen Erklärungsversuchen, die sich in der
politikwissenschaftlichen Literatur finden, wird die Regelmäßigkeit, auf die
sich die Erklärung stützt, nicht näher präzisiert. So heißt es etwa:
"Im Deutschen Reich der Bismarckzeit konnte es nicht zur Durchsetzung einer
dem Parlament verantwortlichen Regierung kommen wie etwa in Großbritannien, weil
die deutschen Parteien zersplittert waren und keine stabilen Mehrheiten
existierten",
"Die Ursachen für das Fehlen einer radikalen sozialistischen Bewegung in
Großbritannien trotz großer ökonomischer Schwierigkeiten liegt in der
traditionellen Einbindung der englischen Arbeiterbewegung in das politische
System der repräsentativen Demokratie",
In beiden Fällen werden zwar bestimmte Sachverhalte miteinander verknüpft,
aber die Regelmäßigkeit, auf die man sich bei dieser Verknüpfung beruft, wird selber nicht
ausformuliert.
Das deduktive Erklärungsmodell
Eine mögliche Struktur solcher Verknüpfungen bildet das nach seinen
Begründern benannte "HEMPEL-OPPENHEIMSCHE Erklärungsschema", das auch als "Deduktives Erklärungsmodell" oder als "Subsumptionsmodell der Erklärung"
bezeichnet wird. (Zum Folgenden siehe OPP, Methodologie, S. 29ff.)
Die Bezeichnung "deduktives Erklärungsmodell" bezieht sich darauf, dass
die Existenz des zu erklärenden Sachverhalts y logisch aus zwei Prämissen
deduziert wird: einer Prämisse über die Existenz eines Sachverhalts x, die so
genannte "Anfangsbedingung", und einer Gesetzesaussage von der Form "Wenn x,
dann y". Auf das zuletzt genannte Beispiel angewandt, könnte eine solche
Erklärung als Deduktion aus Anfangsbedingung und Gesetzesaussage etwa
folgendermaßen lauten:
1.)
Zu erklärender Sachverhalt (Explanandum): "Die englische Arbeiterschaft akzeptiert das ökonomische System".
Diese Aussage lässt sich logisch deduzieren aus zwei anderen Aussagen:
2.) der Anfangsbedingung (oder Randbedingung): "In England wird das politische System durch die Arbeiterschaft bejaht" und
3.) der Gesetzesaussage: "Immer wenn eine Bevölkerungsgruppe das politische System einer Gesellschaft
bejaht, dann wird von ihr auch das ökonomische System akzeptiert."
Eine solche explizite Formulierung der Gesetzmäßigkeit oder Regelmäßigkeit, auf
die sich eine Erklärung stützt, erleichtert eine Kritik der vorgebrachten
Erklärung. Die bloße Nennung einer Ursache für einen Sachverhalt dagegen klingt
zwar häufig plausibel, aber dies liegt manchmal nur daran, dass man sich die
implizit gemachten Gesetzesannahmen und deren Problematik nicht bewusst
vergegenwärtigt.
So mag es plausibel sein, dass als Folge einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf
Autobahnen die Zahl der tödlichen Unfälle zurückgeht, aber richtig kritisierbar
wird diese Behauptung erst, wenn die Gesetzmäßigkeiten formuliert werden, die
implizit herangezogen werden, um die beiden Sachverhalte miteinander zu
verknüpfen.
Wissenschaftliche Voraussagen: Prognosen
Die logische Struktur einer Prognose
entspricht der logischen Struktur der Erklärung, nur dass jetzt aus einer Anfangsbedingung und
einer Gesetzesaussage der zu prognostizierende Sachverhalt deduktiv gefolgert
wird.
Ein Beispiel für eine solche deduktiv strukturierte Prognose sähe etwa
folgendermaßen aus:
1.)
Anfangsbedingung: "Es wird eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen eingeführt."
2.)
Gesetzesaussage: "Immer wenn auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt wird,
dann sinkt die Zahl der tödlichen Unfälle."
3.)
Deduktiv gefolgerte Prognose: "Die Zahl der tödlichen Unfälle sinkt."
Die Gesetzesaussagen, die für eine Erklärung oder Prognose von Sachverhalten
herangezogen werden, müssen übrigens nicht immer von der Form "Wenn x, dann y"
sein.
Abgesehen davon, dass die Anfangsbedingung meist einen ganzen Komplex von
Sachverhalten umfasst (" Wenn p, q, r, s und t, dann y" ), können empirische
Regelmäßigkeiten auch die Form von "Je-desto-Sätzen" haben. Beispiele hierfür
aus dem ökonomischen Bereich wären etwa: "Je höher das Einkommen einer Person ist, desto höher ist seine Sparrate"
oder: "Je höher das Einkommen einer Person ist, desto niedriger ist der Anteil, der
für Nahrungsmittel ausgegeben wird."
Eine andere Form von Gesetzesaussagen sind Sätze von der Art "Alle x haben
die Eigenschaft y" z. B. die Behauptung "Alle Großorganisationen bilden eine
oligarchische innere Machtstruktur aus."
Die bisher genannten Gesetzesaussagen hatten immer eine deterministische
Struktur, d. h. sie behaupteten eine ausnahmslose Regelmäßigkeit im Auftreten
verschiedener Sachverhalte. Solche deterministischen Beziehungen sind jedoch in
den Sozialwissenschaften bisher nicht entdeckt worden. Stattdessen finden sich
Regelmäßigkeiten folgender Art:
"Frauen wählen häufiger konservative Parteien als Männer" oder
"Studenten der Sozialwissenschaften sind häufiger politisch links eingestellt
als Studenten der Naturwissenschaften" oder
"Industriearbeiter sind häufiger gewerkschaftlich organisiert als
Beschäftigte im Handel" oder
"In der Regel treten in parlamentarischen Systemen Regierungen zurück, wenn
sie im Parlament in die Minderheit geraten" etc.
Solche statistischen Regelmäßigkeiten sind "Regelmäßigkeiten mit Ausnahmen".
Sie enthalten natürlich nicht so viel Informationen wie deterministische
Aussagen, die ein Ereignis mit 100%iger Wahrscheinlichkeit festlegen. Trotzdem
können sie mein Nicht-Wissen in der Weise verkleinern, dass sie mir sagen, was
ich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwarten habe.
Aus der Anfangsbedingung "Herr A ist ein ausländischer Arbeitnehmer" und der
statistischen Regelmäßigkeit, dass 95% der ausländischen Arbeitnehmer weniger
als 1.000 € im Monat verdienen, kann ich zwar nicht mit 100%iger Gewissheit
aber doch mit 95%iger Wahrscheinlichkeit folgern, dass auch Herr A weniger als
1.000 € im Monat verdient.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass ich zur Beantwortung von
Fragen nach Ursachen und Folgen auf Aussagen über empirische Regelmäßigkeiten
zurückgreifen muss. Ideal zur Beantwortung dieser Fragen wären dabei
raum-zeitlich völlig unbegrenzte Regelmäßigkeiten, die also für "Klassen" von
Gegenständen gelten. Dies sind die Gesetzesaussagen im strengeren Sinne, wie sie
in der Physik üblich sind. Weiterhin wären natürlich deterministische
Regelmäßigkeiten für die Beantwortung von Fragen am leistungsfähigsten, weil sie
Ereignisse mit 100%iger Gewissheit festlegen.
Wenn diese Ziele
nicht erreichbar sind - weil z. B. bestimmte Regelmäßigkeiten nur für die
Bundesrepublik der 50er Jahre gelten und weil nur statistische Regelmäßigkeiten
bekannt sind - ermöglichen jedoch auch solche statistischen und womöglich
raum-zeitlich begrenzten Regelmäßigkeiten eine gewisse Beantwortung der
gestellten Fragen.
Experimentelle Verfahren zur Aufdeckung empirischer Regelmäßigkeiten
Sachverhalte können erklärt oder
prognostiziert werden unter der Annahme empirischer Regelmäßigkeiten, seien sie
nun deterministischer oder statistischer Art. Die Frage ist, wie
man solche Behauptungen über empirische Regelmäßigkeiten überprüfen kann. Wie
kann man z. B. die Annahme überprüfen, dass durch Gesamtschulen größere
Chancengleichheit hergestellt wird und die Bevorzugung von Schüler aus den
besser gestellten sozialen Schichten beim Erreichen des Abiturs abgebaut wird?
Die Hypothese über die erwartete Regelmäßigkeit würde lauten: "Bei Gesamtschulen
ist der Anteil der Abiturienten aus Arbeiterfamilien höher als im dreigliedrigen
Schulsystem." Wenn man also das Ziel hat, den Anteil der Arbeiterkinder an den
Abiturienten zu erhöhen, so könnte man
dies erreichen, indem man das dreigliedrige Schulsystem durch Gesamtschulen
ersetzt - vorausgesetzt die Hypothese stimmt.
Eine Möglichkeit zur Überprüfung solcher hypothetischer
Regelmäßigkeiten ist das Experiment, dessen methodische Grundlagen im Folgenden
skizziert werden sollen.
Im Experiment macht man einen realen Versuch, um die behauptete
Regelmäßigkeit zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Beschäftigung mit der
Methodik
des Experiments erscheint sinnvoll, obwohl in der Politikwissenschaft die
Möglichkeit zur Durchführung echter Experimente relativ beschränkt ist. Trotzdem
beziehen sich viele Diskussionen über Ursachen oder Folgen bestimmter
Sachverhalte unausgesprochen auf die Methodik des Experiments bzw. sind von dorther
kritisierbar.
Einen ersten Versuch zur Bestätigung der oben genannten Regelmäßigkeit könnte
man dadurch machen, dass man eine Gesamtschule und ein traditionelles Gymnasium
herausgreift und dort den Anteil der Arbeiterkinder an den Abiturienten eines
Jahrgangs untersucht. Selbst wenn man feststellen würde, dass der Anteil der
Arbeiterkinder bei der Gesamtschule größer ist, lässt dies noch keineswegs des
Schluss zu, dass damit die allgemeine Regelmäßigkeit bestätigt ist.
Wenn man davon ausgeht,
dass der Anteil an Arbeiterkindern unter den Abiturienten nicht nur vom Schultyp
abhängt sondern von einer Reihe weiterer Faktoren wie z. B. den Eigenschaften des
Lehrpersonals, den Einstellungen der Eltern und vor allem dem Anteil der
Arbeiterkinder an den Schulanfängern, so könnten diese Faktoren und nicht der
Schultyp für den höheren Anteil ursächlich sein. Es wäre etwa denkbar, dass im
Falle einer Wahlmöglichkeit der Eltern in Bezug auf die Schulform die zur
Bildung positiv eingestellten Arbeitereltern für ihre Kinder die Gesamtschule
gewählt haben, und dass die größere elterliche Unterstützung bewirkt hat, dass
diese Kinder vergleichsweise häufiger das Abitur geschafft haben als die
Arbeiterkinder aus durchschnittlichen Elternhäusern, die das dreigliedrige
Schulsystem durchlaufen haben.
Durch die experimentelle Anordnung wird der Versuch gemacht, die Auswirkung
des untersuchten Faktors zu isolieren und die übrigen möglicherweise relevanten
Faktoren zu kontrollieren. In den Sozialwissenschaften, für die komplexe
multifaktorielle Zusammenhänge typisch sind, ist es nun außerordentlich
schwierig, nur den experimentellen Faktor zu variieren und die übrigen ebenfalls
wirksamen Faktoren gleich bzw. konstant zu halten. Wollte man das Problem z. B.
dadurch lösen, dass man in einer bestimmten Gemeinde den Anteil der
Arbeiterkinder an den Abiturienten vor und nach der Einführung eines
Gesamtschulversuches untersucht, so können sich in der Zwischenzeit relevante
Faktoren geändert haben, wie z. B. das allgemeine Bildungsklima (Aktion "Bildungswerbung" in den 60er Jahren) oder die Zusammensetzung der Bevölkerung
(Zuzug ausländischer Arbeiter).
Die Theorie der Zufallsstichprobe
Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet das stochastische Experiment,
das auf bestimmten wahrscheinlichkeitstheoretischen Annahmen basiert
(stochastischer Prozess = Zufallsprozess). (Zum Folgenden s. MAYNTZ u.a.,
S. 170 ff.) Die Anwendung des stochastischen Modells ist nur dann möglich, wenn
eine größere Zahl von Fällen zur Untersuchung steht, die nach dem Zufallsprinzip
für das Experiment ausgesucht werden können.
Wenn ich aus einer Grundgesamtheit (z. B. allen Kindern eines Jahrgangs in der
Bundesrepublik) eine Zufallsauswahl treffe, bei der jedes dieser Kinder die gleiche
Wahrscheinlichkeit besitzt, ausgewählt zu werden, so ergibt sich eine "repräsentative
Stichprobe", die in ihren Merkmalen mit bestimmter Wahrscheinlichkeit der
Grundgesamtheit (alle Kinder des Jahrgangs) gleicht. (Ein Beispiel für eine
Zufallsauswahl ist das Urnenmodell bei der Auslosung der Lottozahlen, wo jede
Zahl von 1 bis 49 die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzt, gezogen zu werden.)
Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses wird gewöhnlich in Prozentzahlen
zwischen 0% und 100% angegeben.
Bei einer Wahrscheinlichkeit von 0% ist sicher, dass das Ereignis nicht
auftritt. Wenn sich z. B. in der Urne für die Lottozahlen keine Kugel mit der
Zahl 50 befindet, so beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine 50 gewählt
wird, 0%.
Bei einer Wahrscheinlichkeit von 100% ist sicher, dass das Ereignis eintritt. So
beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Kugel mit der Zahl 7 gewählt
wird, 100%, wenn alle Kugeln in der Urne eine 7 tragen.
Wenn ich z. B. zwei genügend große Zufallsstichproben aus der Grundgesamtheit "Kinder eines
bestimmten Jahrgangs" ziehe, kann ich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit
davon ausgehen, dass sich die beiden Stichproben auch in Bezug auf den Anteil bildungsbejahender Arbeitereltern oder in Bezug auf die Begabungsverteilung
ungefähr gleichen.
Die Grundannahmen der Stichprobentheorie können dabei an folgendem Beispiel demonstriert werden:
Angenommen man hat eine Urne mit einer Grundgesamtheit von 1000 Kugeln darin.
Davon sind 200 Kugeln, also 20%, weiß.
Man kann nun mit Hilfe der Kombinatorik alle theoretisch möglichen
unterschiedlichen Stichproben mit einem Umfang von
50 Kugeln ermitteln.
Wenn man nun die theoretisch möglichen Stichproben nach ihrem Anteil weißer
Kugeln ordnet, so wird man feststellen, dass bei den meisten der möglichen
Stichproben der Prozentsatz der weißen Kugeln relativ nahe bei dem Wert der
Grundgesamtheit, also bei 20% liegt.
Natürlich sind auch Stichproben möglich, in denen nur weiße oder überhaupt
keine weißen Kugeln vorkommen, aber solche Stichproben sind relativ selten. Mit
Hilfe von Formeln kann man die Wahrscheinlichkeit dafür errechnen, dass der
Anteil weißer Kugeln in der Stichprobe um nicht mehr als einen bestimmten Wert -
z. B. plus oder minus 2% - vom Anteil weißer Kugeln in der Grundgesamtheit abweicht.
Umgekehrt lässt sich aufgrund der Häufigkeit, mit der sich weiße Kugeln in einer
Zufallsstichprobe finden, auch der Anteil weißer Kugeln in der Urne, der
Grundgesamtheit abschätzen. Man kann
dazu Aussagen machen wie: "Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% kann man
annehmen, dass der Prozentsatz weißer Kugeln in der Grundgesamtheit um höchstens
2% von dem ermittelten Prozentsatz der Stichprobe abweicht."
Die Stichprobentheorie ermöglicht nun auch die Antwort auf die Frage, ob sich
zwei Grundgesamtheiten (z. B. zwei Urnen mit Kugeln) in Bezug auf ein bestimmtes
Merkmal (z. B. die prozentuale Häufigkeit weißer Kugeln) unterscheiden.
Dazu
zieht man aus Urne I und aus Urne II jeweils eine genügend große Zufallsstichprobe von je 50 Kugeln
und ermittelt für beide Stichproben die Häufigkeit der weißen Kugeln.
Angenommen, von den 50 Kugeln der Stichprobe aus Urne I sind 25 Kugeln weiß,
und von den 50 Kugeln der Stichprobe aus Urne II sind 15 Kugeln weiß.
Nun stellt man die
Frage, wie groß die
Wahrscheinlichkeit dafür ist, bei zwei Zufallsstichproben aus ein und derselben
Urne
eine ebenso große oder größere Differenz der Häufigkeiten als die ermittelten 10
vorzufinden. Wenn diese Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, z. B. kleiner als 5%,
so ist die Annahme sehr unwahrscheinlich, dass in beiden Urnen der Anteil weißer
Kugeln gleich groß ist. Die Differenz der Prozentsätze weißer Kugeln in den
Stichproben ist dann "signifikant" und lässt bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit
von 5% den Schluss zu, dass die Häufigkeit weißer Kugeln in Urne I größer ist
als in Urne II.
Nach diesem Exkurs in die Theorie der Zufallsstichprobe sollen die
Überlegungen zur Logik des Experiments fortgeführt werden. Wie müsste man
vorgehen, um experimentell die Hypothese zu überprüfen, dass Gesamtschulen zu
einem höheren Anteil von Arbeiterkindern an den Abiturienten führen? Denkbar
wäre folgende - praktisch allerdings kaum zu realisierende - Versuchsanordnung.
Man teilt Deutschland in 500 Gebiete
ein und zieht aus dieser Grundgesamtheit zwei Zufallsstichproben von je 30 Gebieten.
Die eine Stichprobe bildet die experimentelle Gruppe, die andere Stichprobe
bildet die Kontrollgruppe. Durch Untersuchungen
könnte man vorweg kontrollieren, ob sich experimentelle und Kontrollgruppe in
den relevanten Merkmalen tatsächlich gleichen, was ja durch die Zufallsauswahl
erreicht werden sollte. So könnte man könnte z. B. prüfen, ob der Anteil der
Geschlechter, der Anteil der Arbeiterkinder, der Anteil der Ausländerkinder oder die
Religionszugehörigkeit in beiden Zufallsstichproben annähernd gleich ist.
In den 30 Gebieten der experimentellen Gruppe richtet man nun Gesamtschulen ein,
während in den andern 30 Gebieten das dreigliedrige Schulsystem beibehalten
wird.
Nach einer gewissen Anlaufphase kann man dann feststellen, ob der Anteil der Arbeiterkinder an den Abiturienten in der
experimentellen Gruppe mit Gesamtschulen tatsächlich signifikant höher ist als
in der Kontrollgruppe mit dem dreigliedrigen Schulsystem.
Dabei ist noch auf ein Problem dieser experimentellen Anordnung hinzuweisen.
Eigentlich hätte man eine Zufallsauswahl aus den Kindern und aus dem
Lehrpersonal ziehen müssen, um durch "Randomisierung" (von englisch at random
= zufällig) die Stichproben in den
persönlichen Merkmalen anzugleichen. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass man
diese Schüler und Lehrer dann in entsprechenden Schultypen zusammenfasst. Ein
solches Experiment wäre jedoch aus rechtlichen Gründen undurchführbar und
moralisch auch nicht vertretbar. Insofern ist die Zufallsauswahl aus den
Schuleinzugsgebieten nur eine Hilfskonstruktion. Auf derartige "Flächenstichproben" sind die Signifikanztests nur mit einer gewissen Vorsicht
anwendbar.
Quasi-experimentelle Anordnungen
Wie bereits angeführt, fehlt in den Sozialwissenschaften häufig die
Möglichkeit zur Durchführung eines Experiments, bei dem der Forscher selber die
Versuchsanordnung bestimmen kann. Es besteht allerdings unter Umständen die
Möglichkeit zu so genannten "Feldexperimenten" oder "natürlichen Experimenten",
wenn z. B. durch politische Maßnahmen bestimmte Veränderungen eingeführt werden.
Deren Auswirkungen kann der Forscher dann dadurch zu erfassen suchen, dass er
die abhängigen Variablen vor und nach Einführung dieser Maßnahme misst und
vergleicht.
So könnte man die Auswirkungen, die die Todesstrafe auf die Zahl der
Kapitalverbrechen hat, durch Zählungen vor und nach der Gesetzesänderung
erfassen. Allerdings fehlt in diesem Fall eine vergleichbare Kontrollgruppe, die
im echten Experiment unverzichtbar ist. Denn vielleicht wäre die Zahl der Morde
aufgrund anderer Faktoren auch ohne Einführung der Todesstrafe gesunken.
Methodologisch besonders problematisch sind die sogenannten "Ex-post-Erklärungen".
Dabei stellt man ein bestimmtes soziales
Phänomen fesst, etwa die Zunahme der Jugendkriminalität, und sucht im Nachhinein
nach den ursächlichen Faktoren für dies Phänomen. Man meint sie dann zu finden in vorangegangenen
Änderungen, z. B. dem Wandel in den Erziehungsmethoden.
Damit derartige Ex-Post-Erklärungen jedoch überhaupt brauchbar werden, müsste
man zwei Gruppen vergleichen, in denen der ursächliche
Faktor (die Erziehungsmethoden) unterschiedlich ausgeprägt ist, d. h. es muss untersucht werden, ob der Anstieg der
Jugendkriminalität auch in Gesellschaften oder Subkulturen zu verzeichnen ist,
in denen die Erziehungsmethoden sich nicht in dieser Weise geändert haben.
Aber selbst dann ist die Logik des Experiments insofern verletzt, als die
Vergleichbarkeit der Gruppen in Bezug auf andere Einflussfaktoren in Bezug auf
die Rate der Jugendkriminalität keineswegs
gesichert ist. Andere Faktoren wie Familiengröße, Rate der Erwerbstätigen,
Schulsystem, Einkommensniveau etc. könnten ebenfalls zu der unterschiedlichen Rate
der Jugendkriminalität in den beiden Gruppen beigetragen haben.
Allerdings
kann man dadurch eine gewisse Annäherung an ein echtes Experiment vornehmen, dass man
andere möglicherweise wirksame Faktoren konstant hält, indem man z. B. die
Gruppen nach dem Einkommensniveau einteilt und dann nur die Gruppen der
Jugendlichen mit höherem Einkommen der Eltern in beiden Gruppen von jugendlichen
Straftätern vergleicht.
Die Erfolge, die bisher mit empirisch-statistischen Verfahren der
Theoriebildung in den Sozialwissenschaften erzielt wurden, sind begrenzt.
Versuche werden in jüngerer Zeit vor allem in Richtung auf die Analyse konkreter
sozialer Phänomenkomplexe unternommen, die als "Systeme" analysiert werden,
deren Verhalten und Entwicklung man bei Annahme bestimmter
empirisch-statistischer Zusammenhänge "simulieren" und zumindest für einen
gewissen Zeitraum prognostizieren kann. Richtung und Stärke der Zusammenhänge
zwischen den verschiedenen Variablen eines solchen "Systems" werden aufgrund
theoretischer Annahmen und/oder bisheriger Ergebnisse geschätzt.
Bekanntere Beispiele für derartige Systemanalysen sind etwa die Studie zu den "Grenzen des Wachstums" durch FORRESTER u. a. (vom "Club of Rome" ) oder die
ökonometrischen Modelle zur Wirtschaft der Bundesrepublik (z. B. von KRELLE).
Auch Probleme der Verkehrsentwicklung, der regionalen Wirtschaftsentwicklung,
des Bildungssystems, der Bevölkerungsentwicklung etc. werden anhand derartiger
Systemmodelle analysiert. (Zur Einführung in Modellierung und. Systemanalyse
vgl. E. GEHMACHER: Methoden der Prognostik. Freiburg Rombach 1971.)
Der Zweck derartiger Systemmodelle besteht dabei allein darin, den
betreffenden Planern und Politikern eine Informationsgrundlage für ihre
Entscheidungen zu liefern. Eine zeitliche oder räumliche Übertragbarkeit ist
meist nicht möglich und auch nicht beabsichtigt. (Zur Frage des theoretischen
Status ökonometrischer Modelle vgl. etwa die wirtschaftswissenschaftliche
Diskussion in R. MOLITOR (Hrsg.): Wirtschaftswissenschaft.
Modelle rationalen Verhaltens
Neben diesen Versuchen, auf
empirisch-statistischem Wege zu theoretischen Modellen der sozialen Realität zu
gelangen, hat es in den Sozialwissenschaften seit langem auch den Versuch
gegeben, auf logisch-deduktivem Wege zu theoretischen Modellen zu gelangen. Von
besonderer Bedeutung sind dabei jene Modelle, die mit der Annahme eines rationalen Handelns der beteiligten Akteure arbeiten.
Es wird also vorausgesetzt, dass alle
Individuen rational die Vor- und Nachteile ihrer verschiedenen
Handlungsalternativen abwägen und sich dann so entscheiden, dass der eigene
Vorteile bzw. der eigene Nutzen maximiert wird. Auf der Annahme rational ihre Ziele verfolgender Individuen
werden dann Theorien über wirtschaftliche, politische oder bürokratische
Prozesse entwickelt.
Der traditionelle Bereich für derartige Modelle des Rationalverhaltens war
bisher die Wirtschaftswissenschaft, aus der auch der Begriff des "homo
oeconomicus" stammt, doch gibt es inzwischen auch Theorien des Parlamentarismus,
der Verbände oder der internationalen Politik, die als Modelle des
Rationalverhaltens konstruiert sind.
Ein demokratietheoretisches Beispiel soll diesen Theorietyp etwas
veranschaulichen.
Angenommen, es gibt 5 Wähler A, B, C, D und E, die zur Höhe des
Spitzensteuersatzes für Einkommen unterschiedliche Ansichten haben. A möchte
Einkommen gar nicht besteuern, also 0 %, B wünscht einen Spitzensteuersatz von
15%, C von 20%, D möchte bis 35% gehen und E bis 50%.
Man kann diese Interessenstruktur an einem räumlichen Modell
veranschaulichen. Dazu wird auf einer Achse der von
jedem Individuum bevorzugte prozentuale Spitzensteuersatz eingezeichnet,
symbolisiert durch den entsprechenden
kleinen Buchstaben. Der von Individuum C bevorzugte
Spitzensteuersatz wird also mit c bezeichnet und wird auf der Achse bei 20%
eingetragen.
0 10
20 30
40 50 (Spitzensteuersatz in %)
._____.______.______.______.______.____>
| |
|
|
|
a b c d
e (individuelle Optima)
Die Interessenstruktur der Individuen sei nun so beschaffen, dass ihnen
ein Spitzensteuersatz umso lieber ist, je weniger Prozentpunkte er von ihrem
Optimum entfernt ist. Man kann nun die Frage stellen, welcher Punkt auf der Skala gewählt
wird, wenn jedes Individuum rational die Befriedigung seiner Interessen verfolgt
und wenn als Entscheidungsregel gilt, dass derjenige Punkt als kollektiv gewählt
gilt, der bei einer Abstimmung die relativ meisten Stimmen erhält. Um
ein Patt auszuschließen, sei weiterhin angenommen, dass im Falle von
Stimmengleichheit der bisherige Spitzensteuersatz von 25% (Status quo)
beibehalten wird.
Wie durch einfache Überlegung klar wird, ergibt sich als Resultat der
Abstimmung unter den
angenommenen Voraussetzungen die Alternative c, also das Optimum des "mittleren" Individuums C, das bei
20% liegt. Denn für jeden andern Prozentsatz x als Abstimmungsergebnis würde gelten, dass mindestens 3
der 5 Individuen einen Satz von 20% gegenüber x vorziehen würden und dass sie dies Resultat
durch entsprechendes Abstimmungsverhalten auch durchsetzen könnten, da sie die
Mehrheit haben.
Würde sich also bei der Abstimmung ein anderer Spitzensteuersatz als c = 20% ergeben, so hätten
einige der Beteiligten sich nicht rational verhalten im Sinne einer
größtmöglichen Befriedigung
ihrer Interessen, was unvereinbar mit den oben gemachten Voraussetzungen wäre.
Das Modell kann also erklären, warum sich unter bestimmten Bedingungen bei
Mehrheitsabstimmungen ein stabiles Abstimmungsergebnis einstellt und dass dies
Abstimmungsergebnis dem Optimum des mittleren oder genauer des "medianen"
Individuums entspricht. (S. dazu z. B. A. Downs, Ökonomische Theorie der
Demokratie. Tübingen: Mohr 1950).
Ein anderes Beispiel ist die Theorie der Verbände von Mancur Olson, die er in
seinem Buch "Die Logik kollektiven Handelns" entwickelt hat. Olson will eine
Theorie der Wirtschaftsverbände in kapitalistisch-parlamentarischen
Gesellschaften aufstellen. Dabei nimmt er an, dass sich Individuen in dem oben
beschriebenen Sinne rational bei der Verfolgung ihrer Ziele verhalten und dass
diese Ziele vorwiegend eigennütziger Art sind. Man könnte nun annehmen, dass
Verbände bzw. Interessengruppen sich überall dort bilden, wo Individuen
gemeinsame Interessen bzw. Ziele haben.
Nun gibt es bestimmte Arten von Gütern, die dadurch gekennzeichnet sind, dass
von ihrer Nutzung praktisch kein Mitglied eines bestimmten Kollektivs
ausgeschlossen werden kann, die so genannten "kollektiven Güter". Beispiele
hierfür sind etwa staatliche Zölle, Steuern oder Subventionen, die jeweils für
ganze Branchen gelten oder Tarifabschlüsse, die für alle Arbeitnehmer einer
Branche gelten. Wenn nun außerdem gilt, dass für die Erreichung dieser
kollektiven Güter vereinte Anstrengungen unternommen werden müssen, deren "Kosten" an Zeit, Geld etc. individuell anfallen, so kann man den Schluss
ziehen, dass sich zur Erreichung derartiger kollektiver Güter keine Verbände
bilden werden, insbesondere wenn das Kollektiv sehr groß ist. Rationale
Individuen werden sich stattdessen als "Trittbrettfahrer" verhalten. Sie werden
selber keine Kosten auf sich nehmen und von den Anstrengungen der andern
profitieren. Eine solche Theorie würde erklären, warum bestimmte Interessen -
z. B. Konsumenteninteressen - gewöhnlich schwach organisiert sind und warum
bestimmte Verbände ihren Organisationsgrad dadurch zu steigern versuchen, dass
sie für ihre Mitglieder exklusive Vorteile bereitstellen (z. B. die Streikkasse
bei den Gewerkschaften).
Die Frage ist nun, was unter methodologischen Gesichtspunkten von derartigen
theoretischen Modellen zu halten ist. Die Kontroversen über diese Art von
Theoriebildung wurden dabei vorwiegend in den Wirtschaftswissenschaften geführt,
jedoch lassen sich die Argumente leicht auf den politikwissenschaftlichen
Bereich übertragen.
Ein Problem bei der Kritik derartiger Modelle besteht darin, dass oft nicht
genügend klar ist, welchen erkenntnistheoretischen Status diese Modelle haben.
Die Modelle selber bestehen ja nur aus bestimmten Prämissen, die bewusst
vorausgesetzt werden, sowie logischen Deduktionen aus diesen Prämissen. Es
handelt sich also erstmal bei ihnen nur um Aussagen über gedanklich konstruierte
Welten und nicht um Aussagen über die Wirklichkeit. Das Kriterium für solche
konstruierten Welten wäre allein die logische Stimmigkeit, das heißt die
Schlüssigkeit der gemachten Deduktionen. Von manchen Kritikern werden deshalb solche Modelltheorien auch nur
als logische Spielerei und als Übung in Mathematik abgetan.
Eine Möglichkeit zur Interpretation solcher axiomatisch-deduktiv aufgebauter
Modelle wäre die empirische Interpretation, d. h. dass die Modelle als
Darstellung und Erklärung bestimmter Bereiche der Wirklichkeit gelten sollen. In
diesem Falle müssten sich die Aussagen der Modelle direkt oder indirekt anhand
der beobachtbaren Wirklichkeit überprüfen lassen, d. h. aus den theoretischen
Modellen müssen sich Hypothesen deduzieren lassen, die empirisch falsifizierbar
sind. Eine Schwierigkeit bei der Falsifizierung solcher Modelle besteht darin,
dass die Interessenstruktur der Individuen empirisch schwer zu ermitteln ist.
Dies kann am obigen Beispiel zur Mehrheitsabstimmung verdeutlicht werden.
Das Abstimmungsverhalten eines Individuums darf in diesem Fall ja nicht als
Indikator für seine Interessenstruktur genommen werden, da die Erklärung des
Abstimmungsverhaltens durch die Interessenstruktur sonst tautologisch wäre. Wenn
man einen Sachverhalt durch einen anderen erklären will, so müssen beide
Sachverhalte unabhängig voneinander definierbar sein, da der Zusammenhang sonst
nicht empirischer sondern definitorischer Natur wäre.
Eine Möglichkeit zur Ermittlung der Interessenstruktur ist die Befragung der
Individuen. Man kann sie z. B. auffordern, die Alternativen a, b, c, d, e in eine Rangfolge gemäß ihren Interessen zu bringen, also eine
so genannte "Präferenzordnung" der zur Entscheidung stehenden Alternativen zu
bilden. (Dies wäre natürlich nur eine vereinfachte Darstellung der
Interessenstruktur, da theoretisch alle Punkte auf der Rechts-Links-Skala
Alternativen darstellen und in eine Präferenzordnung gebracht werden müssten.)
Dann würden sich folgende Präferenzordnungen für die 5 Individuen ergeben:
Präferenzordnung der
Spitzensteuersätze der Individuen A, B, C, D und E
(siehe Schaubild oben)
A |
B |
C |
D |
E |
|
1. |
a |
b |
c |
d |
e |
2. |
b |
c |
b |
e |
d |
3. |
c |
a |
d |
c |
c |
4. |
d |
d |
a |
b |
b |
5. |
e |
e |
e |
a |
a |
Bei einer solchen Präferenzstruktur der 5 Individuen ist die Alternative c
die Mehrheitsalternative, also diejenige Alternative, die bei einem
Paarvergleich mit jeder anderen Alternative eine Mehrheit der Stimmen bekommt.
Anhand der Präferenz-Tabelle sieht man leicht, dass von den Alternativen a, b, d
und e keine dreimal oder öfter über der Alternative c steht.
Bei einer solchen Befragung gibt es allerdings das Problem, dass eine
wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen durch die Individuen vorausgesetzt
werden muss. Dabei sind die Möglichkeiten zur Aufdeckung bewusster
Falschdarstellungen der eigenen Interessenstruktur begrenzt, wie aus der Theorie
des Interviews bekannt ist.
Weiterhin stellt sich das Problem, dass sich die Präferenzordnungen der
Individuen in dem Zeitraum zwischen ihrer Ermittlung durch Befragung und der
Abstimmung ändern können. Wenn es hierfür keine Kontrolle gibt (z. B. durch eine
nachträgliche Befragung), könnte man jedes dem Modell widersprechende Ergebnis
dadurch "erklären", dass sich inzwischen die Präferenzen geändert haben müssen.
Damit wäre das Modell jedoch gegen jede Widerlegung immunisiert.
Wenn man einmal voraussetzt, dass das Problem der Ermittlung der vorhandenen
Interessen gelöst ist, so müsste das Modell rationalen Abstimmungsverhaltens
dann als falsifiziert gelten, wenn bei Vorliegen z. B. der angenommenen
Interessenstruktur sich bei einer einmaligen Abstimmung nach dem relativen
Mehrheitsprinzip nicht c sondern irgendeine andere Alternative als Resultat
ergibt.
Wenn z. B. die Individuen A und B für b gestimmt haben, während die übrigen
Individuen jeweils für ihr Optimum c bzw. d oder e gestimmt haben, ergibt sich
das Abstimmungsresultat b, da diese Alternative zwei Stimmen erhalten hat,
während alle übrigen Alternativen nur jeweils eine Stimme oder gar keine Stimme
erhalten haben. In diesem Fall hätten sich C, D und E zusammentun können, um
gemeinsam für c zu stimmen. Da c für alle drei Individuen besser ist als b, wäre
ein solches Handeln in ihrem Interesse, d. h. "rational" gewesen.
Hier wird jedoch deutlich, dass für die Durchführung eines solchen rationalen
kollektiven Abstimmungsverhaltens weitere, im Modell nicht genannte
Voraussetzungen erforderlich sind. Zum einen müssen C, D und E wissen, dass die
Alternative c
für alle drei höher in ihrer Präferenzordnung rangiert als b. Bei den
Beteiligten wird also Kenntnis der Präferenzordnungen
der andern vorausgesetzt. Wo diese Informationen nicht verfügbar sind oder wo
ihre Beschaffung mit bestimmten Kosten (z. B. Zeitaufwand) verbunden ist, ist das
obige einfache Modell also nicht anwendbar.
Außerdem wird an dem obigen Beispiel deutlich, dass eine weitere Voraussetzung des Modells die Information über sich anbahnende Koalitionen ist,
denn wenn im C, D und E gar nichts von der sich anbahnenden Koalition zwischen
A und B auf der Basis der Alternative b wüssten, so gibt es u. U. für sie keinen Grund zu einer
Koalition auf der Basis c.
Eine weitere Voraussetzung des Modells ist die Möglichkeit zu Kommunikation
und Kooperation zwischen allen Individuen, denn wenn zu erwarten ist, dass A und
B sich zusammentun, müssen C, D und E miteinander koalieren, da sie nur
geschlossen die Alternative b verhindern können. Das Modell ist also in der
einfachen Form nicht anwendbar, wenn Koalitionshindernisse bestehen, sei es,
dass bestimmte Individuen "prinzipiell" nicht miteinander koalieren wollen, sei
es, dass die Bildung von Koalitionen und die dazu notwendigen Verhandlungen aus
Zeitmangel nicht durchgeführt werden können oder dass sich dieser Aufwand für
einzelne Individuen im Verhältnis zur erreichbaren Verbesserung des
Abstimmungsresultates nicht lohnt.
Die Aussage des Modells, dass bei rationalem Handeln aller Beteiligten die
Alternative C das Abstimmungsresultat bilden muss, setzt weiterhin voraus, dass
es den Individuen bei ihrer Abstimmung allein auf das Resultat ankommt. Denkbar
wäre jedoch, dass die Individuen bei der Abstimmung noch weitere Ziele
verfolgen. So mag ein Individuum aufgrund langfristiger Überlegungen auf die
Realisierung der in diesem Fall individuell günstigsten Koalition verzichten,
um andere Beteiligte nicht zu verprellen, von denen es sich umgekehrt
Unterstützung bei späteren Abstimmungen erhofft. Auch von der Möglichkeit
solchen "Stimmentauschs" bzw. von Abstimmungskoalitionen über ganze
Abstimmungsserien abstrahiert das einfache Modell.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der für ein Individuum neben dem
Abstimmungsresultat eine Rolle spielen kann, ist der Eindruck, den jemand mit
seinem Abstimmungsverhalten auf Dritte macht. So mag jemand auf eigentlich
vorteilhafte Kompromisse verzichten, um unter dem Gesichtspunkt langfristiger
Interessen "sein Gesicht nicht zu verlieren". Die Abstimmung hat dann für ihn
eher den Charakter eines Bekenntnisses seiner Meinung nach außen als den eines
zweckrationalen Verhaltens in Bezug auf das Abstimmungsergebnis.
Aus all diesen Überlegungen wird deutlich, dass das einfache Modell
rationalen Abstimmungsverhaltens der Individuen entsprechend einer
Präferenzordnung der zur Abstimmung stehenden Alternativen eine Reihe von
Annahmen enthält, die durch die Voraussetzung des Rationalverhaltens noch nicht
abgedeckt sind. Insbesondere dürfen keine relevanten Informations-,
Kommunikations- und Verhandlungskosten entstehen und es dürfen keine über die
Abstimmungsthematik hinausgehenden sonstigen Interessen eine Rolle spielen.
Damit das Modell rationalen Abstimmungsverhaltens als Erklärungsmodell für
tatsächliches Abstimmungsverhalten brauchbar bleibt, müsste es um die genannten
Aspekte erweitert werden.
Aber selbst wenn das gelungen ist, bleibt als grundlegendes Problem, ob die
Annahme des Rationalverhaltens aufrechterhalten werden kann. Eine Möglichkeit,
diesem Problem zu entgehen, könnte darin bestehen, dass man den
Anwendungsbereich des Modells auf solche Fälle beschränkt, in denen
Rationalverhalten gegeben ist. Wenn man diese Modellprämissen jedoch als
Festlegung des Anwendungsbereichs für das Modell interpretiert, so wird das
Modell tautologisch und für empirische Erklärungen unbrauchbar: denn die
zentrale Frage, ob für einen konkreten Fall die Prämissen erfüllt sind oder
nicht, bleibt unbeantwortet.
Konzeptionen einer verstehenden Sozialwissenschaft
Gegen das Konzept einer erklärenden Sozialwissenschaft, die auf die
Aufstellung beobachtbarer empirischer Regelmäßigkeiten bzw. Gesetzmäßigkeiten
nach Art der Naturwissenschaften ausgerichtet ist, gab es beständig Einwände. Diese Einwände bezogen sich vor allem darauf,
dass es die Sozialwissenschaften einschließlich der Geschichtswissenschaften mit
menschlichem Handeln zu tun haben, das nicht in der gleichen Weise "erklärt"
werden könne, wie z. B. Phänomene der unbelebten Natur.
Die Positionen, von denen aus die Idee einer empirischen Gesetzeswissenschaft
in Bezug auf soziale Phänomene kritisiert wird, sind dabei keineswegs
einheitlich. Einen historischen Überblick über die Kontroversen vermittelt z. B.
Jürgen Habermas, Zur Logik der Sozialwissenschaften. Materialien. Frankfurt a.
M. 1970, insbesondere der darin wieder abgedruckte
Literaturbericht aus dem Jahre 1967. Zu nennen wäre weiterhin G. H. von Wright,
Erklären und Verstehen. Frankfurt a. M. 1974.
Abgesehen von dieser inneren Uneinheitlichkeit haben die alternativen
Konzeptionen sozialwissenschaftlicher Theoriebildung zwar eine Kritik der
empiristischen Ansätze geleistet, haben aber selber keine ausgearbeitete
Methodologie vorgelegt. Dies gilt insbesondere für die dialektische Philosophie,
die sich von Hegel herleitet.
Von gewisser Bedeutung sind hermeneutische Ansätze einer "verstehenden"
Sozialwissenschaft, für die Namen wie Droysen, Dilthey, Rickert, Max Weber,
Alfred Schütz und Peter Winch stehen. Ohne den Anspruch zu haben, diesen
Theoretikern gerecht werden zu können, sollen hier ansatzweise die Einwände der
verstehenden Sozialwissenschaften skizziert werden.
Gegen eine Anwendung der aus empirischen Regelmäßigkeiten deduzierten
Erklärungen in der Geschichtswissenschaft hat sich vor der englische Historiker
William DRAY in seinem 1957 erschienenen Buch: "Laws and Explanation in History"
ausgesprochen. "Der Grund, warum historische Erklärungen normalerweise keinen
Bezug auf Gesetze enthalten, ist danach nicht, dass die Gesetze so komplex und
unbekannt sind, dass wir mit einer bloßen Skizze zufrieden sein müssen (wie
HEMPEL meinte, E.W.), auch nicht, dass sie zu trivial sind, eigens erwähnt zu
werden (wie Popper meinte, E.W.).
Nach DRAY liegt der Grund einfach darin, dass
sich historische Erklärungen überhaupt nicht auf allgemeine Gesetze stützen."
(WRIGHT, Erklären und Verstehen, S. 34). Stattdessen meint DRAY, dass menschliche
Handlungen eines spezifischen Erklärungsschemas bedürfen und nicht nach dem
Gesetzesschema erklärt werden können. "Eine Handlung erklären" heißt nach DRAYs Auffassung: zeigen, dass es unter den gegebenen Umständen angemessen und
rational war, diese Handlung zu vollziehen. Er nennt dies "rationale Erklärung."
(WRIGHT S. 35).
Wright arbeitet diesen Gedanken weiter aus. Er schließt dabei an die Idee
eines "praktischen Syllogismus" an, der bereits bei Aristoteles entwickelt ist: "Der Ausgangspunkt oder Obersatz des Syllogismus erwähnt irgendeinen
Wunschgegenstand oder ein Handlungsziel; der Untersatz setzt eine bestimmte
Handlung quasi als Mittel zum Zweck mit diesem Gegenstand in Beziehung; die
Conclusio besteht schließlich in der Verwendung dieses Mittels zur Erreichung
jenes Zweckes.
Wie in einem theoretischen Schluss die Behauptung der Prämissen
notwendigerweise zur Behauptung der Conclusio führt, folgt somit in einem
praktischen Schluss aus der Bejahung der Prämissen die ihnen entsprechende
Handlung.
Praktische Begründungen sind von großer Bedeutung für das Erklären und
Verstehen von Handlungen. Es ist eine Grundannahme der vorliegenden Arbeit, dass
der praktische Syllogismus eine seit langem bestehende methodologische Lücke der
Humanwissenschaften schließt: Er liefert ein eigenes Erklärungsschema, das eine
deutliche Alternative zum subsumptionstheoretischen Schema darstellt.
Allgemein
gesagt: Was das subsumptionstheoretische Schema für Kausalerklärungen und
Erklärungen in den Naturwissenschaften ist, ist der praktische Syllogismus für
teleologische Erklärungen und Erklärungen in den Geschichts- und
Sozialwissenschaften." (WRIGHT, S. 36f.)
Das einfache Schema eines praktischen Schlusses wäre folgendes: "A beabsichtigt, p herbeizuführen." "A glaubt, dass er p nur dann herbeiführen kann, wenn er x tut." "Folglich macht sich A daran, x zu tun."
Kern dieses Erklärungsschemas ist, dass eine Handlung x erklärt bzw.
verständlich gemacht wird einerseits aus den Absichten (Intentionen, Zielen) des
Handelnden und andererseits aus den Handlungsmöglichkeiten, die dem Handelnden
seiner eigenen Meinung nach zur Verwirklichung dieser Absichten zur Verfügung
stehen.
Was leistet ein solches Schema rationaler Erklärung menschlicher Handlungen?
Unstreitig ist, dass im Alltagsleben derartige teleologische "Erklärungen" von
Handlungen aus Absichten außerordentlich verbreitet sind. Man sagt etwa "Er
läuft, um noch den Zug zu erreichen" oder "Er öffnet das Fenster, um frische
Luft hereinzulassen." Allerdings weist Wright bereits selber darauf hin, "dass
der praktische Syllogismus keine Beweisform darstellt, sondern eine
Begründungsform, die von anderer Art als der Beweis-Syllogismus ist." (WRIGHT S.
36.) Das heißt, die Aussage "A tut x" folgt nicht logisch aus den Sätzen "A hat
die Absicht, p herbeizuführen" und "A glaubt, dass er p nur dann herbeiführen
kann, wenn er x tut". Allerdings ergeben die beiden Sätze eine zweckrationale
Begründung oder Rechtfertigung dafür, dass A x tut. Eine logische Folge ergäbe
sich erst dann, wenn man die zusätzliche Annahme macht, dass sich A
zweckrational verhält. Ergänzt man den praktischen Syllogismus um die Annahme
zweckrationalen Handelns beim Akteur, so ergibt sich auch hier ein deduktives
Erklärungsschema. Ob sich dieses im Sinne des Hempel-Oppenheim-Schemas
interpretieren lässt, muss hier offen bleiben.
Ein weiterer Kritikpunkt von Seiten der hermeneutischen Richtungen bezieht
sich auf die Gewinnung der Erfahrungsdaten. Gegen die Vorstellung, es ginge in
den Sozialwissenschaften um die Aufdeckung beobachtbarer Regelmäßigkeiten, wird
eingewandt, dass menschliche Handlungen nicht einfach nur beobachtet werden
können, wie physikalische Daten, sondern dass sie immer interpretiert, also in
ihrem Sinn verstanden werden müssen.
Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. So setzt zum Beispiel Wahlforschung
voraus, dass man die institutionellen Normen kennt, die einem bestimmten
Verhalten die Bedeutung des "Wählens" gibt. Durch die bloße
Beobachtung menschlichen Verhaltens käme man niemals dazu, dass drei völlig verschiedene
Vorgänge wie "jemand hebt seinen Arm", "jemand verlässt den Raum durch die
linke Tür", "jemand schreibt einen Namen auf einen Zettel" die
gleiche Handlung des "Wählens" darstellen.
Insofern nun die Politikwissenschaft nicht ohne derartige Handlungsbegriffe
auskommt, die ein beobachtbares Verhalten zugleich unter dem Gesichtspunkt "bedeutungskonstituierender"
Regeln interpretieren, ergeben sich hier Probleme, die über
naturwissenschaftliche Fragestellungen hinausgehen und hermeneutische
Fragestellungen aufwerfen. (S. dazu P. WINCH: Die Idee der Sozialwissenschaft.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp.)
Allerdings scheinen diese Grundlagenprobleme für die
praktische Forschungsarbeit keine großen Schwierigkeiten darzustellen, insofern
die Interpretationen des Verhaltens unproblematisch sind.
Siehe auch
die folgenden thematisch verwandten Texte in der Ethik-Werkstatt:
Allgemeine Methodologie der Wissenschaft
Methodologie der normativen Politikwissenschaft
***
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empirischen
Politikwissenschaft"
Letzte Bearbeitung 24.11.2005 / Eberhard Wesche
Wer diese Website interessant findet, den bitte ich, auch Freunde, Kollegen und Bekannte auf die "Ethik-Werkstatt" hinzuweisen.