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Gibt es sinnlose philosophische Fragen?


(Diskussion bei PhilTalk)
Begonnen Januar 2006)

(Auswahl)

Beitrag von Eberhard


Hallo allerseits,

bei meinem leider vorzeitig beendeten Disput über die Ich=Du-Philosophie mit Wolfgang K. aber auch in anderen Zusammenhängen bin ich immer wieder auf Fragestellungen gestoßen, die mir Probleme machten, so z.B. auf die Frage: Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?

Ich vermute, dass diese und noch eine Reihe anderer Fragen sinnlos sind.

Vielleicht geht es anderen ja ähnlich, so dass wir unsere Beobachtungen und Überlegungen hier zusammenfügen können.

Zu klären wäre dabei natürlich, warum bestimmte Fragen "sinnlos" sind. Sind sie in sich widersprüchlich? Sind sie prinzipiell nicht beantwortbar? Unterstellen sie etwas, das man nicht unterstellen darf? Gibt es kein Kriterium ihrer Geltung?

Vielleicht fangen wir an mit der Frage: "Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?"

Eine interessante und kontroverse Diskussion erwartet

Eberhard.



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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Siena am 21. Jan. 2006, 15:42 Uhr
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Schönen Nachmittag Eberhard!

In deiner Frage nach dem Sinn des menschlichen Daseins hat sich ergeben, dass die Bedeutungen von "Sinn" weit auseinander liegen und Einigkeit nicht erreicht wurde.

Wenn ich frage, ob etwas, in diesem Fall philosophische Fragen, sinn-los ist, dann muss ich, ob ich mir dessen bewusst bin oder nicht, darum wissen, was sinn-volle Fragen sind. Habe ich keinen zureichenden Begriff davon, was Sinn positiv bedeutet, kann ich auch nicht dagegen abheben: das Sinn-lose.

Die Voraussetzung für diese Diskussion wäre ein zureichender Begriff von Sinn. (Das hat sich aber als sehr schwierig erwiesen)

Deshalb befürchte ich, dass es nicht an Inhalten fehlen wird darüber, welche Fragen denn nicht alle sinnlos wären - sondern, dass wiederum die Intentionen und Motive weit auseinanderliegen.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 21. Jan. 2006, 19:06 Uhr
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Hallo Eberhard,

Kurz zu meinem Verständnis von sinnvollen Fragen ( oder generell, von Sätzen). Ein Satz ist m.E. solange sinnvoll, als sich für mich ein vorstellbarer Inhalt ergibt. (Im Sinne von "Ein Begriff muß bei dem Worte sein")
Im Gegensatz dazu sind folgende Fragen z.B. sinnlos:

"asdcdfr dafads?"
"Was ist der Unterschied zwischen einem Handtuch?"
"Wieviel Kilogramm wiegt Beethovens 9. Symphonie?"
"Wie oft nichtet das Nichts?"

Dann gibt es Fragen, die prinzipiell unbeantwortbar sind:

"Welche Augenfarbe hat der "unsichtbare Mann"?"
"Wie sähe die Welt heute aus, wenn Hitler nicht geboren worden wäre?"
"Hatte Sherlock Holmes ein Verhältnis mit Dr. Watson?"
"Wird dieses Photon durch den Halbspiegel dringen oder reflektiert werden?"

Für mich sind solche Fragen insofern sinnvoll, als ich mir einbilde, genau zu wissen, wonach gefragt wird. Ich weiss lediglich auch, dass ich keine Antwort finden werde.

Bei "Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?"
weiss ich auch, wonach gefragt wird. Analog der Frage: "Warum ist der Kühlschrank voll und nicht leer?" habe ich die Vorstellung eines einmal gefüllten, einmal leeren Raumes. Beim Kühlschrank habe ich jetzt den Vorteil, dass sich der Fragende meist bei einer zeitlich kurz zurückliegenden Antwort ("Ich war einkaufen, und habe eingeräumt") zufriedenstellen wird. Wenn aber nachgefragt wird: "warum warst Du einkaufen?" wird es kompliziert und - bei entsprechender Hartnäckigkeit des Fragenden - lässt sich auch hier kein Ende finden.
Kurz - die Frage, warum das Universum nicht leer ist, kann nur beantwortet werden, wenn man die Erstursache kennt. Nach menschlichem Vorstellungsvermögen kann es aber eine Erstursache nicht geben. Entweder gibt es das Universum schon ewig - also ohne Grund, oder es ist irgendwann entstanden - ebenfalls ohne Grund, da es ja keine Ursache für eine Erstursache geben kann.
Folglich würde ich Deine Beispielsfrage unter die zwar sinnvollen aber nicht beantwortbaren einreihen.

Oder so beantworten: für die Existenz des Welt gibt es ganz sicher keinen Grund. :-)

Grüße,
hel

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von doc_rudi am 21. Jan. 2006, 19:10 Uhr
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hm,
was ist mit umkehrbar gemeint? Materie, die man drehen kann? Etwas zeitlich umkehrbares?
und:
Wenn dann etwas ist, wenn es "umkehrbar" ist, beantwortet das doch gar nicht die Frage, warum es ist, also warum es umkehrbar ist.
Ist nicht etwas, weil es auch sein Gegenteil gibt (Materie und Antimaterie, und genau dazwischen liegt das Nichts.)

Also ich halte diese Frage danach, warum überhaupt etwas ist, für eine überflüssige Frage, weil sie prinzipiell nicht beantwortbar ist. Wer will, kann den Beweis dafür suchen oder nennen, falls der Beweis schon erbracht ist.

Philosophie scheint sich überhaupt gern mit sinnlosen Fragen zu befassen und aus Unsinn Sinn zu machen. Einen Sinn hat das zumindest:
Nämlich: man kann eventuell einen gut dotierten Job kriegen oder mit dem Quatsch Geld verdienen. Letzteres wäre dann ein durchaus akzeptabler Sinn.
Nämlich die Verwandlung von Nichts in Gold.

Gruß
rudi


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 21. Jan. 2006, 23:23 Uhr
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Hallo allerseits, lieber Siena,

Deine Befürchtung, dass man keine klare gemeinsame Fragestellung herausarbeiten kann, ist nicht ganz unbegründet, da wir es auch hier wieder mit dem vielfarbig schillernden Begriff "Sinn" zu tun haben.

Allerdings haben wir es bei dem Sinn von Fragen wahrscheinlich etwas leichter als bei dem Sinn unseres Daseins.

Was ist gemeint, wenn man von einer "sinnlosen" philosophischen Frage spricht?

Ein erster Versuch der Präzisierung:

Wenn ich eine philosophische Frage als "sinnlos" bezeichne, dann bedeutet dies, dass es sich nicht lohnt, nach der Antwort auf diese Frage zu suchen.

Der Grund hierfür kann vielfältig sein. Hel hat schon einiges dazu gesagt.

Es grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 22. Jan. 2006, 01:15 Uhr
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Hallo allerseits,

wie ich gerade erst festgestellt habe, gibt es eine Diskussion zu der Frage: "Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?" Diese Frage wurde dort u.a. als sehr wichtig und grundlegend für die Metaphysik und die Seinslehre bezeichnet.

Meiner Ansicht nach hat diese Frage weniger Respekt verdient. Sehen wir sie uns etwas genauer an.

Es handelt sich um eine Warum-Frage. Mit dem Wort "warum" fragen wir in erster Linie nach dem Grund für etwas, nach seiner Ursache, wir suchen nach einer kausalen Erklärung dafür: Warum ist das Drahtseil gerissen? Weil es durchgerostet war.

(Mit dem Wort "warum" fragt man auch nach Motiven – "Warum hast Du ihn geschlagen?" – und manchmal auch nach rechtfertigenden Begründungen – "Warum soll ich bei rot nicht über die Straße gehen?" - Dies ist hier jedoch nicht gemeint.)

Mit der Frage: "Warum ist überhaupt etwas und nicht nichts?" wird also nach der Ursache alles Seienden gefragt: "Was ist die Ursache für die Existenz der Welt?"

Das Ursache-Wirkung-Schema beruht auf einer Verallgemeinerung beobachteter Regelmäßigkeiten.

Wenn z.B. Eisen oder Stahl verrostet, dann wandelt es sich in Eisenoxyd um. Dieser Stoff hat andere Eigenschaften als das ursprüngliche Eisen. Eisenoxyd ist u.a. nicht so fest wie Eisen. Man kann dann folgende Gesetzmäßigkeit formulieren: Wenn ein Stahlseil durchgerostet ist, hat es nur eine geringe Zugfestigkeit.

Das Ursache-Wirkung-Schema setzt also zwei unterschiedliche Phänomene voraus, wovon das eine als Ursache und das andere als Wirkung bezeichnet wird.

Wenn man nun dies Schema auf die Gesamtheit alles Seienden anwendet, ergibt sich ein logischer Widerspruch: Wenn die Gesamtheit alles Seienden als Wirkung betrachtet wird, zu der eine Ursache in Form eines davon zu unterscheidendem Etwas gesucht wird, so ist dies nicht ohne logischen Widerspruch möglich, denn es kann neben der Gesamtheit alles Seienden nicht noch etwas anderes da sein, was die Ursache hierfür ist. Wenn etwas die Gesamtheit alles Seienden ist, so kann es daneben nichts anderes geben.

Insofern ist die Anwendung der Warum-Frage auf die Existenz des Weltalls eine unzulässige Übertragung von Konzepten auf andere Bereiche, die zu Widersprüchen führt.

Solche Fragen nenne ich sinnlos. Es lohnt nicht, sich um eine Antwort auf diese Frage zu bemühen,

meint Eberhard.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Harry_R am 22. Jan. 2006, 12:22 Uhr
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...
Wann ergibt eine Frage, ob nun philosophisch oder nicht, also allgemein, einen Sinn?
Wohl nur dann, wenn durch die Beantwortung dieser Frage eine Erkenntnis gewonnen kann, sonst ist die Fragestellung ja sinnlos, wenn ich keine Beantwortung erwarten darf.

Vielleicht denke ich gerade zu oberflächlich, aber die Antwort auf die Frage, ob eine Frage Sinn ergibt, hat ja schon Kant gefunden, welche er im zweiten Teil der 'Kritik der reinen Vernunft' ausgiebig behandelt. Das Fazit war ja, sofern ich das nun richtig interpretiere, dass man zu keiner Erkenntnis gelangen kann, wenn die Antwort nicht in der Anschauung wiedergegeben werden kann.

Mein Fazit also:
Es gibt jede Menge sinnloser Fragen, nämlich jene, welche entweder keine Antwort zulassen, wie z.B "Wieviel wiegt Beethovens 5. Symphonie?", oder deren Antworten nicht in der Anschauung dargestellt werden können, und somit keine Erkenntnis hervorbringen, wie z.B "Gibt es Freiheit?".

Die Antwort z.B auf die interessante Frage, "Wird dieses bestimmte Photon durch den halbdurchlässigen Spiegel gehen, oder reflektiert werden wird, gehört zur ersten Gruppe, da es keine Antwort zuläßt. In der QM (Quantenmechanik)haben wir es ja mit objektiven Zufällen zu tun.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von jonny_W. am 22. Jan. 2006, 12:44 Uhr
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"Wieviel wiegt Beethovens 5. Symphonie?",
Wir sind uns alle einig, diese Frage ist sinnlos!
Wirklich alle? Jonny ist natürlich wieder mal anderer Meinung. Ein paar (an einer Hand abzählbar viele) Physiker sind gerade dabei die Äquivalenz von Information und Masse/Energie zu zeigen. Die 5. ist Information und hätte demnach ein Gewicht.

Was will ich zeigen? Es ist im Voraus nicht feststellbar, ob eine Frage sinnvoll ist oder nicht.
Warum etwas ist und nicht Nichts halte ich für eine außerordentlich berechtigte Frage. Eine Frage zu der wir vielleicht (noch?) nichts sinnvolles sagen können. Aber allein das Wachgerüttelt werden, das diese Frage auslösen sollte, ist sinnvoll.
Dann wären da noch die berühmten Zen-Koans.

jonny

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 22. Jan. 2006, 16:04 Uhr
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on 01/22/06 um 12:44:03, jonny_W. wrote:"Wieviel wiegt Beethovens 5. Symphonie?",
Wir sind uns alle einig, diese Frage ist sinnlos!
Wirklich alle? Jonny ist natürlich wieder mal anderer Meinung. Ein paar (an einer Hand abzählbar viele) Physiker sind gerade dabei die Äquivalenz von Information und Masse/Energie zu zeigen. Die 5. ist Information und hätte demnach ein Gewicht.


Könnte es sein, daß Du die Frage in "Wieviel Energie ist notwendig, um die Information "5. Symphonie von Beethoven" zu übertragen" umgedeutet hast? Ich denke nicht, dass der Hörer der 5. Symphonie einen Gewichtszuwachs zu verzeichnen hat. Wenn ich als Übertragungsmedium für eine Partitur einen Stein nehme und die Noten - quasi als Negativ -wegspachtele, dann verzeichnet das Übertragungsmedium sogar einen Gewichtsverlust. Ich wollte mit dieser Frage eigentlich einen klassischen Kategorienfehler begehen, wie z.B. mit:
"Ist Freundschaft grün oder eher blau?"
"Ist das Handtuch traurig?"

Allerdings ist man unwillkürlich geneigt (so ähnlich, wie man bei Rohrschachtests Figuren erkennt), wenn immer möglich in solche Fragen einen Sinn hineinzuinterpretieren.

Quote:Was will ich zeigen. Es ist im Voraus nicht feststellbar, ob eine Frage sinnvoll ist oder nicht.


Was heißt im Voraus? Bevor ich eine Antwort gefunden habe?
Bevor ich bewiesen habe, daß eine Antwort nicht möglich ist?
Ich hoffe, gezeigt zu haben, daß es einige Fragen gibt, die wirklich sinnlos sind, insofern sie unverständlich sind und man sich eine Antwort gar nicht vorstellen kann.

Quote:Warum etwas ist und nicht Nichts halte ich für eine außerordentlich berechtigte Frage. Eine Frage zu der wir vielleicht (noch?) nichts sinnvolles sagen können. Aber allein das Wachgerüttelt werden, das diese Frage auslösen sollte, ist sinnvoll.


Gerade bei dieser Frage haben sowohl Eberhard als auch ich versucht, schlüssig zu zeigen, daß es keinen Grund dafür geben kann, daß etwas ist und nicht Nichts.
Das "philosophische Staunen", das solche Fragen auslösen, ist auch m.E. nicht wertlos. Es gibt eine wichtige Anregung zum Nachdenken. Aber gerade diese Fragen bilden auch die Gefahr irrationalen Abtriftens, wenn man nicht erkennt, daß man dabei ist, in eine Logik-Falle zu tappen. Ist diese Falle aber erkannt, so ist das Thema eben abgehakt, die Frage als unlösbar qualifiziert und die weiteren Versuche können nur irrationale Sackgassen darstellen. Wie der Versuch, eine gerade Primzahl zu finden.
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Titel: helRe: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von jonny_W. am 22. Jan. 2006, 16:20 Uhr
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Also weil ihr alle nachfragt:

Eine Cd wiege x Gramm, wenn sie sich (relativ zu mir)in Ruhe befindet.
Wenn sie sich nun dreht, wird sie - laut SRT- schwerer.
Soweit ist alles Standart und durchs Experiment bestens verifiziert. Eine im Momemt gerade im Entstehen befindliche Theorie behauptet:
Das der Welt zugrundeliegende sei reine Information. Sie kann "ausfrieren" in Masse/Energie.
Eine Anordnung ein und derselben Atome könnte unterschiedlich viel wiegen, je nach Informationsgehalt. Das Thema ist zu schwierig um es hier auch nur annähernd vernünftig zu besprechen.

Die Frage nach dem traurigen Handtuch kann rational abgehandelt werden und könnte mit dem nicht sehr überraschenden Ergebnis enden: Ein Handtuch ist weder Traurig noch nicht traurig. Es ist zu Emotionen unfähig. Aber wer weiß? Bisher hat sich noch keiner diese Frage ernsthaft gestellt, auch liegen keine diesbezüglichen Experimente vor. [grin]

jonny

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 22. Jan. 2006, 16:32 Uhr
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on 01/22/06 um 15:17:28, Berny wrote:In dem von *hel* in seinem Beitrag angeführten Fragebeispiel zur Sinnlosigkeit:
"asdcdfr dafads?"
könnte es immerhin möglich sein, dass darin folgendes Zahlenmuster als Botschaft enthalten ist und eine durchaus sinnvolle Frage in simpler kryptischer Überlieferung beinhalten könnte:

Stimmt folgende Kontonummer noch 1194346184161419?

Im Prinzip kann jedes erkennbares Muster so eine eine Botschaft enthalten, die wir nur nicht dechiffrieren können.
Sogar die spezifische Stellung der Sessel in deinem Wohnzimmer könnte eine Botschaft sein. Also ist "asdcdfr dafads?" vielleicht eine Transkription aus dem Veganischen und heißt: "Die spinnen, die Philtalker".
Da ich aber deren Sprache nicht beherrsche, ist es für mich sinnlos.

berny:
Quote:Haben diese Zahlen für dich nun eine kontextfreie oder kontextabhängige Bedeutung?

Ohne Kontext gibt es keine Bedeutung. Was ich von Dir lese, lese ich im Kontext der deutschen Sprache. Sonst könnte ich es nicht verstehen. Da ich also "asdcdfr dafads?" nur im Kontext von Deutsch und Englisch lesen kann, sowie keine weitere Sprache finde, von der ich vermute, daß diese Zeichenfolge in deren Kontext Sinn macht, ist es für mich eine sinnlose Frage.

Grüße,
hel

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 22. Jan. 2006, 17:37 Uhr
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on 01/22/06 um 17:19:02, Harry_R wrote:"Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?"

Gibt es einen Gott, so ist er die Ursache von Allem und die Antwort auf das Warum etwas ist.


Wenn man die unendliche Kausalkette bei Gott abbrechen läßt, hat das nur psycho-logische Gründe :-)
Wenn es also Gott gibt, warum ? Was ist die Ursache für Gott?
Ist Gott die Erstursache, dann hat er selbst keine und ist also vollkommen grundlos auf dieser Welt. Hoffentlich hat Gott deswegen keine Sinnkrisen.

Grüße,
hel

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 22. Jan. 2006, 17:59 Uhr
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Hallo jonny,

ich hatte dargelegt, warum das Ursache-Wirkung-Konzept nicht auf die Welt als Ganzes angewandt werden kann, um zu begründen, dass die Frage: Warum ist überhaupt etwas und nicht nichts? sinnlos ist.

Daraufhin schreibst Du unbeirrt:
"Warum etwas ist und nicht Nichts halte ich für eine außerordentlich berechtigte Frage. Eine Frage zu der wir vielleicht (noch?) nichts sinnvolles sagen können. Aber allein das Wachgerüttelt werden, das diese Frage auslösen sollte, ist sinnvoll."

Damit bekommt unsere Diskussion jedoch einen völlig falschen Dreh. Ebenso könnte man sagen, dass die Frage: "Toraliert die Rolatin den Laroton?" sinnvoll ist, denn man kann an ihm grammatische Regeln üben, z.B. den Gebrauch transitiver Verben.

Wenn hier von sinnlosen Fragen gesprochen wird, dann geht es immer um die Tauglichkeit für die Gewinnung von Erkenntnissen, nicht um mögliche anderweitige Verwendungen dieser Fragen.

Auch Dein Argument, man könne nicht "im voraus" sagen, ob eine Frage sinnlos sei, ist nicht schlüssig. Man kann niemals im voraus wissen, ob man eine bestimmte Überzeugung zukünftig einmal korrigieren wird, aber deshalb verzichtet man doch nicht auf Überzeugungen.

Das Winken mit den "berühmten Zen-Koans" oder den Gesetzen der Quantenmechanik kann ebenfalls nicht als Argument gewertet werden. Ihr müsstet Euch schon die Mühe machen, diese Argumente explizit vorzutragen, wenn ihr erwartet, dass sie berücksichtigt werden.

Ich sehe demnach noch keinen stichhaltigen Einwand gegen mein Argument.

Problematisch finde ich es, wenn Fragen von der Art "Warum gibt es die Welt?" dazu benutzt werden, um an ihnen die Unfähigkeit des menschlichen Verstandes zur Erkenntnis zu demonstrieren, um dann nach Aufgabe der kritischen wissenschaftlichen Reflektion umso ungestörter das Ende der Philosophie, das Ende aller Theorien, die Irrationalität alles Seienden, die eine unaussprechliche Wahrheit, die unterschiedslose Einheit von allem und ähnliche frohe Botschaften zu verkünden.

Es grüßt alle um Klarheit und Wahrheit bemühten Eberhard.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Harry_R am 22. Jan. 2006, 18:08 Uhr
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on 01/22/06 um 17:37:46, hel wrote:Wenn es also Gott gibt, warum ? Was ist die Ursache für Gott?
Ist Gott die Erstursache, dann hat er selbst keine und ist also vollkommen grundlos auf dieser Welt. Hoffentlich hat Gott deswegen keine Sinnkrisen.

Gut, also selbst wenn es Gott gäbe, führt das Ende der Kette zu einer sinnlosen Fragestellung. Einverstanden.
Somit ist die Frage "Warum ist überhaupt etwas und warum ist nicht nichts?" eine Frage, die keine Antwort zuläßt, außer, es ist etwas weil ich feststellen kann, dass es ist. Äußerst unbefriedigend und keine Antwort auf das Warum.
Vergleichbar mit jener Frage:
"Warum ging dieses Photon durch den halbdurchlässigen Spiegel?" Die Antwort kann hier sein: Es ging durch, hatte zuvor eine Wahrscheinlichkeit von 50%, weil in der Summe nur 50% aller Photonen durchkommen. Das Warum ist nicht beantwortbar. Für die Physik konnte ich diese Unbeantwortbarkeit schon akzeptieren, weil ich einsah, daß sich die Physik ja seit längerem nur der Beschreibung, nicht der Erklärung der Natur verschrieben hat, und damit sehr erfolgreich war. In der Physik gibt es also unbeantwortbare somit sinnlose, weil keine in der möglichen Antwort Erkenntnis innehabende, Fragen.

Müssen wir dies nicht auch für die Philosophie akzeptieren, und hier bin ich bei Eberhards:
Solche Fragen nenne ich sinnlos. Es lohnt nicht, sich um eine Antwort auf diese Frage zu bemühen

Und sind wir nicht letztlich nun auch bei Kant gelandet? (ich weiß, das nervt ;-)), der uns dieses schon vorexerziert hat in seinen Antinomien?


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 23. Jan. 2006, 09:43 Uhr
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Hallo Harry R.,

Ich wäre Dir dankbar, wenn Du die Argumente, die Kant gegen bestimmte Fragen anführt, hier einmal explizit ausführen könntest, damit wir sie diskutieren können. Literaturverweise sind in Diskussionsrunden wie dieser noch kein Argument, das zählt, denn dies ist keine Lehrveranstaltung mit Pflichtlektüre. Hier darf jeder, der nachdenkt, seine Gedanken einbringen, auch wenn er nicht Philosophie studiert hat.

Dass dabei auch viel Unbrauchbares eingebracht wird, ist wohl unvermeidlich. Aber man merkt schnell, wessen Beiträge lesenswert sind und welche Beiträge man getrost überspringen darf.

Es grüßt Dich und alle, denen es um die Beantwortung sinnvoller Fragen geht, Eberhard.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Harry_R am 23. Jan. 2006, 11:21 Uhr
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on 01/23/06 um 09:43:33, Eberhard wrote:Hallo Harry R.,

Ich wäre Dir dankbar, wenn Du die Argumente, die Kant gegen bestimmte Fragen anführt, hier einmal explizit ausführen könntest,

Gut, ich dachte (und denke noch), dass alle in diesem thread Kant gelesen und verstanden haben, dennoch gebe ich zu, man sollte nicht nur darauf hinweisen, sondern genauer erklären was man meint, wenn man sich auf einen Philosophen bezieht. Ich versuch das jetzt mal aus dem Kopf, da ich Kant natürlich nicht in der Arbeit dabei habe ;)

Also, die Gschicht is a so: :-), und deren Lösung für mich deshalb auch die Antwort auf die Frage:
"Gibt es sinnlose philosophische Fragen?"

Im zweiten Tel der Kritik der reinen Vernunft, der transzendentalen Dialektik untersucht Kant, nachdem er im ersten Teil die Funktionsweise des Verstandes (da hab ich nettes Blockschaltbild dazu gemacht ;)) und der Vernunft klärte, ob es Erkenntnisse jenseits der Insel des empirisch Erkennbaren gibt, und zwar soweit, als im Urteil selbst keine der Anschauung gegebenen Gegenstände vorkommen, also Synthetische Urteile rein a priori, denen allein laut Kant Erkenntnisse unabhängig von empirischen Einflüssen abgerungen werden können.
Er entwickelt dabei vier transzendentale Ideen, zu denen er jeweils eine These und eine Antithese erarbeitet, die in sich schlüssig und notwendig sind (dies ist wichtig). Die Thesen / Antithesen selbst, sind Schlüsse, die die Reihe der Bedingungen der jeweiligen Prämissen bis hin zum Unbedingten folgen.
Jene sind (soweit ich mich jetzt erinnere)
1) Ist das Weltall unendlich oder endlich?
2) Ist die Seele teilbar oder unteilbar?
3) Gibt es Freiheit?
4) Gibt es einen Gott?

Wie gesagt, Kant stellt zu jeder Frage eine These auf, deren Unbedingtes in letzter Konsequenz, notwendig gültig, als Erkenntnis gefolgert wird.
Zu jeder Frage aber ebenso eine Gegenthese, die ebenso als notwendig gültig erkannt wird.
Also z.B ergibt sich aus der ersten These, dass das Weltall unendlich sei, weil es keinen Anfang haben kann, da vor dem Anfang auch etwas gewesen sein muß.
Aus der Antithese ergibt sich, dass das Weltall nicht unendlich ist, weil wenn es unendlich wäre, es eine unendliche Zeit bräuchte um es durchzumessen. Wäre allerdings eine unendliche Zeit verstrichen, so wäre alles was passieren kann, bereits passiert, da man zur unendlichen Zeit nichts mehr hinzufügen kann.
Ebenso verfährt er mit den anderen Antonomien, da sich auch hier einander widersprechende, dennoch notwendig richtige Folgerungen ergeben.

Kant erkennt das Dilemma, und versucht die Ursache der entdeckten Widersprüche zu finden. Sein Ergebnis ist, und damit die Antwort auf die gestellte Frage:

Das Problem liegt in der Untersuchung von Fragen, dessen Lösung uns keine in der Anschauung gegebenen Erkenntnisse liefert.
Somit gibt es sinnlose philosophische Fragen, weil deren Antworten uns keine Erkenntnisse liefern können.

(Dies war jetzt aus nur dem Gedächnis, und nebenbei geschrieben, aber ich hoffe, ich habe der Argumentationskritik entsprochen ;)

Schöne Grüße, Harry

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von miracles am 23. Jan. 2006, 17:07 Uhr
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..kleines persönliches Fazit..
es gibt, glaube ich, keine sinnlose Frage..da Fragen das Denken und die Kommunikation trainieren..außerdem geben sie auch eine Information über den Fragenden und in der Antwort über den Gefragten,
aber..es scheint jede Menge sinnloser Antworten zu geben..;)

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 23. Jan. 2006, 21:34 Uhr
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Hallo Harry,

Deine (Kants) These ist:
Fragen, deren Beantwortung uns keine in der Anschauung gegebenen Erkenntnisse liefern. sind sinnlose philosophische Fragen.

In dieser Formulierung sehe ich ein Problem, denn die Antwort auf die Frage: "Darf man eine Schwangerschaft abbrechen?" liefert uns ebenfalls keine in der Anschauung gegebenen Erkenntnisse. Trotzdem halte ich derartige moralische Fragen – im Unterschied zu den radikalen Positivisten - nicht für sinnlos.

Grüße an alle, die die Philosophie von unnötigem Gepäck befreien wollen, von Eberhard.


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Harry_R am 23. Jan. 2006, 22:37 Uhr
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Hallo Eberhard!

...  erkenntnistheroetisch ist die Frage, ob man eine Schwangerschaft abrechen darf, auch sinnlos, da sie, je nach moralischem Standpunkt, zu widersprüchlichen in sich logischen und notwendigen Schlüssen führt.
Aber! Deine Frage beantwortet meine Frage, warum Kant in dem Thread nicht erwähnt wurde:
Weil die Antinomien von Kant und seine Erkenntnis daraus, für die im Thread aufgeworfene Frage, ob es sinnlose philosophische Fragen gibt, keine allgemein gültige Lösung bietet, da moralische Fragen damit nicht auf Sinnhaftigkeit geprüft werden können, und der Schluß: Fragen sind sinnlos, wenn aus deren Beantwortung keine Erkenntnis in der Anschauung gezogen werden kann, nicht allgemein gültig, sondern, wie es scheint, beschränkt auf erkenntnistheoretische Fragen ist.
Gesucht, eine allgemeine Regel, Kant bietet diese also nicht.
Immerhin einen Schritt weiter.

Schöne Grüße, Harry


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von solida am 24. Jan. 2006, 11:15 Uhr
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"Grüße an alle, die die Philosophie von unnötigem Gepäck befreien wollen, von Eberhard."

Wissenssammler, die dieses Wissen systematisieren, können ihre Angelegenheit als eine philosophische bezeichnen. Bezüglich Philosophie sind ihre begrifflichen Anstrengungen sinnlos.

Grüße an alle, die zwischen Philosophie (Weisheit) und (Erfahrungs)Wissen unterscheiden.

solida


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Siena am 24. Jan. 2006, 13:18 Uhr
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Guten Tag jonnyW!

Ja, das mit dem Heidegger ist eine (schlimme!?) Sache. Vieles ist fragwürdig - vielleicht sein gesamtes Denken - eine Konstruktion ins Leere - habe ich an anderer Stelle gesagt.

Eberhard hat anfangs eine Frage ausgesprochen: "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?"

In der Freiburger Antrittsvorlesung "Was ist Metaphysik", von 1929, geht es Heidegger um diese Frage. Ob diese Frage sinnlos ist oder nicht, lässt sich hier vielleicht ganz entscheidend ins Bewusstsein heben.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 24. Jan. 2006, 15:27 Uhr
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Hallo allerseits,

Ist die Frage: "Warum gibt es die Welt?" es wert, dass man sich um eine Antwort darauf bemüht? Bisher hat noch keiner dazu ja gesagt, oder habe ich etwas übersehen?

Philoschall fragt mich: Was meinst Du mit der Gesamtheit alles Seienden? Meine Antwort: Alles was war und was ist.

Zu Harry: Weder der Hinweis, dass es nicht um die richtige Kantinterpretation geht, noch die Hoffnung, die Philosophie vom Ballast sinnloser Fragen zu befreien, bezog sich kritisch auf Dich.

Mit der Identifizierung von Scheinproblemen und der Befreiung von derart überflüssigem Gepäck will ich nicht die Behandlung irgendwelcher Fragen oder Autoren unterdrücken und das Letzte, was ich im Sinn hätte, wäre eine Philosophie als Erfahrungswissenschaft. Letzteres zu solida.

Allerdings geht es mir um eine Philosophie, die in dem Sinne wissenschaftlich ist, als sie ihre Resultate mit (intersubjektiv) nachvollziehbaren Argumenten begründet.

Wer sich diesem Kriterium nicht stellen will, mag das tun, mag das auch unter dem Dach der Philosophie tun. Jedoch sollte er deutlich zu erkennen geben, dass er keinen wissenschaftlichen Anspruch für seine Weisheiten erhebt. Letzteres zu Joy.

Es grüßt Euch Eberhard.


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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 24. Jan. 2006, 16:19 Uhr
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Eberhard schreibt,

Quote:Wenn ich eine philosophische Frage als "sinnlos" bezeichne, dann bedeutet dies, dass es sich nicht lohnt, nach der Antwort auf diese Frage zu suchen.
......
Wenn hier von sinnlosen Fragen gesprochen wird, dann geht es immer um die Tauglichkeit für die Gewinnung von Erkenntnissen, nicht um mögliche anderweitige Verwendungen dieser Fragen.

Wenn ich einer Frage also ansehe, dass sie mich nicht zu weiterem Erkenntnisgewinn führt, ist sie – für diesen Zweck – sinnlos.
Um zu analysieren, ob die Beantwortung einer Frage zu Erkenntnisgewinn führt ist eine Kategorisierung u.U. hilfreich. Ich hatte damit ja angefangen.

Meine Vorschläge für solche Kategorien wären:
a) unverständliche Fragen (meine enge Auslegung von sinnlos)
b) prinzipiell unbeantwortbare (z.B. Ursache des Univ.)

Dazu kämen dann noch

c) Nicht eindeutige - vielfach interpretierbare Fragen
d) Fragen nach Definitionen oder Klassifikationen

Kategorie C)
Sind meist Fragen, die schwammige Begriffe beinhalten.
Z.B. "Wie erreiche ich wahres Glück?", da sich wahrscheinlich keine zwei Menschen darauf einigen können, was Glück, noch dazu wahres Glück, ist. Ebenso: "Macht das Leben Sinn?". Denn "Sinn" im Kontext dieser Frage ist beliebig subjektiv interpretierbar.

Kategorie D:
Verwechslung von Definitionen mit Wesenheiten:
Wenn ich z.B. Frage: "Was ist Metaphysik?", "Was ist Logik?", "Was ist das Sein?", aber auch "Was ist der Mensch?" dann ist das entweder eine linguistische Frage nach der Wortbedeutung, oder – bei vielen mehrdeutigen Worten – ein Präzisionsversuch um sich mit dem Gesprächspartner abzugleichen. Im Sinne von: "Worüber genau sprechen wir?". Das sind dann auch keine philosophischen Fragen, sondern mehr technische Abstimmungsvorgänge.
Sobald man aber davon ausgeht, daß z.B. das Sein oder die Logik etc. eine Art Wesenheit darstellen, die es zu erforschen gilt, es eine einzige "wahre Logik", "ursprüngliches Sein" gibt, dann verheddere ich mich - siehe Heidegger - in haarsträubenden Unsinn.

Mein Annahme ist jetzt,
a) dass, sobald eine Frage in eine der vier Kategorien fällt, ein Beantwortungsversuch nicht zu Erkenntnisgewinn führen wird.
b) dass es noch weitere Kategorien gibt.
c) dass eine einfache Zuordnung der Fragen zu den Kategorien möglich sein sollte.

Grüße,
hel

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 24. Jan. 2006, 17:09 Uhr
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Hallo allerseits,

ich will die Diskussion noch etwas erweitern.

Meiner Ansicht nach gibt es in der Philosophie auch eine Reihe von Fragen, die so wie sie gestellt werden, keinen Sinn machen.

Dazu gehört z.B. auch die im Philtalk immer wieder mit Leidenschaft geführte Frage, ob irgendein Gegenstand nur dann existiert, wenn ich ihn wahrnehme, oder ob es ihn auch gibt, wenn ich ihn nicht sehe. Dabei wird von der einen Partei behauptet, dass nur das, was ich hier und jetzt wahrnehme existiert.

Meiner Ansicht nach beruht die Frage auf einer nicht gegebenen Voraussetzung und ist insofern falsch gestellt wenn nicht sinnlos.

Die Begründung hierfür lautet: Für jemanden, der die These vertritt, dass nur das hier und jetzt Wahrgenommene existiert, kann es gar keine Gegenstände geben.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel, einen großen quaderförmigen (würfelförmigen) Stein.

Wenn H (für hier und jetzt) sagt: Es gibt den Quader nur, wenn ich ihn wahrnehme, so vergisst H dabei, dass er den Begriff "Quader" gar nicht kennen kann. Denn er hat noch nie einen Quader gesehen, er hat immer nur unterschiedlichste Wahrnehmungen gehabt, je nachdem wie er zum Quader gestanden hat, nah oder weit, vor oder hinter ihm, links oder rechts von ihm, bei Sonnenlicht oder in der Dämmerung. Warum sollte H diese unterschiedlichsten Sinneseindrücke einem bestimmten Objekt zuordnen? Und wie könnte das geschehen?

H kann kann also die Frage: "Ist der Quader auch da, wenn ich ihn nicht wahrnehme?" nicht sinnvoll stellen, weil er dabei einen Begriff benutzt, über den er nicht verfügen könnte, wenn er Recht hätte,

meint Eberhard.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von hel am 24. Jan. 2006, 18:28 Uhr
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on 01/24/06 um 17:29:46, Joy wrote:Es ist doch aber auch leicht einzusehen, dass gerade diese aber ebenso auch jede andere Art von Kategorienbildung jede mögliche Antwort bereits in ihrer Struktur determiniert, nicht wahr?

Ehrlich gesagt kann ich mir unter einer in ihrer Struktur determinierten Antwort nichts vorstellen. Deswegen kann ich auch nicht beurteilen ob das jetzt gut oder schlecht ist. Kannst Du mir ein Beispiel geben?

Quote:....... Nur sollte klar sein, dass dies nichts, gar nichts mit "Philosophie" in ihrem eigentlichen und ursprünglichen Sinne zu tun hat. "Philosophie" fragt doch nicht danach, in welche Kategorie welches Wissen gehört, sondern eher nach der Erkenntnis, was z.B. denn dieses "Wissen an sich" eigentlich ist.

Mit der Kategorisierung soll auch nicht Wissen gesammelt sondern Unsinn vermieden werden. Philosophie ist eine Grenzwissenschaft. Sie befaßt sich mit Themen, in denen keine klaren Methoden und Konzepte zur Lösung der Fragen, und ebensowenig zur Überprüfung der Antworten vorhanden sind. Deswegen sprießt hier ein Wildwuchs von unausgegorenen Theorien, die nur zu einem kleinen Teil schöpferisch und leider zu einem größeren schlicht unsinnig sind. Je früher ich weiß, daß ich mich in einer gedanklichen Sackgasse befinde, desto eher kann ich wieder einen Weg suchen, der mich zu ein bißchen Erkenntnis führt. Und Gedankenfehler, Mehrdeutigkeiten, sowie logische Widersprüche sind nun mal solche Sackgassen, die wir in diesem Thread erkennen wollen.

Quote: Philosophie sucht nach Selbsterkenntnis dessen, was-wirklich-ist und nicht nach Wissen und der Frage, in welche Kategorie es gehört.

Was die Philosophie persönlich tut, weiß ich nicht. Die Philosophen, die mich am meisten beeindruckten, suchten nicht nach intuitiver Erleuchtung, sondern nach rational faßbarer Wahrheit, und haben ihre Gedanken in möglichst einfachen und klaren Sätzen niedergeschrieben. (Darunter auch Bischof Berkeley, dessen Schriften Dich interessieren könnten. Er ist mit streng rationalen Argumenten zu seinem "esse est percipi" gekommen.)

Quote: Wissen kann gelehrt und gelernt werden. Weisheit hingegen kann nicht gelehrt oder vermittelt werden, ......... Erkenntnis, also Weisheit, führt hingegen zur völligen Vernichtung aller Weltbilder, die doch immer nur Gedanken-Konstruktionen sein können.

Da wir uns hier nur über Sprache verständigen können, voneinander lernen wollen, und unsere Konzepte vermitteln, kann deine Weisheit, die sich jeden Konzepts und jeder Logik entzieht und somit auch der Sprache nicht Thema dieser Threads sein.

Quote:Der biblische Rat, sich kein "Bild" zu machen, ist ein sehr weiser aber leider nur sehr wenig beachteter Rat.
.....
"Der Sinn der sich aussprechen läßt, ist nicht der wahre Sinn."
......
Konzeptionelles Wissen ist immer nur zeitlich und bedingt gültig. Weisheit hingegen ist zeitlos und unbedingt.


Was willst Du eigentlich sagen? Hört alle mit diesen blöden Postings auf, sprecht nicht miteinander sondern fangt endlich an zu meditieren!

Grüße,
hel

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Siena am 24. Jan. 2006, 19:13 Uhr
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Guten Abend Joy und die anderen, insbesondere hel!

Der Titel: "Gibt es sinnlose philosophische Fragen?" - und im weiteren die Frage: "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?"

Die Frage kann man unbedacht fragen - so hinfragen - hersagen - wie man so daherredet - also unbedacht reden und in der Form eines herkömmlichen Fragesatzes fragen; so dahergefragt, wird sie blanker Unsinn sein - Logik und Sprachanalyse werden hier immer eine Warntafel errichten; dagegen ist auch nichts zu sagen, denn die "sicheren" Bahnen der Wissenschaftlichkeit sind unverrückbar - die Philosophie, so sagt man, oder wie Eberhard meint, ist zu dem Range einer "intersubjektiven Wissenschaftlichkeit und Überprüfbarkeit" zu bringen.
Allein, das, was hier als Philosophie ausgegeben wird, kann durchaus zu jenem Range erhoben werden, weil es vermutlich niemals das nennt, was zumindest im Ansatz als "prote philosophia" sich offenbart hat.

Die Eingangsfrage kann aber auch derart gefragt werden, dass sie "anschlägt" und in diesem Sinne hereinschlägt - in eine Be-sinnung. Was in dieser Besinnung geschieht - mag das Unlauteste - Stillste sein, was man in sich trägt. Philosophie in diesem Sinne ist auch nicht mitteilbar und es wäre schon das Verkehrteste, sie zu präsentieren - gar hier in diesem Forum. Be-sinnung aber verlangt Mut zum Aushalten im Fragen und Abschied nehmen von schnellen, logischen Erklärungen sowie "intersubjektiven" Ansprüchen.

Wenn aber derartige Fragen - traditionelle Metaphysik - und gar noch nicht "prote philosophia" - nur mehr "technische Abstimmungsvorgänge" bezeichnen, wenn diese nur mehr als Verwechslungen der Definitionen mit Wesenheiten sich ankündigen, dann ist vemutlich wirklich eine grund-legende Verwechslung geschehen, derart, dass man längst den Boden der Philosophie verlassen hat zu Gunsten einer "sicheren - intersubjektiven - Philosphie", die freilich nur mehr den Namen vor sich herträgt - ohne zu wissen woher und warum.

Der Forderung nach "wissenschaftlichem Anspruch" wird niemals das Argument ausgehen. Dieser Forderung aber wird der Zugang in die Eingangsfrage verschlossen bleiben - der Zugang auch zu dem, was seit je her ein Merkmal der wesentlichen Philsophie war: das Fragen können.
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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von louisquinze am 24. Jan. 2006, 20:42 Uhr
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Es ist natürlich überhaupt kein Widerspruch, und schon gar kein logischer, daß es neben der der Gesamtheit kontigenter Seiender nicht eine transzendente Ursache geben müsse. Vielmehr ist dies denknotwendig so! Die Kontingenz der Erfahrungswelt ist völlig unbestreibar, da alle endlichen Seienden sein können oder auch das Gegenteil der Fall sein kann. Das "Große Prinzip" (der Satz vom zureichenden Grunde) ist von Leibniz sehr hervorgehoben worden!

Sinnlos ist, um abzuschließen, vielmehr Ihr positivistisches Sinnkriterium! Denn zu behaupten alle sinnvollen Propositionen seien entweder analytisch oder empirisch verifizierbar ist ja wohl eine metaphysische Aussage (weil keines von beiden).

salut
Lq
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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von louisquinze am 25. Jan. 2006, 23:28 Uhr
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L.S.

Es sollte hier doch um sinnlose philosophische Fragen gehen!

Nun, Wir hatten immerhin dargelegt, daß die klassische Metaphysik sinnvoll ist und eine mögliche Alternative zum in sich reichlich sinnlosen (perspektivlosen) Positivismus bietet. Warum? Weil so Sinnstrukturen oder Sinngestalten möglich werden. Weil so ein über dieses Leben hinausgehendes Fortbestehen der menschlichen Existenz denkbar, und die Hoffnung darauf begründet ist, und weil das Ganze von einer Sinnquelle gespeist wird, die in sich absolut und unendlich ist. Dies alles sind rationale, die menschliche Erfahrung einbeziehende und voll würdigende Gedankengänge. Freilich gehen sie über die bloße Erfahrung spekulativ hinaus.
salut
Lq
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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von louisquinze am 26. Jan. 2006, 20:10 Uhr
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L.S.

@Eberhard
Eine kleine Korrektur ist nötig:
Nicht die Gesamtheit der Seienden, sondern die, der Gesamtheit der in der Erfahrung gegebenen Seienden, fordert, aufgrund ihrer innewohnenden Kontingenz eine transzendente Ursache, meinte ich. Oder: weil eben in unserer Welterfahrung alles sein oder auch nicht sein kann, ist eine letzte Ursache gefordert, welche in sich absolut ist. Diese kann ansich nicht nicht-sein. Wohl aber kann sie ohne die endliche Welt sein.

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Titel: Re: Gibt es sinnlose philosophische Fragen?
Beitrag von Eberhard am 27. Jan. 2006, 22:21 Uhr
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Hallo allerseits,

zwischendurch ein Ausschnitt aus einer Diskussionsrunde der Rubrik "Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie", der die Aktualität unseres Themas unterstreicht:


"Ich stelle mir weiterhin folgende Fragen:
1) Was ist das Nichts?
2) Was ist das Sein?
3) Gibt es zwischen dem Sein und dem Nichts eine Verbindung, d.h. kann Sein zu Nichts und Nichts zu Sein werden?"
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"Zu 1) das Nichts ist nicht "etwas"; das "Nichts" hat keine reale Ausdehnung, ist raumzeitlos und eben deswegen auch ewig (daher auch nothing, no-thing)
zu 2) Sein ist dieses "Nichts" (auch "Leere")
zu 3) Es gibt keine "Verbindung". Sie sind quasi begrifflich ident. Das heißt, da Sein kein "Ding" in Raum und Zeit ist, bezeichne ich es nur mit "Nichts" (no-thing). Du kannst es nicht ergreifen oder fassen, denn Du bist es selbst. Das Greifen oder Fassen ist z.B. damit selbst ident. Es gibt niemanden, der greifen oder fassen kann, sondern Du bist im Greifen das Greifen, im Fassen das Fassen selbst."

So schön kann Philosophie sein,

bemerkt nicht ohne etwas Neid Eberhard.

 


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