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Aus meinen Notizb�chern: Heft XX
Heft XX
Vorbemerkung:
Begonnen am 06/06/1984 Heft 20 *XX-1* *XX-9* *XX-11* W�rde jemand sagen: "Mir geht es nicht um begr�ndete
Antworten", so ist der Argumentation mit ihm der Boden entzogen. *XX-27* *XX-28* Was macht den eigent�mlich zwanglosen Zwang des besseren
Arguments aus? Gegeben ist ein Urteil u
(These, Behauptung, Annahme etc.). für die Richtigkeit von u werden Argumente
(Gr�nde) vorgebracht. Es k�nnten auch gegen u
Argumente vorgebracht werden. Das wären Gr�nde für die Verneinung von u. (Davon
will ich im Folgenden absehen.) Zum anderen muss das Argument a selber richtig sein, um die
Richtigkeit von u begr�nden zu können. Der zwanglose Zwang des Argumentes a
besteht darin, dass jemand u für richtig halten muss, wenn er a für richtig
h�lt. Dies setzt Schlussregeln von a nach u voraus, deren G�ltigkeit gegeben
sein muss. Wenn sich auch hier bei a die Richtigkeit einer Begr�ndung erweisen
soll, so nimmt u jetzt a die Stelle von u ein und der Prozess muss von neuem
beginnen, indem jetzt relevante und richtige Argumente für a gesucht werden.
*XX-35* Wenn man den bildlichen Gehalt des Wortes "Grund" ernst nimmt,
so kann man die Erkenntnis als ein Geb�ude von Sätzen verstehen, wobei ein Satz
gest�tzt wird durch andere zu Grunde liegende S�tze, so wie im Bauwerk ein Stein
jeweils auf anderen Steinen aufruht. Man kann dann immer fragen: Worauf ruhen
die untersten Steine auf? *XX-37* *XX-38* Offenbar sind das keine deduktiven Schritte (man k�nnte sich
jedoch die Wahrnehmung des W�rfels zerlegt denken in die Wahrnehmung elementarer
Ph�nomene, wie Rechteckigkeit, K�rperlichkeit, die Anzahl und Anordnung der
Augen auf den Au�enfl�chen etc., also alles, was zu den definierenden Merkmalen
eines W�rfels geh�ren.) Der übergang vom Satz: "Ich sehe in der blauen Kiste einen
W�rfel" zu dem Satz: "In der blauen Kiste Ist ein W�rfel" ist kein deduktiver
übergang. Hinzukommen muss wohl noch eine Annahme über das "Beobachten", etwa:
"In den allermeisten F�llen ist die Welt so, wie ich sie sehe." Der Schluss wäre
dann wohl eine Art statistischer Schluss (in der Grundstruktur wohl auch
deduktiv, oder?) Nach dem Muster: " Alles Gesehene ist wirklich" und "Der W�rfel
wird von mir gesehen" Das ergibt: "Der W�rfel existiert wirklich". (1) "Ich sehe in der blauen Kiste einen W�rfel" Indem ich den Satz (1a) der Kritik unterziehe, vergeht
notwendigerweise Zeit, d.h., ich muss auf Erinnerungen bzw. Aufzeichnungen
zur�ckgreifen, die ihrerseits in anderer Art und Weise fehlerhaft sein können.
Aber das Erinnerungsproblem k�nnte durch die Formulierung in der grammatischen
Gegenwartsform ausgeschaltet werden. Gegenüber der sprachlichen Formulierung von
Sinneseindr�cken kann es - die Beherrschung der verwendeten Sprache einmal
vorausgesetzt und Aufzeichnungsprobleme ausgeklammert, -
keinen Irrtum geben. Die Forderung nach einer weiteren Begr�ndung
derartiger S�tze ist insofern fehl am Platze. Wichtig ist, dass in der Wiedergabe der Sinneseindr�cke keine
versteckten empirischen Annahmen enthalten sind,
sondern eine
Beschr�nkung auf die wahrgenommenen Ph�nomene erfolgt. (Ist das immer
durchf�hrbar?) Man darf also zum Beispiel nicht sagen: "Ich sehe eine Frau",
wenn man eine Person sieht mit Rock, langen Locken und bartlosem Gesicht. Hier
wäre eine versteckte empirische Annahme enthalten. Das ginge nur, wenn der
Begriff "Frau" durch diese Merkmale definiert wäre. (Zu der Problematik siehe
Russell: Nach Ayer kann man nachtr�glich doch die Richtigkeit einer Wiedergabe
von Sinneseindr�cken bezweifeln.
"Das Problem des Wissens" �The Problem of Knowledge. Er meint wohl, dass man
sich hinsichtlich der eigenen Ernsthaftigkeit bzw. Wahrhaftigkeit bei der
Wiedergabe der Sinneseindr�cke t�uschen kann.) (Schema weggelassen) *XX-75* Allerdings w�rde der Gl�ubige traditionelle Christ sagen: "Im
Jenseits wirst Du Gott gegenüberstehen", womit mir die Existenz Gottes durch
Erfahrung bewiesen wäre. Dies w�rde dann einen Unterschied machen. (Allerdings
wäre die Voraussetzung. "Nach dem Tode wird deine Seele weiterleben" wohl kaum
zu begr�nden sein.) *XX-76* *XX-77* *XX-85* Ein anderes Beispiel wären Entscheidungen als Teilnehmer eines
Spiels, etwa eines Schachspiels. Ich frage mich z. B.:" Soll ich meinen Bauern
nach G-7 ziehen?" Das sind gewisserma�en die hundertprozentigen
Geltungsanspr�che. Es gibt jedoch auch abgeschw�chte Geltungsanspr�che: Beispiel: Auf der Stra�e bettelt mich jemand um Geld an. Ich
lehne ab und bin von der Richtigkeit meiner Entscheidung überzeugt. Dann habe
ich es freiwillig getan. *XX-96* Formulierungen zur Argumentation: *XX-97* *XX-98* *XX-106* Wenn etwas wahr ist,
Den folgenden Text aus meinen Notizb�chern habe ich eigentlich nicht für die Ver�ffentlichung sondern für mich selber geschrieben, um meine
eigenen Gedanken festzuhalten und zu klären. Sie haben deshalb einen vorl�ufigen
Charakter, insbesondere was die benutzte Terminologie betrifft. Trotz z. T.
grundlegender überarbeitung sind diese Notizen auch in der Formulierung holpriger als
andere Texte der Ethik-Werkstatt. Es sind m. E. darin jedoch Gedanken enthalten, die
für die Entwicklung einer normativen Theorie der kollektiven Entscheidung und
für die Ethik allgemein von Interesse sein können. Wo ich heute anderer Ansicht
bin als damals, habe ich dies manchmal in eckigen Klammern hinzugef�gt und
begr�ndet.
Alle Beispiele gegen den Utilitarismus, bei
denen eine Verletzung bestehender Normsetzungsverfahren vorkommt (Versprechen
brechen, Unschuldige bestrafen, etc.), werfen die Frage nach dem Verhältnis von
inhaltlicher Richtigkeit und institutioneller Verbindlichkeit von Normen auf.
Der extreme Utilitarist (zum Beispiel SMART) sagt: Es muss immer so gehandelt
werden, dass der Gesamtnutzen maximiert wird, gleichg�ltig welche Norm durch das
institutionalisierte Verfahren gesetzt wurde. Die inhaltliche Richtigkeit
(Nutzenmaximierung) ist für ihn allein ma�gebend.
Das Normsetzungsverfahren
und dessen Entscheidung m�ssen nach SMART nur indirekt ber�cksichtigt werden. Zum
einen, weil seine Anwendung in der Regel bzw. im Gro�en und Ganzen unter dem
Gesichtspunkt des Gesamtinteresses besser ist als irgendein anderes
Normsetzungsverfahren, und zum andern, weil das Normsetzungsverfahren dadurch,
dass es missachtet wird (und dies �ffentlich gerechtfertigt wird), in seiner
Anerkennung gef�hrdet wird. Der extreme Utilitarist wird also die sch�dlichen
Folgen für eine im allgemeinen n�tzliche Institution abw�gen m�ssen gegen die
Vorteile, die im konkreten Einzelfall durch ein Handeln entgegen der gesetzten
Norm entstehen.
*XX-2*
Nehmen wir das Beispiel von BRANDT (aus: "Credible Form of
Utilitarianism" ) Er argumentiert: "Ich verspreche einem Jungen 5 Mark, wenn er
meinen Rasen m�ht. Nachdem es getan ist, frage ich mich, ob ich ihm wirklich das
Geld geben soll, oder ob es unter dem Gesichtspunkt des Gesamtinteresses nicht
besser wäre, das Geld anderweitig zu verwenden. (Ich tue es und spende Notleidenden.)
Ein derartiges Verhalten wäre gleich unter
mehreren Gesichtspunkten problematisch. Zum einen setze ich mit meinen
moralischen überlegungen erst dort ein, wo der Rasen bereits gem�ht ist. D.h.
ich nehme die Institution 'Versprechen' in ihrer motivierenden Wirkung in
Anspruch,
obwohl sie zu Ergebnissen f�hrt, die vom Gesichtspunkt des Gesamtnutzens nicht
zu billigen sind. Als konsequenter Utilitarist m�sste ich dann jedoch fragen, ob
nicht der Anwendungsbereich der Institution "Versprechen" entsprechend
eingeschr�nkt werden m�sste. Das Verhältnis beider Ebenen wird jedoch gar nicht
problematisiert.
Offenbar handelt es sich hier nicht um einen Sonderfall
der Institution "Versprechen", der ausnahmsweise zu schlechten Ergebnissen
f�hrt, sondern um ein ganz normales Beispiel. Au�erdem muss die Frage gestellt
werden, ob ich ein derartiges Verhalten nur in diesem speziellen Fall
praktiziere,
sondern ob ich bereit bin, diese Ma�st�be an mein gesamtes Verhalten anzulegen,
d.h. ich m�sste zum Beispiel jede Mark in meinem Besitz in ihrer Verwendung den
gleichen Prinzipien der Verwendung unterwerfen und sie spenden. Ja, ich m�sste
Geld im Besitz anderer in entsprechender Weise versuchen zu verteilen, sofern
die gleichen Argumente wie bei den versprochenen 5 Mark Anwendung finden".
*XX-3*
Universalisierbarkeit: Wenn ich utilitaristisch argumentiere, muss
ich es immer tun und nicht nur in ausgesuchten F�llen. Ein weiteres Problem
besteht darin, dass ich hier auf Kosten anderer moralisch bin.
*XX-4*
Bei normativen, insbesondere moralischen
Fragen kommt im normalen Bewusstsein automatisch ein intersubjektives Moment
hinzu, das sich in der sprachlichen Wendung ausdr�ckt, dass "man sein Handeln zu
verantworten hat". Selbst wenn man etwas nur vor sich selber verantwortet, so
ist man dann doch innerlich im Dialog (mit seinem Gewissen, seinen besseren
Selbst etc.).
*XX-5*
Wenn man eine Aussage als �wahr� bezeichnet, so empfiehlt man die übernahme
entsprechenden überzeugung: "Du sollst diese Aussage für wahr halten". Aber dies
ist wohl kein moralisches "Sollen" im Sinne einer Verpflichtung, sondern ein
Ratschlag, ein Gebot der Klugheit.
*XX-6*
Der Utilitarismus ist keine Theorie, die der
Moralit�t des individuellen Handels entspricht. Das kann man leicht zeigen:
Ma�stab der Beurteilung des Handelns ist für den Utilitarismus, inwieweit das
betreffende Handeln den Gesamtnutzen maximiert. In F�llen, in denen durch ein
Handeln nur der Nutzen des Handelnden selber betroffen ist, ist das
utilitaristisch geforderte Handeln dasjenige, das den Nutzen des Handelnden
selber und damit zugleich den Gesamtnutzen maximiert. Aber es entspricht nicht
dem normalen Sprachgebrauch, eine Forderung nach Maximierung des eigenen Nutzens
als "moralische Forderung" zu bezeichnen. Nur bei der R�cksichtnahme auf fremde
Interessen spricht man von einer "moralischen" Forderung.
*XX-7*
Wenn ein Eigent�mer über sein Eigentum eigenn�tzig verf�gt, anstatt damit das
Gesamtinteresse zu fürdern, so macht man ihm deswegen gewähnlich keinen Vorwurf.
Ein konsequenter Utilitarist m�sste das jedoch tun, wenn er das Nutzenprinzip
unmittelbar auf das individuelle Handeln anwenden will.
*XX-8*
für die Handlungsnormierung sind die normsetzenden Institutionen
(Eigentum, Versprechen etc.) sehr viel wichtiger als die Normen der
individuellen Moral, die einen eher sekund�r korrigierenden Effekt haben. Ein
Beispiel ist die wohlt�tige Spendent�tigkeit der Reichen. Dadurch werden die durch
die
Eigentumsordnung und das Steuersystem normierten Verf�gungsrechte etwas korrigiert.
Normen wie: "Gib dir M�he!" oder "Versuche dein
Bestes zu geben!" lassen sich in ihrer Befolgung sozial kaum kontrollieren. Sie
sind deshalb untauglich, vorhandene aber ungenutzte
Leistungskapazit�ten zu mobilisieren.
Deshalb ist die Leistungsmotivation ein
zentrales Element jeder Wirtschaftsordnung und jedes Normensystems.
Wenn man
jedoch nur isolierte individuelle Handlungen betrachtet und dafür eine
übergeordnete Norm sucht, so ignoriert man gewähnlich das Motivationsproblem und
tut so, als w�rde die gefundenen Norm immer auch befolgt. Aber um die
bestm�gliche Handlung zu finden, muss man die Grenze der Leistungsf�higkeit des
Betreffenden kennen. Nur dann k�nnte man ihm ein bestimmtes Handeln (als
zugleich m�glich und nutzenmaximal) vorschreiben. Da man aber die St�rke der
Leistungsmotivation gewähnlich nicht
kennt, muss man an ihn appellieren, sein Bestes zu geben, oder ich muss ihn
durch eigenn�tzige Anreize zur Leistung motivieren.
*XX-10*
Die normsetzenden Institutionen m�gen für das Handeln gewichtiger
sein als individuelle Handlungsnormen. Doch beides lässt sich nicht trennen,
denn die Normsetzungsverfahren ben�tigen für ihr Funktionieren ebenfalls
individuelle Moralit�t, vor allem, wenn es um die Befolgung gesetzter Normen
geht. Normen wie: "Versprechen soll man halten!", "Fremdes Eigentum soll man
respektieren". Diese Normen sind für die normsetzenden Institutionen
(Versprechen, Eigentum) konstitutiv.
Die Wahrheit zu sagen und ehrlich zu sein, ist
nicht notwendig eine konstitutive Norm für ein Normsetzungsverfahren. Allerdings
ist die Wahrheitsfindung oft ein Teilproblem der verschiedenen
Normsetzungsverfahren. Dass die Beteiligten richtige Annahmen über die
Wirklichkeit besitzen, ist zum Beispiel beim Tausch, bei der Abstimmung oder bei
der Bestrafung vorauszusetzen, wenn sie sinnvoll sein sollen. Die Ehrlichkeit
ist in bestimmten Ma�en für das erw�nschte Funktionieren dieser Institutionen
notwendig. Die Wahrheit zu sagen wird dann zur Pflicht gemacht.
*XX-12*
Wenn ein Kritiker der Konsenstheorie sagt: "Lasst uns pr�fen, ob die
vorgeschlagene Norm für uns annehmbar ist", so k�nnte man ihm entgegnen: "Wenn
du so formulierst, dann geht es doch auch dir um die allgemeine Zwang freie
Zustimmung."
Dagegen k�nnte der Kritiker einwenden, dass der Intersubjektivit�tsaspekt für
seine Argumentation nicht wesentlich sei. Dies sei eher so zu verstehen, dass er
laut monologisierend die verschiedenen Behauptungen und Einw�nde für sich pr�fe.
Aber muss er nicht unterstellen, dass sein Gedankengang gleichzeitig von anderen
geteilt werden kann?
*XX-13*
Wenn ich eine Behauptung (als wahr) kennzeichne, so
erhebe ich damit (implizit) den Anspruch, dass andere mir zustimmen. Wenn sie
mir widersprechen, ist meine Behauptung infrage gestellt. Wenn ich meine
Behauptung aufrechterhalten will, so muss ich (vern�nftigerweise) die Einw�nde
gegen die Norm entkr�ften. Dies kann ich tun, indem ich sie entweder bestreite
und gleichzeitig etwas gegen sie einwende. oder indem ich sie als "vielleicht
richtig, aber in Bezug auf meine Behauptung nicht entscheidend" hinstelle.
*XX-14*
Das Argument von TUGENDHAT
gegen die Konsenstheorie lautet etwa so: "Die
Konsensf�higkeit kann nicht das Kriterium der Wahrheit sein. Da nicht der
faktische Konsens z�hlen soll, sondern nur der 'vern�nftige' Konsens, der auf
Argumenten beruht, so kann man auf die Idee des Konsens auch verzichten: Die
Wahrheit wird durch die korrekte Begr�ndung erreicht und diese Begr�ndung kann
auch einer allein für sich vollziehen."
TUGENDHAT: "Dass verschiedene
Personen,
wenn sie so einen (empirischen E.W.) Satz begr�nden, zu einer übereinstimmung
kommen, beruht einfach darauf, dass sie alle dieselben Begr�ndungsregeln
anwenden � Das Begr�ndungskriterium von empirischen AussageSätzen ist in den
Verifikationsregeln enthalten, die ihre Bedeutung ausmachen." Er meint, dass die
intersubjektive übereinstimmung die Folge und nicht das Kriterium des
begr�ndet-Seins einer Aussage ist. ("Drei Vorlesungen" Seite 115 � 116)
TUGENDHAT kommt zu dem Ergebnis, "dass die Konsensustheorie als eine allgemeine
Begr�ndungstheorie unannehmbar ist."
Nach Tugendhats Ansicht f�hrt die Anwendung derselben
Begr�ndungsregeln zum Konsens (in empirischen Fragen). Zu zeigen wäre gegen
TUGENDHAT, dass der Konsens kein beil�ufiges Ergebnis der Begr�ndung ist, auf
das man auch verzichten kann, sondern dass die Begr�ndungsregeln bereits mit
dem Ziel konstruiert sind, einen Konsens herbeizuf�hren. Dies l��t sich wohl
am besten dort aufzeigen, wo eine Begr�ndung bzw. eine Begr�ndungsregel strittig ist
und wo Begr�ndungen ausgeschlossen werden, eben weil sie zu keinem
nachvollziehbaren Konsens f�hren können und weil sich nicht jeder selber davon
überzeugen kann. Ein geeignetes Beispiel sind vielleicht Behauptungen in Bezug
auf "übernatürliche" M�chte und deren Begr�ndungen
(Marienerscheinungen etc.).
*XX-15*
Die Normsetzungsverfahren sind ihrerseits durch
individuelle Verhaltensnormen gesch�tzt, die vom Individuum die Befolgung der
gesetzten Normen, also die Respektierung des Normsetzungsverfahrens verlangen:
"Du sollst Versprechen (bzw. Vertr�ge) halten", "Du sollst nicht stehlen", "Du
sollst die Gesetze deines Landes befolgen", "Du sollst dem Vorgesetzten
gehorchen" etc.. Diese Normen liegen auf einer anderen Ebene als die konkreten
inhaltlichen Normen.
*XX-16*
Lassen sich alle Normen in Normen von der
allgemeinen Form: "In der Situation S soll das Individuum A die Handlung H tun"
übersetzen? Was ist mit Normen, die Normsetzungsverfahren einsetzen? Was ist mit
Verboten und Erlaubnissen?
In die Situationsbeschreibung S gehen nicht nur
quasi natürliche Bedingungen ein, sondern auch soziale Umst�nde wie das
In-Kraft-sein bestimmter rechtlicher oder konventioneller Normen.
*XX-17*
Wenn man zum Gegenstand normativer Theoriebildung die Antworten auf
Fragen derallgemeinen Form: "Was soll ich tun?" nimmt, so geht man damit weit
über den Bereich der Ethik hinaus. Denn diese Frage stellt man sich auch in
Situationen, wo sich das Eigeninteresse ungehindert entfalten darf. So fragt
sich etwa der Wanderer im Wald: "Welchen Weg soll ich w�hlen?" Aber um
Handlungsanleitungen im eigenen Interesse soll es ja nicht gehen � oder? (Das
Problem stellt sich nicht bei Normen, die relativ zu vorgegebenen Zwecken sind).
*XX-18*
Liegt es im Sinne von Wahrheitsanspr�chen, dass sie im Prinzip argumentativ
einl�sbar sein m�ssen? Wenn es keine Gr�nde gibt, die mich zur Erkenntnis des
Behaupteten f�hren können, so bleibt nur der pure Glaubensakt, eine Diskussion
wäre sinnlos. Wahrheiten, die für mich im Prinzip nicht erkennbar sind, sind für
mich buchst�blich "indiskutabel". Ein Satz mag wahr sein, ohne dass wir es
begr�nden können oder auch nur vermuten, aber wenn ich beanspruche bzw.
behaupte, dass er wahr ist, muss ich dafür Gr�nde haben, sonst bin
ich unvern�nftig.
*XX-19*
In den Geschichten vom Till Eulenspiegel
gibt es eine, wo er nach Prag (?) kommt und �ffentlich anschlagen lässt, dass er
Fragen beantworten kann, die andere Gelehrte nicht beantworten können. Die
aufgebrachten Gelehrten der Universit�t wollen dies nicht auf sich sitzen lassen
und laden ihn zu einer Pr�fung seines Wissens ein. Der Rektor pers�nlich stellt
ihm dann ausgesucht schwierige Fragen wie: "Wie viel Liter Wasser ist in den
Meeren aller Welt?" Oder "Wie gro� ist der Himmel?" Auf die letztere Frage zum
Beispiel antwortete Eulenspiegel: "300 Klafter lang und 200 Klafter breit" (oder
so ähnlich).
Der Trick ist, dass die Gelehrten die Antworten nicht widerlegen
können und deshalb Eulenspiegel nichts anhaben können. An diesem Beispiel wird
deutlich, dass der blo�e Wahrheitsanspruch, wie ihn Eulenspiegel im Scherz
erhebt, v�llig unbrauchbar ist, wenn man diesen Wahrheitsanspruch nicht für
andere nachvollziehbar begr�ndet.
*XX-20*
Wenn man auf eine Frage die
"richtige" Antwort sucht und jemand gibt eine Antwort, so n�tzt das einem gar
nicht nichts, wenn man nicht wei�, (bzw. mit gewissem Recht vermuten kann), dass
es sich um die richtige Antwort handelt. Wenn jemand
eine Antwort sagt und er hat zuf�llig recht, so handelt es sich nicht um
"Wissen" im �blichen Sinne.
Die M�glichkeit, allein durch
Argumente einen allgemeinen Konsens über eine Behauptung herbeizuf�hren, kann
nicht Kriterium der G�ltigkeit (Wahrheit) der Behauptung sein. Denn in
bestimmten Bereichen, in denen es bisher kein gesichertes Wissen gibt, mag
jemand irgendeine Antwort nennen, die zuf�llig die richtige ist (wie sich
allerdings erst sp�ter herausstellt). Aber gegenw�rtig gibt es noch keine
Argumente für die Behauptung (und auch keine dagegen). Folglich kann sich
darüber auch kein Konsens ergeben. Trotzdem ist die Antwort bereits heute
richtig, auch wenn man es heute noch nicht wei�, dass sie richtig ist.
Die
Konsequenz daraus ist, dass man die Begriffe �Wahrheit�� Begr�ndbarkeit� bzw.
�Wissen� trennt, nur �Wissen� wäre an die argumentative Konsensf�higkeit
gebunden. (Oder man interpretiert die idealen Bedingungen, unter denen der
Konsens tats�chlich eintreten muss, so weit, dass man das gesamte Wissen als
verf�gbar annimmt.)
*XX�21*
Es geht um die wissenschaftliche (rationale, vern�nftige)
Beantwortung normativer Fragen. Damit ist erstens gemeint, dass nach Antworten
gesucht wird, die eine allgemeine G�ltigkeit besitzen, die also für jeden und zu
jeder Zeit richtig sind. wäre das nicht so und ginge es nur um Antworten, die
eine subjektive, partikulare Geltung beanspruchten, so k�nnte es keinen
sinnvollen Streit um die richtige Antwort geben, denn für den einen bes��e die
eine Antwort, für den anderen die andere Antwort Geltung. Der Konflikt um das,
was sein soll, wäre rational nicht aufl�sbar.
*XX-22*
Aber k�nnte es
nicht tats�chlich so sein? Ist eine Position, die das annimmt, von vornherein
indiskutabel? Eine solche Position w�rde die Zielstellung nicht teilen,
vielleicht mit der Begr�ndung, dass es die richtige Antwort auf normative Fragen
nicht geben kann. Aber dann muss die Undurchf�hrbarkeit der Aufgabe begr�ndet
werden. Dazu m�sste man sich jedoch erst einmal auf die Aufgabe einlassen.
Deshalb scheidet eine solche Position zumindest hier am Anfang aus. Sie k�nnte
h�chstens das Resultat eines gescheiterten Versuchs sein, wenn sie begr�ndet
sein will.
*XX-23*
Mit der Zielstellung einer wissenschaftlichen
Beantwortung normativer Fragen ist weiterhin gemeint, dass der Anspruch auf
Geltung für jedermann nachvollziehbar begr�ndbar sein muss. Eine Antwort, für
die nur der blo�e Anspruch auf Richtigkeit erhoben wird -
ohne diesen Anspruch irgendwie zu
begr�nden,
mag zuf�llig richtig sein, aber sie ist als pure Behauptung wissenschaftlich
wertlos, da man nicht wei�, ob sie richtig ist. Pure Behauptungen sind
indiskutabel, es sei denn, es werden Gr�nde oder Gegengr�nde angef�hrt.
(K�nnte man dann nicht gleich sagen: "Es geht um die begr�ndete Beantwortung
normativer Fragen"? Aber darin w�rde wohl das Element der Allgemeinheit fehlen:
Mein eigenes Interesse k�nnte vielleicht ein Grund für mich sein, einer
bestimmten Behauptung zuzustimmen, aber für den einen oder anderen wird das
nicht gelten. Mein Interesse stellt für ihn kein Kriterium dar.)
Wollte
jemand daraufhini sagen: "Mir geht es nicht um universal begr�ndete Antworten",
so wäre der Argumentation mit ihm ebenfalls der Boden entzogen in Bezug auf all
jene, die ausgegrenzt werden. Denn zwischen partikularen Geltungsanspr�chen ist
ein argumentativer Streit sinnlos.
Ein Grund für oder gegen eine Behauptung
(bzw. gegen deren allgemeine Geltung) ist dabei etwas, das jedermann zwanglos
zur Zustimmung bzw. Ablehnung des Behaupteten bewegen kann.
*XX-24*
Gr�nde richten sich an das freie Urteilsverm�gen, das über die
überzeugungen hinsichtlich wahr und falsch befindet. Gr�nde m�ssen insofern frei
von Drohungen sein. Wenn jemand sagt: "Wer nicht glaubt, dass Jesus Christus
Gottes Sohn ist, der endet in der Verdammnis", so ist dies kein Argument für die
Behauptung, dass Jesus Gottes Sohn ist, obwohl es vielleicht ein Motiv zur auf
Annahme des Christentums darstellen soll und faktisch auch gewesen sein mag.
(Drohungen können keine Gr�nde darstellen, weil man nicht etwas gezwungenerma�en
für richtig halten kann. (Es sei "gezwungen"
durch den Zwang der besseren Argumente.) Man mag seine überzeugung hinsichtlich
wahr und falsch mittels T�uschung oder Selbstt�uschung bilden und ver�ndern,
niemals jedoch unter dem bewussten Einfluss von Gewalt. Au�erdem besteht
zwischen beiden Sätzen keine logische Beziehung. (Eine Argumentation mit
Drohungen hie� traditionell wohl "argumentum ad baculum".)
*XX-25*
Die Ank�ndigung einer Sanktion kann kein Argument für die Richtigkeit
einer normativen Antwort sein, obwohl sie ein Motiv darstellen kann,
entsprechend dieser normativen Antwort zu handeln. Drohungen ver�ndern die
Situation für den Handelnden, sie greifen in die Situation ein, w�hrend
Argumente diese Situation bzw. den Satz, der sich auf sie bezieht, beurteilen.
*XX-26*
Argumente m�ssen sachbezogen sein. Im Alltag findet sich bei
Diskussionen oft der Vorwurf der Unsachlichkeit, etwa wenn nicht die These
selbst angegriffen wird sondern die Person bzw. das Motiv dessen, der die These
vertritt.
Wer über die Wahrheit einer Behauptung entscheiden
will ohne Begr�ndung, der ist irrational.
Wenn "Wahrheit" " Wahrheit für alle" ist, muss die
Begr�ndung eines Wahrheitsanspruchs auch eine Begr�ndung für alle sein. Dann
kann aber nur das als eine Begr�ndung für andere gelten, was auch für mich eine
Begr�ndung ist. Damit scheiden T�uschungen, Drohungen, Verlockungen als
Bestandteil von Begr�ndungen aus.
*XX-29*
Gr�nde richten sich an das
freie Urteilsverm�gen, die Vernunft. Was ist damit gemeint?
*XX-30*
Das Wort "Grund" hat verschiedene Bedeutungen auch im
Sinne von Begr�ndung. Man spricht von Begr�ndung bei Handlungen und bei Urteilen
(bzw. Behauptungen). Man sagt etwa: "Welche Gr�nde gibt es, dies Auto zu
kaufen?" Aber auch: "Welche Gr�nde gibt es für die Annahme x?" Wenn ich nach den
Gr�nden suche, die für den Kauf eines bestimmten Autos sprechen, so frage ich
nicht wie ein empirischer Psychologe nach den Motiven, die ich tats�chlich habe.
Wenn ich irrt�mlicherweise annehme, ein bestimmtes Auto sei besonders sparsam im
Kraftstoffverbrauch, und wenn ich zugleich diese Eigenschaft hoch bewerte, so
erkl�rt meine irrige Annahme kausal meine Kaufentscheidung, ohne dass damit ein
Grund für den Kauf gegeben wäre, im Gegenteil. Eine irref�hrende Werbung mag ein
Motiv zu kaufen erzeugen, kann aber keinen Grund dafür darstellen. Gr�nde m�ssen
den Kauf des Autos rechtfertigen, ihn nicht nur urs�chlich erklären.
*XX-31*
Welchen Unterschied gibt es zwischen Gr�nden,
die Handlungen rechtfertigen
und Gr�nden,
die Annahmen (Behauptungen, überzeugungen) rechtfertigen? In beiden F�llen geht
es um die Rechtfertigung einer Entscheidung, sei es für eine Handlung, sei es
für eine Annahme. Man kann die Begr�ndung einer Handlung wohl auch immer
umformen in die Begr�ndung einer Behauptung: Statt zu sagen: "Welche Gr�nde gibt
es für Person K, das Auto X zu kaufen?" k�nnte man sagen: "Welche Gr�nde gibt es
für die Behauptung Person K sollte Auto X kaufen"? Inhaltlich macht das wohl
keinen Unterschied (?) Wenn das stimmt, dann k�nnten Gr�nde verstanden werden
als Rechtfertigung für die Bejahung bzw. Verneinung von Annahmen bzw.
Behauptungen.
*XX-32*
Die Begr�ndung eines Urteils (als "richtig") ist
in dem Ma�e gelungen, wie sie uns zwangfrei und t�uschungsfrei überzeugt.
*XX-33*
*XX-34*
Damit ein Argument a die
These u st�tzen kann, muss es zum einen für die Richtigkeit von u relevant sein.
D.h. aus dem Argument a muss allein oder in Verbindung mit weiteren Argumenten
die These u deduktiv hervorgehen. Wobei dies "hervorgehen" mehr oder weniger
zwingend sein kann, von der logischen Deduktion bis hin zur Erh�hung der
Wahrscheinlichkeit von u. (Das wäre noch n�her zu klären.)
Ergibt sich damit notwendigerweise ein infiniter Regress der Begr�ndung? Das
wäre problematisch, denn damit wäre jegliche Begr�ndung undurchf�hrbar. Im
Alltag reichen gewähnlich ähnliche Begr�ndungen aus, d.h. bestimmte S�tze werden
als richtig akzeptiert, ohne dass dies durch weitere Argumente begr�ndet wird.
(evident)
Auch im Bild kann es einen letzten Grund nicht
geben, denn auch unter den Fundamenten und Grundmauern muss etwas sein, das
wiederum diese tr�gt. Eine gelungene Begr�ndung setzt voraus, dass man die verwendeten
Argumente und Schlussweisen zusammengenommen für weniger zweifelhaft h�lt als
die zu begr�ndende These.
Die S�tze haben für uns einen unterschiedlichen
Grad an Gewissheit. Wir können uns der Wahrheit bestimmter S�tze sicherer sein
als der Wahrheit anderer S�tze. (Man spricht zum Beispiel von "felsenfesten
überzeugungen" und von "vagen Vermutungen". Es gibt eine Vielzahl von
sprachlichen M�glichkeiten, um den Grad an Gewissheit verschiedener Annahmen
auszudr�cken. Man muss allerdings faktische und berechtigte Gewissheit
unterscheiden.)
*XX-36*
Die Gr�nde für das Festhalten an bestimmten
Annahmen liegen nicht nur in anderen Sätzen, sondern auch in den Verfahren ihrer
Erzeugung. Ein Beispiel. Man zeigt mir eine rote und eine blaue Kiste. Ich soll
sagen, in welcher Kiste ein W�rfel liegt, ohne
in die Kisten hineinsehen zu d�rfen.
Wenn ich einfach rate, wo der W�rfel
liegt, so bin ich mir dieses Satzes nicht sicher, auch wenn ich richtig geraten
habe. Wenn ich wei�, dass der W�rfel nach einem festgelegten Muster in die
beiden Kisten verteilt wird, so bin ich mir meiner Annahme sicherer. Noch
sicherer wäre ich, wenn ich die Kiste dabei �ffnen d�rfte, obwohl es auch
hierbei noch Fehlerquellen geben mag. (Beleuchtung, Entfernung zum Gegenstand,
Sehfehler, Halluzinationen, Tr�ume, Sehfehler, optische T�uschungen u. a.m.)
Solche Fehlerquellen k�nnten durch Hochnehmen, Umdrehen, Bewegen des W�rfels
weiter vermindert werden, obwohl nun andere Probleme (Erinnerungsfehler etc.)
entstehen können.
Im Alltag ist es wohl so, dass man so lange von der
Richtigkeit einer Annahmen ausgeht, wie es keine Gegengr�nde gibt, solange sich
zum Beispiel der W�rfel in der Kiste so verh�lt, wie ich es von einem W�rfel
erwarte.
Wo bricht im Falle einer unmittelbaren Beschreibung
des Gesehenen ("Der W�rfel liegt in der blauen Kiste") die Begr�ndung ab, was
sind die notwendigen Zwischenschritte?
Die
ersten Gr�nde für die These: "In der blauen Kiste ist ein W�rfel" lauten also:
(2) "Die
Welt ist so, wie ich sie sehe, ausgenommen unter den Bedingungen A, B, C�" �
wobei mit diesen Bedingungen Traumzust�nde, Rauschzust�nde, Wahnzust�nde,
optische T�uschungen etc. gemeint sind.
Die Frage ist, ob diese zwei S�tze
noch einer weiteren Begr�ndung f�hig und/oder bed�rftig sind.
Der Satz
(1) ist insofern einer weiteren Begr�ndung f�hig, als der W�rfel und die Kiste
in elementare Merkmale zerlegt werden können.
*XX-39*
Um diesem Problem zu
entgehen, hier ein anderes Beispiel.
(1a) "Ich sehe jetzt auf der wei�en
Holzplatte vor mir einen schwarzen Kreis".
Kann man sich selber
hinsichtlich eines solchen Satzes irren? Auf jeden Fall kann ein solcher Satz
bewusst falsch sein, gelogen sein, oder willk�rlich daher gesagt sein. Aber kann
sich jemand, dem es um Wahrheit geht, hinsichtlich seiner eigenen
Sinneseindr�cke irren?
Eine Voraussetzung des Ganzen ist natürlich, dass ich die verwendete
Sprache beherrsche und folglich meine Sinneseindr�cke sprachlich richtig
wiedergeben. D.h. auch, dass ich nicht versehentlich ein falsches Wort w�hle,
zum Beispiel "Ring" statt "Kreis".
Wenn jemand bei den Bedeutungen nicht
konsistent ist, also keine bestimmte Sprache spricht, lässt sich die Frage der
Wahrheit von Sätzen gar nicht beantworten, denn S�tze können nur bezogen auf
eine bestimmte Sprache wahr oder falsch sein.
*XX-40*
Sprachf�hig kann wohl nur jemand sein, der
zwischen bestimmten Erregungszust�nden des für optische Eindr�cke zust�ndigen
Gehirnbereichs und bestimmten Begriffen und Sätzen eine stabile Verbindung
herstellen kann. Das setzt unter anderem die Erinnerung an vergangene
gleichartige Sinneseindr�cke voraus, die wiedererkannt werden. Frage: Wie kann
ich selber meine eigene Sprachf�higkeit erkennen? Wie kann ich die
Sprachf�higkeit eines anderen feststellen?
*XX-41*
Probleme können
natürlich entstehen, wo die korrekte Anwendung der Sprache prinzipiell schwierig
ist, etwa wenn man eine rote Farbe allm�hlich immer mehr ins Gelbe übergehen
lässt, und wo es in Grenzbereichen keine exakte Abgrenzung zwischen den
Farbt�nen orange und rot gibt, weil die Unterschiede nicht merklich sind.
*XX-42*
Wie ist es mit der Begr�ndung von Satz 2: "Die
Welt ist so, wie ich sie sehe, ausgenommen unter den Bedingungen A, B, C?".
*XX-43*
Wenn ich Behauptungen zu begr�nden versuche, wende ich mich an die
überzeugung des Adressaten. Von etwas überzeugt sein kann man nur als frei
Urteilender, niemals gezwungenerma�en. Was jemand aus überzeugung tut, das tut
er freiwillig.
Davon zu unterscheiden ist das Handeln unter Zwang oder
Sanktionsdrohung. Gr�nde, die auf die überzeugung einwirken, d�rfen keine
Sanktionsdrohungen beinhalten.
*XX-44*
Die Bezeichnung "Grund" ist deutlicher als die
Bezeichnung "Argument". Angenommen, jemand ist unschl�ssig, ob er den Fernseher
der Firma X oder den Fernseher der Firma Y kaufen soll. Nun sagt der Verk�ufer von X: "Wenn Sie bei
mir kaufen, gebe ich Ihnen 20 % Preisnachlass." Hierbei handelt es sich nicht um
ein Argument in der Entscheidung zwischen einem gegebenen Paar von
Handlungsalternativen sondern es handelt sich um eine Ver�nderung der
Alternativen. (Man sagt h�chstens ironisch: "Das ist ein Argument, das sich
h�ren lässt").
*XX-45*
Andererseits sagt ein Kunde ohne Probleme: "Der Grund
für meine Entscheidung für das Fernsehger�t der Firma A war der versprochene
Preisnachlass". Wobei "Grund" hier im Sinne von "motivierendes Merkmal"
gebraucht wird.
Die �u�erung des Verk�ufers wäre allerdings dann ein Argument, wenn dieser nur
auf eine bereits bestehende Eigenschaft des Kaufangebots hinweisen w�rde.
*XX-46*
Argumente sind selber Erkenntnisse. Wer argumentieren will, muss
sich in seiner Einflussnahme auf den anderen auf die Mittel der Erkenntnis
beschr�nken.
Im obigen Fall ging es um eine Entscheidung, bei der es
richtig war, sich nur vom Eigeninteresse leiten zu lassen. Das Eigeninteresse
wird jedoch durch Sanktionsandrohungen ver�ndert.
Anders ist es bei
moralischen Entscheidungsproblemen. Hier ist es ganz offensichtlich, dass
Sanktionen zwar motivieren können, eine bestimmte Handlungsalternative zu
w�hlen, dass sie aber v�llig irrelevant sind bei der Frage, welches die
moralisch richtige Alternative ist. (Jedoch: Sanktionsdrohungen ver�ndern auch
hier die Situation. Sie sind insofern nicht irrelevant und m�ssen ber�cksichtigt
werden. Sie stellen jedoch keine zus�tzlichen Argumente für die moralische
Beurteilung der urspr�nglichen Situation dar
*XX-47*
"Von etwas überzeugt sein" bedeutet "etwas für wahr
halten". Ich kann nicht gezwungenerma�en von etwas überzeugt sein (au�er im
Falle von Gehirnw�sche). Ich kann ebenso wenig gezwungenerma�en etwas für wahr
halten. Wenn
man die T�tigkeit des für-wahr-Haltens als "Urteilen" bezeichnet, dann kann man
sich das Urteilen nur als frei von Sanktionsdrohungen denken. (Die tats�chliche sprachliche
�u�erung des Urteils muss natürlich keineswegs frei von Sanktionsdrohung
sein.)
Wenn man die "ehrliche überzeugung" eines Menschen h�ren will, muss
man deshalb versuchen, eine m�glichst sanktionsfreie Atmosph�re zu schaffen. Ein
Katholik, für den bei der Beurteilung der Darwinschen Abstammungslehre eine
Rolle spielt, dass diese Lehre von der katholischen Kirche auf den Index gesetzt
wurde, sucht nicht nach Wahrheit. Die Angst vor dem Begehen einer S�nde mag ihn
davon abhalten, die Darwinsche Abstammungslehre als wahr anzuerkennen, aber
insofern bildet diese S�ndenangst nur ein Motiv aber kein Argument.
*XX-48*
Auf Fragen der allgemeinen Art: "Wie soll jemand in
der Situation S handeln?" werden Antworten gesucht, nicht beliebige, sondern
"richtige" (oder g�ltige, wahre). Was ist hier mit �richtig� gemeint? Was macht
es denn für einen Unterschied, ob eine Antwort richtig ist oder falsch ist?
Warum suchen wir überhaupt nach richtigen Antworten?
Wenn eine Antwort
richtig ist,
dann sind wir berechtigt daran festzuhalten,
dann sind alle berechtigt, daran festzuhalten,
dann d�rfen wir diese Antwort
zu unserer bleibenden überzeugung machen,
dann kann es keinen wirklichen
Grund geben, diese Antwort wieder fallen zu lassen oder zu revidieren.
Die
Vorteile derartiger überzeugungen liegen auf der Hand:
gemeinsame und dauerhafte überzeugungen erm�glichen gemeinsames
konfliktfreies und erfolgreiches Handeln (n�her ausf�hren!)
*XX-49*
Wahrheit überzeugt mit Gewissheit. (?)
Wenn eine Antwort wahr ist,
darf
ich an ihr festhalten.
Dann muss ich sogar an ihr festhalten.
*XX-50*
Man kann nicht sagen: "Diese Antwort ist zwar wahr, aber ich bin davon nicht
überzeugt.
Zugleich halte ich sie nicht für wahr."
*XX-51*
Wie kann
ich sicher sein, dass eine Antwort wahr ist? Wenn ich der Wahrheit nicht sicher
bin, dann kann ich auch meiner überzeugungen nicht sicher sein.
Angenommen,
eine Antwort ist wahr, ich bin mir ihrer Wahrheit jedoch nicht gewiss. Dann kann
es zwar nicht "objektiv", jedoch "subjektiv" für mich einen Grund (= einen
vermeintlichen Grund) geben, diese Antwort zu revidieren.
Diese beiden
Ebenen sauber voneinander trennen, aber auch ihre Verbindung genau
herausarbeiten.
*XX-52*
Wahrheit bewirkt Gewissheit. Aber das Problem ist, der
Wahrheit sicher zu sein. Hier spielen die Gr�nde eine Rolle. Aber bei
Begr�ndungen gibt es wohl nicht nur die Alternativen "begr�ndet" und
"widerlegt", so wie "wahr" oder "falsch", sondern es gibt eine breite Skala
unterschiedlicher Grade von Begr�ndetsein.
*XX-53*
Die Gr�nde kann man
unterscheiden nach Gr�nden �pro� und Gr�nden �contra�, die betreffende Antwort,
nach der Gewichtigkeit der Gr�nde, sowie nach der Anzahl der Gr�nde.
Gewichtigkeit und Anzahl kann man vielleicht zusammenfassen. Dann ergibt sich
folgendes Schema:
*XX-54*
Zur Terminologie: Den
Gegenbegriff zu "begr�ndet" gibt es wohl nicht. "Widerlegt" ist zu stark, es ist
eigentlich wohl der Gegenbegriff zu "bewiesen" (vielleicht "ersch�ttert". Das
ist in Bezug auf Thesen gebr�uchlich).
*XX-55*
Was ist mit Antworten,
die prinzipiell keiner Begr�ndung und keiner Widerlegung f�hig sind? Das wird ja
für bestimmte religi�se Aussagen in Anspruch genommen. Sie entziehen sich damit
der argumentativen Kritik, sind "indiskutabel".
Kann man für solche
Behauptungen Wahrheit beanspruchen? Das wären Wahrheiten, für die es kein
Kriterium geben kann. Das hei�t aber doch, solche Behauptungen machen keinen
Unterschied, ob sie nun wahr oder falsch sind. Insofern können sie einem wohl
gleichg�ltig sein. (Zumindest bei positiven Aussagen wird das deutlich.)
Daneben gibt es Behauptungen, deren Begr�ndbarkeit bzw. Widerlegbarkeit in
unterschiedlichem Ma�e eingeschr�nkt ist. So wäre eine Behauptung über ein
Weiterleben nach dem Tode im Prinzip dann für mich erfahrbar, wenn ich gestorben
bin � vorausgesetzt es gibt dies Weiterleben, eingeschr�nkt auf die
Begr�ndbarkeit von Aussagen über die R�ckseite des Mondes vor der Entwicklung
der Raumfahrt.
*XX-56*
Was ist mit Wahrheiten, deren Begr�ndung bzw. Widerlegung ich
selber nicht direkt nachvollziehen kann, so dass ich mich auf das Urteil anderer
berufen muss?
Mein Grund ist dann nicht inhaltlicher Art, sondern formaler Art. Bestimmte
Instanzen besitzen in diesen Fragen für mich Kompetenz und Autorit�t. Ich
orientiere meine überzeugungen an Ihnen. Wahrscheinlich ist dieser Fall h�ufiger
als man denkt.
*XX-57*
Sprachlich h�ngt "Wahrheit" wohl auch mit
"zeitlicher Dauer" zusammen. Man sagt: "sich bew�hren", "etwas bewahren", es
"w�hrte" zu lange etc.
*XX-58*
Was macht den Zwang logischer Argumente
aus? Beim "Beweis" einer Behauptung B durch die Argumente A1 bis An sieht es so
aus, dass ich die G�ltigkeit der A1 bis An anerkenne. Die Behauptung B wird dann
deduktiv aus A1 bis An abgeleitet. In diesem Fall muss ich auch die G�ltigkeit
von B anerkennen, denn die Bedeutung von B ist in den Argumenten A1 bis An
enthalten. Wollte ich die G�ltigkeit von A1 bis An anerkennen und zugleich die
G�ltigkeit von B bestreiten,
so beginge
ich damit einen logischen Widerspruch. Der "Zwang" der logischen Argumentation
beruht also auf zweierlei: einmal meiner eigenen Anerkennung der Argumente A1
bis An und zum andern auf dem (methodologischen) Gebot zur Vermeidung von
logischen Widerspr�chen. Wie lässt sich das Gebot der Widerspruchsfreiheit
seinerseits begr�nden?
*XX-59*
Warum kann man nicht mit Gewalt von der
Wahrheit einer Behauptung überzeugt werden? Warum setzt das für-wahr-halten die
Freiheit der Entscheidung voraus? In Bezug auf Wahrheit z�hlen nur Argumente.
*XX-60*
Immer scharf unterscheiden zwischen vermeintlichen Gr�nden und
wirklichen Gr�nden für eine überzeugung.
*XX-61*
Wenn über die
Wahrheit von Behauptungen mit Gewalt entschieden werden k�nnte, dann w�rde die
Wahrheit menschlicher Willk�r unterliegen.
*XX-62*
Man spricht von
"lieb gewordenen Vorstellungen", von denen man sich schwer trennt: Vorurteile.
*XX-63*
Einmal durchspielen, was wäre, wenn man zum Zwecke sozialer Koordination auf
das Konzept einer zwanglos einsehbaren Wahrheit verzichten w�rde und stattdessen
ein gesetztes Dogma als verpflichtend für das Denken und Handeln machen w�rde?
lässt sich die Frage: "Ist denn das Dogma wahr?" eliminieren? Oder m�sste
man den Begriff der "Wahrheit" neu erfinden?
*XX-64*
Wenn ich für die
Behauptung T argumentiere, dann bringe ich Behauptungen vor, aus denen T
hervorgeht. Nehmen wir die Behauptung: "Der W�rfel ist in der blauen Kiste".
Mein Argument dafür lautet: "Ich sehe in der Kiste einen blauen W�rfel".
Manchmal gibt man jedoch auch ein �Argument�, das gar keine Behauptung
darstellt. Man sagt etwa gegenüber dem Zweifelnden: "überzeug dich doch mit
deinen eigenen Augen davon!" oder "Du kannst dich mit deinen eigenen Augen davon
überzeugen."
Das ist eher die Aufforderung an den anderen, ein bestimmtes Verfahren der
Erkenntnisgewinnung zu praktizieren. Allerdings unterstellt man dabei
unausgesprochen bereits das positive Resultat dieses Verfahrens: "überzeuge dich
doch mit deinen eigenen Augen davon und Du wirst sehen, dass der W�rfel in der
blauen Kiste ist." Das Letztere (" Du wirst sehen, dass der W�rfel in der blauen
Kiste ist")
ist eine Behauptung ähnlich der Behauptung: "Ich habe gesehen, dass der W�rfel
in der Kiste ist".
*XX-65*
Warum benutzt man die
subjektfreie Formulierung: "In der Kiste ist ein W�rfel" anstatt zu sagen: "Ich
sehe in der Kiste einen W�rfel"? W�rde man sich auf subjektbezogene
Formulierungen beschr�nken, so g�be es keinen logischen Widerspruch zu dem Satz:
"Ich sehe in der Kiste keinen W�rfel." Trotzdem k�nnten die Handlungen nicht
koordiniert werden. Die subjektfreien Formulierungen, die die M�glichkeit des
Widerspruchs enthalten, sind insofern sensibel für intersubjektive St�rungen und
Konflikte.
*XX-66*
Was meint man eigentlich, wenn man sagt, dass man eine Behauptung
"begr�ndet"? K�nnte man stattdessen sagen: Man begr�ndet, warum die Behauptung
zu bejahen (zu akzeptieren, anzuerkennen) ist? Macht das einen Unterschied?
*XX-67*
"Wenn eine These richtig (wahr) ist, dann sollte jeder diese These
für wahr halten, dann sollte jeder davon überzeugt sein."
Aber kann man das
so sagen? Das für-wahr-halten kann doch nur verlangt werden, wenn der
Behauptende Gr�nde dafür hat. (Darin steckt wohl eine Art Autonomie-Forderung:
"Der vern�nftige Mensch tut das, was er begr�nden kann").
*XX-68*
Konsensf�higkeit
Das Kriterium der Wahrheit von Normen war, dass jeder der
Norm allein aufgrund von Argumenten zustimmen können muss. Dagegen k�nnte jemand
sagen: ""Warum kann sich denn nicht jeder auf den Standpunkt meines Interesses
stellen? Er kann es, also ist ein allgemeiner Konsens m�glich."
Dagegen k�nnte man sagen: "Aber welchen Grund habe ich dafür, mich auf den Standpunkt
eines fremden Eigeninteresses zu stellen?" Es geht also nicht um "konsensf�hig"
im Sinne der blo�en physischen M�glichkeit zuzustimmen, sondern es geht um die
die M�glichkeit eines begr�ndeten Konsenses.
Wenn der andere dies akzeptiert
und sagt: "Der Grund dafür, sich auf den Standpunkt meines Interesses zu
stellen, ist einfach der, dass ich derjenige bin." Aber kann der blo�e Hinweis
auf die eigene numerische Identit�t ein Grund sein? Jeder andere k�nnte ja die
gleichen Argumente vorbringen. Kann dieser Hinweis noch ein Grund sein, ihn
besonders zu behandeln? (Siehe dazu auch Marcus Singer).
*XX-69*
Worin
besteht der Grund für die Zustimmung zum Prinzip der solidarischen
Interessenber�cksichtigung? Wieso können wir hier alle begr�ndet zustimmen?
Wieso können dies alle begr�ndet wollen?
*XX-70*
Was macht man, wenn
man Argumente "erw�gt"? Man bezieht sich kritisch pr�fend auf die fragliche
These. Man fragt: "Ist das Argument �richtig� (stichhaltig)?" Und man fragt:
"Ist das Argument, sofern es richtig ist, relevant für die fragliche These? Und
man fragt:
"Wie stark ist die Begr�ndung, die das Argument für die fragliche These bildet?"
Hier spielen logische Pr�fungen eine wichtige Rolle. Vor allem muss ein
vollst�ndiger Argumentationsgang von den Pr�missen zur These konstruiert werden.
Eine einzelne Behauptung ist meist auf zus�tzliche Annahmen angewiesen ist, um
überhaupt relevant für die fragliche These zu sein.
*XX-71*
Frage:
Inwiefern gibt es subjektive Beliebigkeit in der Anerkennung bzw. Ablehnung von
Argumenten? Wie lassen sich ihrerseits Standards für die Bewertung von
Begr�ndungen begr�nden? Bezugspunkt m�ssen immer die notwendigen Voraussetzungen
vern�nftiger Argumentation sein. Ohne die Frage: "Ist die These richtig?" wird
die These sinnlos.
*XX-72*
Impliziert der Satz: "These T ist wahr" den
Satz: "Die These T ist im Prinzip begr�ndbar"? Es muss hei�en "im Prinzip", denn
aktuelle Begr�ndbarkeit kann nicht gemeint sein. Das wäre nicht sinnvoll. Denn
man mag eine richtige Vermutung haben (rein gef�hlsm��ig), ohne dass man sie
hier und jetzt begr�nden kann. Die Vermutung erweist sich im Nachhinein als
richtig. D.h., sie war schon richtig, als ich sie noch nicht begr�nden konnte.
Aber muss
eine wahre These im Prinzip begr�ndbar sein? "Begr�ndbar" bedeutet hier
"allgemein begr�ndbar". Was "im Prinzip" hier bedeutet, wäre noch zu klären,
wahrscheinlich so etwas wie: "unter idealen Erkenntnisbedingungen".
Wie ist
das bei positiven Thesen? Ist es sinnvoll zu sagen: "Diese These ist wahr, aber
sie ist prinzipiell unbegr�ndbar?" Offenbar nicht, denn dann hat der Sprecher ja
auch keinen Grund, die These für wahr zu halten. Aber es ist sinnvoll zu sagen:
"Diese These ist m�glicherweise wahr, aber sie ist für immer unbegr�ndbar." Das
wäre etwa der Fall bei einer These über fr�hgeschichtlicher Ereignisse (z. B.
die These, dass ein bestimmter �gyptischer Pharao an Herzversagen gestorben
ist), bei der jede Art von Quellen fehlt um die These begr�nden zu können. Solch
eine These ist unbegr�ndet und muss es wohl auch bleiben, aber sie wäre unter
idealen Erkenntnisbedingungen � etwa wenn es Protokolle der �rzte geben w�rde
-
begr�ndbar.
*XX-73*
Was ist mit der These: "Person A hat zum Zeitpunkt T
Kopfschmerzen gehabt"? Ist diese These im Prinzip allgemein begr�ndbar? Man
k�nnte Person A fragen und wenn sie �ja� sagt, so gilt das als ein Grund für die
These T, vorausgesetzt, dass A zugleich glaubw�rdig und erinnerungsf�hig ist.
Wie wird hier der Begriff "Grund" gebraucht? Die Begr�ndung m�sste vollst�ndig
etwa folgenderma�en lauten:
1. Person A sagt, dass sie zum Zeitpunkt T
Kopfschmerzen gehabt hat.
2. Person A verf�gt in solchen Dingen gewähnlich
über ein gutes Erinnerungsverm�gen.
3. Person A ist in Bezug auf derartige
�u�erungen in der Regel ehrlich." Oder besser:
3.a In der Regel sind die
Empfindungen von Person A so, wie A sie beschreibt.
Daraus folgt: "Die
These: �Person A hat zum Zeitpunkt T Kopfschmerzen gehabt� ist sehr
wahrscheinlich richtig".
*XX-74*
Wie ist es mit einem "metaphysischen" Satz über
"übernatürliche Ph�nomene"? Etwa: "Wer (gegen Gottes Gebot versto�en hat und)
eine Tods�nde begangen hat, kommt nach seinem Tod in die H�lle."
Hier werden
Gr�nde für die These genannt, etwa:
1."Dies steht in der Bibel".
2. "Die
Bibel ist Gottes Wort." Und
3. "Gott sagt die Wahrheit."
Hier wird
mancher die Argumente 2. und 3. nicht als richtig akzeptieren. Von prinzipieller
Unbegr�ndbarkeit kann man hier wohl nicht sprechen.
Wie ist
es mit dem Satz: "Es gibt Gott den Herrn." Fragt man nach einer Begr�ndung
hierfür, so wird gesagt: "Man kann
die Existenz Gottes mit unserer unvollkommenen menschlichen Vernunft weder
beweisen noch widerlegen. Man kann sie nur im Glauben erfassen."
Ist es sinnvoll zu sagen: "Das mag wahr sein,
obwohl es prinzipiell nicht begr�ndbar ist"? Etwa mit Kierkegaard: Credo quia
absurdum? Zu sagen: "Diese These ist wahr aber prinzipiell nicht begr�ndbar"
hei�t ja so viel wie: "Diese These ist wahr, aber man kann niemals wissen, ob
sie wahr ist." Man k�nnte dann sagen (zumindest bei positiven Thesen): "Wenn es
keinen Unterschied für mich macht, ob die These wahr ist oder nicht, so ist die
These für mich einfach nichtssagend und irrelevant."
Festzuhalten bleibt: Wer etwas Unbegr�ndetes
behauptet, ist unvern�nftig. Also: Wer sagt: "Dies ist wahr aber unbegr�ndet
(oder gar unbegr�ndbar), der ist unvern�nftig."
Es geht nicht darum, darüber zu streiten, was der
eigentliche oder �bliche Sinne von "Wahrheit" und "Begr�ndung" ist. Solche
Streitereien sind gewähnlich unergiebig. Stattdessen geht es darum, angelehnt an
eine bereits bestehende Praxis, solche Konzeptionen von "Wahrheit" und
"Begr�ndung" zu entwickeln, die eine methodische und vern�nftige Behandlung
normativer Streitfragen erm�glichen. (Zentrales Postulat scheint
"Vern�nftigkeit" zu sein.)
*XX-78*
Wenn etwas wahr sein k�nnte, ohne
dass es für mich begr�ndbar wäre, ohne dass ich es einsehen k�nnte, so bliebe
der Wahrheitsanspruch ein reiner Appell zu glauben. Und insofern verlangt wird,
dass ich diese mir unzug�ngliche Wahrheit meinem Handeln zu Grunde legen, wäre
es eine reine Forderung zu gehorchen.
Mit einer Wahrheit, die nicht
einzusehen ist, ist aber wenig gedient. Was unterscheidet eine solche "Wahrheit"
noch von gesetztem Dogma?
*XX-79*
Popper hat aus der
Erfahrungswissenschaft solche Theorien ausgeschlossen, die gegen Falsifizierung
immunisiert sind. K�nnte man analog sagen, dass Theorien "unwissenschaftlich"
sind, die gegen Einw�nde immunisiert sind und sich prinzipiell der Widerlegung
bzw. Kritik entziehen?
*XX-80*
Wir suchen nach richtigen Antworten.
Dazu geh�rt jedoch auch die Begr�ndung, denn ohne Begr�ndung können wir ja nicht
wissen, ob die Antwort richtig ist bzw. wie gro� die entsprechende
Wahrscheinlichkeit dafür ist.
*XX-81*
K�nnte man eine Theorie des Werts (bzw. des
Allgemeinwohls, des Gesamtinteresses etc.) entwickeln, ohne daraus bereits
Konsequenzen für das Handeln zu ziehen; also ohne normative Konsequenzen? Eine
Theorie des Allgemeinen Willens),
ohne die
Frage zu stellen, ob wir auch sollen, was wir wollen, bzw. was das Beste für uns
ist.
*XX-82*
Ein Mann (T) wird erschossen aufgefunden. Es
gibt nur einen einzigen Augenzeugen (A), der angibt, er habe gesehen, wie T sich
eine Pistole an die Schl�fe setzte und dann abdr�ckte. Es geht um die
Behauptung: "T hat Selbstmord begangen." Die Begr�ndung für die Behauptung
lautet: "Zeuge A sagt aus, dass er den Selbstmord von T mit eigenen Augen
gesehen hat."
In dieser Situation ist die Frage, ob die Behauptung über
den Selbstmord wahr ist, für den Augenzeugen A anders gelagert als für alle
anderen Personen, etwa den Richter. A wei� besser als der Richter, ob er bei
seiner Aussage ehrlich ist. Zu wissen: "Ich habe es mit meinen eigenen Augen
gesehen" hat eine st�rkere überzeugungskraft als zu wissen: "A sagt, dass er es
gesehen hat." Im letzteren Fall muss ich zus�tzlich eine Annahme über die
Ehrlichkeit des Zeugen A machen bzw. über seine F�higkeit, derartige Dinge
zuverl�ssig zu erinnern.
*XX-83*
Sprachliches: "Etwas nicht wahrhaben
wollen" , das bedeutet: "für Gr�nde in Bezug auf eine bestimmte These nicht
empf�nglich zu sein".
*XX-84*
Angenommen, man w�rde auf das Konzept der
wissenschaftlichen Wahrheit im Sinne von allgemeiner Begr�ndbarkeit verzichten:
Es g�be stattdessen nur die orthodoxe Lehre. Die orthodoxe Lehre hat mit der
Wahrheit gemeinsam, dass jeder aufgefordert ist, sie zu seiner überzeugung zu
machen und seinem Handeln zu Grunde zu legen.
Man k�nnte dadurch eine
gewisse soziale Koordination erreichen. Aber Probleme w�rden dort entstehen, wo
Fragen auftauchen, auf die die orthodoxe Lehre keine Antwort gibt, sei es, dass
die Frage zu detailliert ist oder sei es, dass die Frage ganz neu auftaucht. Um
dies zu vermeiden, ist eine Instanz erforderlich, die die orthodoxe Lehre
st�ndig entsprechend erg�nzt.
Der entscheidende Unterschied ist wohl
der, dass die orthodoxe Lehre von den Menschen Gehorsam verlangen muss, w�hrend
eine wissenschaftliche Wahrheit ihre Geltung auf einsichtige Gr�nde st�tzt und -
wo sie das nicht kann - auf den Wahrheits- und Geltungsanspruch entsprechend
verzichtet und die Frage offenlässt.
Am Beispiel mit dem einzigen Augenzeugen lässt sich
zeigen, dass es Grenzen gibt, jenseits derer es nicht sinnvoll ist, weitere
Begr�ndung zu verlangen. Der einzige Augenzeuge hat gute Gr�nde für seine
überzeugung, dass der Mann Selbstmord begangen hat
. Aber diese
Gr�nde sind nicht dieselben bzw. sie haben nicht dieselbe überzeugungskraft wie
für einen Dritten, B. Was sind genau die Gr�nde?
Die These ist: "A hat
Selbstmord begangen." Die Hauptbegr�ndung hierfür lautet: "A hat gesehen, dass C
Selbstmord begangen hat". Dieser Satz ist für A selber in seiner Wahrheit viel
weniger zweifelhaft als für irgendein anderes Individuum. Ob ich einen
bestimmten Vorgang gesehen habe oder nicht, wei� ich selber am besten.
Handelt es sich angesichts dieser Asymmetrie noch um eine Begr�ndung für alle,
oder hat B hier einen privilegierten Zugang zur Wahrheit? Die Privilegierung des
einzigen Augenzeugen hinsichtlich der Wahrheit ist jedoch nicht die
Privilegierung bestimmter Personen. Sie liegt in der Natur der Sache: Das
Blickfeld jedes Menschen ist r�umlich begrenzt. Folglich sieht der eine
Ausschnitte der Wirklichkeit, die der andere nicht sieht.
Trotzdem ist es
sinnvoll, dass sie sich um die Konstruktion einer einzigen, gemeinsamen Welt
bem�hen. Der Bericht des Augenzeugen kann auf seine Glaubw�rdigkeit hin gepr�ft
werden, was in der Gerichtspraxis st�ndig passiert.
*XX-86*
Wollte
jemand den Standpunkt einnehmen, dass für ihn nur existiert, was er selber
gesehen hat, so wäre dieser Standpunkt wohl kaum durchzuhalten.
Angesichts
der vielen Vorg�nge, bei denen man selber nicht anwesend war, ist es witzlos zu
sagen: "Ich glaube nur das, was ich mit eigenen Augen gesehen habe," denn das
ist nicht m�glich bei einmaligen Vorg�ngen aus der Vergangenheit. Zu verlangen,
dass jeder alles mit eigenen Augen sieht, bevor er es glaubt, scheint unsinnig.
Denn es gibt Gr�nde für die Annahme, dass auch ich das, was der andere gesehen
hat, gesehen h�tte, wenn ich zum gleichen Zeitpunkt dort gewesen wäre. Insofern
wäre es falsch, auf die Augenzeugenberichte als Informationsquelle zu
verzichten. Misstrauen gegenüber Zeugenberichten ist sicherlich oft angebracht,
aber man kann den Grad des Misstrauens auch begr�nden. Er wir von Fall zu Fall
variieren.
*XX-87*
Was hei�t es, dass man seine überzeugungen zur
Grundlage des eigenen Handelns macht? Es ist ja nicht so, dass man sich
definitiv für bestimmte Annahmen entscheiden muss und die anderen m�glichen
Annahmen v�llig ausgeblendet werden. Stattdessen spielt der Grad der überzeugung
eine gro�e Rolle. Wo gro�e Werte auf dem Spiel stehen und man sich des n�tigen
Wissens nicht sicher ist, wird man versuchen, so zu handeln, dass dabei auch die
weniger wahrscheinlichen Annahmen ber�cksichtigt werden.
*XX-88*
Beispiel: Jemand ist krank. Der Arzt ist sich seiner Diagnose nicht
ganz sicher: es ist wahrscheinlich die Krankheit A, aber es k�nnte auch die
Krankheit B sein. Als Behandlungsformen stehen zur Wahl das Medikament x, das
gegen A die besten Wirkungen hat aber im Falle der Krankheit B katastrophal wäre
und das Medikament y, das gegen A wirkt, wenn auch weniger gut als x, das aber
im Falle von B keinen Schaden anrichtet. In diesem Fall w�rde man zum Medikament
y greifen m�ssen, obwohl bei Vorliegen von A das Medikament x besser wäre. Das
zugrunde gelegte System von überzeugungen muss also keineswegs eindeutig sein,
sondern es kann mit Wahrscheinlichkeiten versehene Alternativen beinhalten.
*XX-89*
Ich muss nichts anderes voraussetzen als das, was ich
voraussetzen muss, um sinnvoll diesen wissenschaftlichen Text zu schreiben: dass
es dem Leser um überzeugung durch Argumente geht, also um Wahrheitssuche durch
Argumentation.
*XX-90*
Wenn jemand
für eine These Wahrheit beansprucht, muss die These begr�ndbar sein, denn sonst
w�rde er die These ja ohne Grund für wahr halten. Zu sagen: "Ich halte diese
These ohne Grund für wahr" disqualifiziert ihn als wissenschaftlichen
Diskussionspartner (hinsichtlich dieser Thesen).
*XX-91*
Gr�nde sind
Rechtfertigungen des für-wahr-haltens bestimmter Behauptungen.
*XX-92*
Wenn ich das Problem der Normenbegr�ndung in die allgemeine Frage kleide:
"Welche Handlung h soll Person P in der Situation S tun?", so scheine ich auf
den ersten Blick die Fragestellung zu sehr auszuweiten. Zum Beispiel sind darin
dann auch rein auf das Eigeninteresse bezogene Entscheidungen eingeschlossen,
etwa die triviale Frage, ob man sp�t abends im Fernsehen noch einen
interessanten Film ansehen soll oder ob man besser fr�hzeitig schlafen gehen
soll. Was
soll die Normenbegr�ndung dort, wo das Eigeninteresse gefragt ist? (Indirekt
liegt hier auch eine normative Vorentscheidung zu Grunde. Denn man kann fragen:
Darf man diese Frage allein vom Eigeninteresse her entscheiden?)
Was soll die Normenbegr�ndung? Geht es allein darum, das
Spiel zu gewinnen? Aber man kann auch hier fragen: "Darf ich meine Handlungen
allein vom Ziel des Spielgewinns bestimmen lassen?" In der Regel sicherlich,
aber wie ist es, wenn man gegen seine Tochter spielt, die noch Anf�ngerin ist
und die durch st�ndige Niederlagen entmutigt w�rde? Auch hier bedarf es einer
normativen Vorentscheidung, auch wenn diese h�ufig trivial ist.
*XX-93*
Wie formuliert man Geltungsanspr�che für S�tze ?
Einmal die sprachlichen
Varianten durchgehend:
"Ich versichere dir, dass �
"Du kannst mir
glauben, dass �
"Es stimmt, dass �
"Es ist richtig, dass �
"Es ist
wahr, dass �
u. a. m.
es
ist h�chstwahrscheinlich, dass �
es ist anzunehmen, dass �.
es ist kaum
zu bezweifeln, dass �.
Oft kleiden sich Geltungsanspr�che auch in Mitteilungen
bzw. Informationen über die eigene überzeugung
"Ich bin überzeugt davon, dass
�
"Ich meine, dass �
Es gibt auch abgelehnte Geltungsanspr�che:
"Ich bezweifle, dass er noch kommt"
usw. .
*XX-94*
Die meisten
dieser Formulierung sind jedoch nur auf positive S�tze anwendbar.
Wie ist die Formulierung bei normativen
Sätzen? Was ist hier mit dem Geltungsanspruch gemeint?
Man fordert, dass
etwas geglaubt bzw. für wahr gehalten wird, man fordert die Zustimmung zu einem
Satz oder die Bejahung eines Satzes, - und
zwar von jedem beliebigen Diskussionsteilnehmer. Und das, wovon man überzeugt
ist, nimmt man zur Grundlage des eigenen Handelns. Es bedarf dazu gewähnlich
keines zus�tzlichen Motivs. Handeln aus überzeugung wird abgegrenzt gegen
Handeln unter Druck (Drohung, Zwang).
Nun sei der Fall abgewandelt dahingehend, dass
der Bettelnde dabei ein Messer in der Hand h�lt, das auf mich bedrohlich wirkt.
Ich befürchte, dass er mich verletzen k�nnte, wenn ich ihm nichts gebe und ich
gebe ihm Geld, um meine Gesundheit und mein Leben zu sch�tzen.
Habe ich jetzt entgegen meiner überzeugung gehandelt? Halte ich mein Handeln
jetzt nicht mehr für richtig? Ich w�rde doch in einer ähnlichen Situation wieder
so handeln. Entscheidend ist, dass durch die Drohung mit dem Messer die
Situation ver�ndert wurde: Ich habe etwas getan, was ich eigentlich nicht für
richtig halte, was aber unter den ver�nderten Umst�nden (Auftauchen einer
Drohung) richtig war. Ich habe dem Bettelnden Geld gegeben, angesichts der
Drohung. Wenn man sagt: "Jeder legt seine überzeugungen seinem Handeln zu
Grunde", so ergeben sich bei positiven überzeugungen (hinsichtlich der
Beschaffenheit der Welt) wohl kaum Probleme.
Auch wenn ich l�ge, lege
ich doch meine überzeugung zu Grunde.
Beispiel: Es fragt mich etwa jemand
nach dem Aufenthaltsort meines Freundes. Ich wei�, dass der Fragende meinem
Freund etwas Sch�dliches antun will. Ich wei� au�erdem, dass sich mein Freund in
meiner Wohnung befindet. Wenn ich jetzt l�ge und sage:
"Mein
Freund ist gestern abgereist", so lege ich auch als L�gner noch die Wahrheit
zugrunde, dass mein Freund sich bei mir befindet, denn ich will nicht, dass der
Fragende ihn dort findet und schicke ihn deshalb in die Irre
*XX-95*
Sprachliches zu "behaupten":
Man sagt: "Darauf
kannst Du dich verlassen", wenn es um Voraussagen des eigenen Handelns geht. Man
"beteuert" etwas.
positiv: begr�nden,
beweisen, den Regeln, best�tigen, behaupten, erweisen, überzeugen, ein Argument
vorbringen, argumentieren, ein Argument akzeptieren, einsichtig machen,
untermauern,...
Negative Formulierungen zur Argumentation: bestreiten,
widerlegen, einwenden, einen Einwand vorbringen, ein Argument entkr�ften, ein
Argument zur�ckweisen, kritisieren, die besseren (schlechteren) Argumente
haben,�
S�tze, die man für wahr h�lt, macht man zur
Grundlage des eigenen Handelns. Warum? Ist das analytisch wahr oder ist es eine
psychologische Regelm��igkeit?
Bei Normen tritt das Problem auf, dass man von der
Richtigkeit einer Norm überzeugt sein kann, aber dass man in einem "schwachen
Moment" doch anders handelt. Hier ist der psychologische Zusammenhang zwischen
überzeugung und Handeln schw�cher. In ähnlicher Weise gibt es das Problem auch
beim langfristigen Eigeninteresse, das man kennen kann und das man doch zu
Gunsten kurzfristiger Vorteile verletzen kann: "Verf�hrung des Augenblicks".
*XX-99*
Damit man die Normen, von deren Richtigkeit man
überzeugt ist, zur Grundlage des eigenen Handelns macht, bedarf es offenbar
h�ufig nicht nur der "vern�nftigen Einsicht" als Motivationsquelle sondern
zus�tzlicher Motive durch Lohn-Strafe-Arrangements oder ähnliches.
*XX-100*
Offenbar ist die Beziehung zwischen normativer
überzeugung und Handeln nicht so zwingend. Allerdings bleibt es dabei, dass man
von einem allgemeinen, vern�nftigen Standpunkt aus gem�� der eigenen normativen
überzeugung handeln sollte. Das ergibt sich aus der Bedeutung des
für-wahr-Haltens. (Auch bei faktischen überzeugungen gibt es Probleme der
Umsetzung ins Handeln: beim
"vergessen" zum Beispiel)
*XX-101*
Nochmal die Frage aufnehmen, warum die Vermeidung
logischer Widerspr�che als Argumentationsregel anerkannt werden muss. Dabei
m�sste man vielleicht unterscheiden zwischen Widerspr�chen innerhalb der von
einer Person vorgetragenen Position und Widerspr�chen zwischen den Positionen
verschiedener Personen.
*XX-102*
Inwiefern h�ngt das methodologische Gebot der
Widerspruchsfreiheit mit der Voraussetzung zusammen, dass wir uns als
Erkenntnissuchende auf eine gemeinsame Welt beziehen?
*XX-103*
Welchen
Status haben die Argumentationsregeln (methodologischen Regeln)? Sie ergeben
sich nicht als Resultate der gewähnlichen normativen Fragestellung, sondern
erzeugen selber diese Resultate. Ma�stab ist hier allein, ob etwas der
Wahrheitsfindung dienlich ist.
Aber es gibt auch Wahrheiten, deren
Verbreitung an bestimmte Personen gef�hrlich oder sch�dlich ist. Davon m�ssen
die methodologischen Regeln abstrahieren. Man kann immer die Frage stellen:
"Sollen wir die Antwort auf diese Frage (�ffentlich) suchen?" � und diese Frage
verneinen.
*XX-104*
Welchen Geltungsanspruch erhebt man für einen
Satz, wenn man ihn als "wahr" bezeichnet? Man fordert die Bejahung dieses
Satzes, man fordert zum für-wahr-halten auf, jedoch ist damit keinerlei Zwang
verbunden.
Man sagt eher: "Dieser Satz verdient es, von jedermann für wahr gehalten zu
werden." Das ist anders beim Dogma der Rechtgl�ubigen, das mit Sanktionen
verkn�pft ist: "Wer es glaubt, der wird selig" oder "Wer es nicht glaubt, der
kommt in die H�lle".
*XX-105*
Im Alltag kommt es h�ufiger vor, dass man das
Gef�hl hat, entgegen den eigenen überzeugungen gehandelt zu haben. ("Eigentlich
entsprach es nicht meiner überzeugung, aber ihm zuliebe habe ich es so
gemacht.") Das Problem taucht auch bei Funktionstr�gern auf, die nicht ihrer
pers�nlichen Meinung folgen sondern als Repr�sentant einer Gruppe oder
Organisation sprechen.
In einer Welt des puren Kampfes gilt es, etwas zu
erfinden oder zu konstruieren, das diesen Kampf beendet.
*XX-107*
"Wahrheit" als eine sinnvolle Erfindung des Menschen ansehen. Zeigen, was diese
Erfindung geleistet hat, was wir ohne sie wären.
*XX-108*
dann kann man sich darauf verlassen,
dann wird man davon nicht entt�uscht,
dann kann man sich insofern nicht
t�uschen,
dann braucht man seine überzeugungen in dieser Hinsicht nicht zu
korrigieren,
dann braucht man nicht
mehr nach einer Erkenntnis zu suchen,
dann kann man dies mit guten Gr�nden
auch jedem andern als überzeugung anempfehlen.
d. h. Das Finden der
Wahrheit erm�glicht ein entt�uschungsfreies kooperatives Handeln: Und vor allem
erspart es weiteres Suchen.
*XX-109*
"überzeugen" kommt von "zeugen"
bzw. "bezeugen" (Zeuge, Zeugnis, von etwas zeugen, �)
*XX-110*
In
Bezug auf positive Wahrheit gibt es den Begriff des "L�gens": Man l�gt, indem
man absichtlich die Unwahrheit sagt. Etwas Analoges gibt es im normativen
Bereich wohl nicht.
*XX-111*
Was sagt man, wenn jemand unehrlich
bestimmte Normen als g�ltig vertritt? Bei Normen f�llt es wohl leichter, selber
etwas den eigenen Interessen Dienliches zu glauben und es als im Gesamtinteresse
liegend darzustellen: Ideologie, in der man selber befangen ist. Man spricht
allerdings von einer "heuchlerischen Moral", wenn das Bekenntnis dazu unehrlich
ist und man insgeheim nach ganz anderen GrundSätzen handelt bzw. in Bezug auf
das eigene Handeln ganz andere Grunds�tze für richtig h�lt.
*XX-112*
TUGENDHAT versteht Ethik nicht als das Projekt der
Begr�ndung normativer S�tze, sondern als Begr�ndung eines Handelns, einer
gemeinsamen Praxis. Begr�ndung moralischer Normen hie�e dann, jemandem ein Motiv
geben, seine Freiheit entsprechend der Norm einzuschr�nken.
Aber man fragt
doch auch zumindest in der Situation des Au�enstehenden: "H�tte er dies tun
sollen (d�rfen, etc.)?" Man begr�ndet doch als Au�enstehender, warum ein anderer
so (oder anders) h�tte handeln sollen. Wenn ich sage: "Er hat falsch gehandelt"
und begr�nde dies, so geht es um die Erzeugung einer Zustimmung zu diesem Satz
mit argumentativen Mitteln.
*XX-113*
Meine Frage ist, ob "Wahrheit"
notwendigerweise "Begr�ndbarkeit" einschlie�t. Was für eine Art von Frage ist
das? Ist es eine Frage nach der normalen Bedeutung von "Wahrheit"? Will ich
sagen, dass es ein Missbrauch des Wortes "Wahrheit" ist, wenn jemand sagt: "Dies
ist wahr aber nicht begr�ndbar"?
Man k�nnte vielleicht sagen: Damit
verfehlt er gerade das, was den Begriff "Wahrheit" vom blo�en Dogma
unterscheidet: ihre prinzipielle Begr�ndbarkeit.
*XX-114*
Leichter ist es, gegen den anzugehen, der sagt:
"Dies ist wahr, aber ich kann es nicht begr�nden."
Hier ist
die Frage offen, ob "Wahrheit" im Prinzip begr�ndbar ist. Aber hier wird ein
Anspruch erhoben auf Wahrheit, ohne dass dafür Gr�nde gegeben werden. Das ist
"unvern�nftig". Insofern ist ein für-wahr-halten beliebig und unwillk�rlich.
Kann man mehr sagen? (Diese Kritik gilt nicht für den erstgenannten Fall.)
*XX-115*
Wenn etwas wahr ist, habe ich allen Grund, es für wahr zu
halten. Aber ob etwas wahr ist, kann ich allein über Gr�nde "wissen". Wenn ich
für meine Annahme keine Gr�nde habe, dann "wei�" ich dies auch nicht. Behaupten
ist etwas anderes als Wissen. ("Wissen" kommt sprachlich wohl von "sich
erweisen".)
*XX-116*
Die Behauptung lautet: "Auf dem Tisch in Zimmer 5
liegt jetzt ein Buch." Person A sitzt in Zimmer 5 und begr�ndet diese Behauptung
bzw. sein eigenes für-wahr-halten so: "Ich sehe den Tisch und das Buch jetzt vor
mir." Oder anders ausgedr�ckt: "Person A sieht das Buch vor sich." Dies ist bei
bestimmten Zusatzannahmen ein guter Grund, die Behauptung zu akzeptieren.
Allerdings
ergibt sich für Individuum B bei dieser Begr�ndung im Vergleich zu A ein
zus�tzliches Problem. Im Unterschied zu A muss sich B noch fragen: "Sieht A
wirklich das Buch vor sich, oder l�gt er mich an?"
*XX-117*
Kann man
sagen: "Jeder sollte das für wahr halten, was wahr ist"? Das hie�e wohl auch:
"Jeder sollte nach Erkenntnis der Wahrheit streben!" Aber was ist, wenn jemand
sagt: "Ich will die Wahrheit gar nicht wissen"? Etwa der todkranke Patient will
die Details seiner Krankheit gar nicht wissen. Das Beispiel zeigt, dass die
Erkenntnis der Wahrheit kein unbedingter Selbstzweck, kein alles übersteigender
Wert sein kann. Nur wenn der andere selber den Anspruch hat, recht zu haben,
d.h. etwas als wahr zu behaupten oder wenn er zumindest die Wahrheit erkennen
will, dann
muss er auch bereit sein, und wollen, dass er nur behauptet bzw. für wahr h�lt
(glaubt), was wahr ist.
*XX-118*
Ob eine Behauptung wahr ist, kann
sich nur an den Gr�nden (Argumenten) erweisen, die dafür oder dagegen sprechen.
Wer die Wahrheit (in Bezug auf eine bestimmte Frage bzw. eine bestimmte Gruppe
von Fragen) erkennen will, der muss deshalb auch nach einer m�glichst
vollst�ndigen Kenntnis der diesbez�glichen Argumente streben. Das hei�t, er muss
alle von ihm selbst oder von andereh angef�hrten Gr�nde zur Kenntnis nehmen
und pr�fen.
Ein Argument spricht für eine Behauptung, wenn es 1.) selber wahr ist
und wenn es 2.) m�glich ist, daraus logisch die Schlussfolgerung abzuleiten, dass
die Wahrheit der strittigen Behauptung wahrscheinlicher ist als die Wahrheit
ihrer Verneinung (= dass eher die strittige Behauptung wahr ist als ihre
Verneinung).
*XX-119*
Inwiefern kann man den anderen darauf festlegen,
nach Erkenntnis der Wahrheit zu streben? Was macht man, wenn der andere sich
weigert nach Wahrheit zu streben? Es reicht wohl schon, wenn er bereit ist, sich
so zu verhalten, als ob er nach Erkenntnis der Wahrheit strebt. Wenn er auch
dies nicht will, dann muss er überhaupt darauf verzichten, Behauptungen und
Gr�nde dafür vorzubringen bzw. etwas für wahr zu halten.
Ergebnis: Ohne
Wahrheitsanspruch kann keiner meine Behauptungen bestreiten, denn bestreiten
hei�t ein Gegenargument formulieren. Damit das Gegenargument Gewicht hat, muss
man dessen Wahrheit voraussetzen. Dieser Einwand ist damit für die
Wahrheitsfindung irrelevant.
*XX-120*
Nun k�nnte jemand sagen: "Ich strebe nach Erkenntnis der
Wahrheit, aber nur für mich. Es gibt deshalb für mich keinen Grund, den andern
nicht anzul�gen, zu t�uschen etc." Wenn er diesen Standpunkt einnimmt, dann
m�sste er einverstanden sein, dass man die von ihm vorgebrachten Argumente nicht
ernst nimmt, da es sich m�glicherweise um L�gen handelt. Andererseits m�sste er
bereit sein, die von mir vorgetragenen Argumente ernst zu nehmen.
*XX-121*
Bei allen überlegungen beachten, in Bezug auf welche Art von Fragen
die Erkenntnis der Wahrheit angestrebt wird. Nur in Bezug auf diese Fragen kann
man dann auch die entsprechenden Konsequenzen � wie Abbruch der Argumentation �
ziehen.
*XX-122*
Warum handelt es sich bei der Argumentation
gewähnlich um eine kooperative, gemeinsame Wahrheitssuche?
*XX-123*
Oben habe ich gesagt: Ob etwas wahr ist, kann sich nur an den Gr�nden erweisen,
die dafür bzw. die dagegen sprechen. über die Wahrheit einer These muss also
anhand von Gr�nden entschieden werden. Wenn wir in einer konkreten Situation
über die Wahrheit einer These entscheiden m�ssen,
so können
wir das jedoch nicht anhand aller im Prinzip m�glichen Argumente tun, sondern
immer nur anhand der jeweils gerade bekannten Argumente. Deshalb kann es dazu
kommen, dass wir eine These (eher) als falsch verwerfen, die in Wirklichkeit
wahr ist, weil es Argumente gibt, die wir aber nicht kannten. für jedes einzelne
Teilargument stellt sich das Problem in gleicher Weise wie für die These.
Kann es sein, dass in Bezug auf eine Frage für alle
m�glichen Antworten gilt, dass sie eher falsch als wahr sind? Soll man dann
diejenige Antwort w�hlen, die noch die relativ gr��te Wahrscheinlichkeit
besitzt, wahr zu sein? Oder braucht man sich als Wissenschaftler gar nicht zu
entscheiden? Muss man das nur als Handelnder?
*XX-125*
Warum kann man
über die Wahrheit einer These nur anhand von Gr�nden entscheiden? Indem ich
diese Frage stelle, suche ich selber nach Gr�nden für die Wahrheit der These:
"über die Wahrheit�". Das hei�t: Wer von mir eine Begr�ndung dieser These
verlangt, der hat selber diese These schon akzeptiert. (Zumindest handelt er
so, als ob er sie akzeptiert h�tte.)
(Oder kann er mich nach Art der immanenten Kritik auf die Einhaltung
meiner eigenen Prinzipien festlegen, ohne selbst diese Prinzipien zu
akzeptieren?)
*XX-126*
Kann man eine These ohne Gegenargument
bestreiten? Ja, man kann die These einfach verneinen und die Gegenthese
aufstellen. Da steht dann Behauptung gegen Behauptung. Die Behauptungen m�gen
wahr oder falsch sein, entscheiden lässt sich das nicht. Allerdings kann man
etwas nur
bestreiten, indem man selber einen Wahrheitsanspruch dafür erhebt.
*XX-127*
Wenn jemand die These, dass er nach Wahrheit streben soll, nicht akzeptiert und
nach einer Begr�ndung hierfür verlangt, da hat er es in Bezug auf diese These
zumindest bereits akzeptiert, dass es ihm um Wahrheit geht bzw. er hat sich so
verhalten, als ob es ihm hier um Wahrheit ginge.
*XX-128*
Die Schwierigkeit entsteht dadurch, dass die These
mit Sätzen begr�ndet wird, die ihrerseits zwar allgemein für wahr gehalten
werden, deren Wahrheit jedoch nicht feststeht. Kann man oder muss man hier mit
Wahrscheinlichkeiten operieren?
*XX-129*
Dass über die Wahrheit nur anhand von Gr�nden
entschieden werden kann, liegt wohl im Begriff der Wahrheit. Es ist eben der
spezifische Geltungsanspruch als "wahr", der andere Gesichtspunkte irrelevant
werden lässt - aber warum?
*XX-130*
Wenn sich die Wahrheit einer These nur anhand von
Gr�nden entscheiden lässt, die ihrerseits wahr sein m�ssen, damit sie als
Argument gelten zu können,
so ergibt sich unter Umst�nden ein infiniter Regress. Es sei denn, man st��t auf
Gr�nde, die ohne weitere Begr�ndung für wahr gehalten werden können. (Evidenzen) Oder aber
man entscheidet mithilfe der Gr�nde nicht über die Wahrheit der These sondern
nur über den Grad der subjektiven Wahrscheinlichkeit oder Gewissheit, dass die
These wahr ist. Dann k�nnte man auch bei den Gr�nden mit relativen Gewissheiten
arbeiten.
*XX-131*
Mit einem solchen doppelten Ansatz kann man
vielleicht auch dem Problem zu Leibe r�cken, dass ja niemals über die Wahrheit
eines Satzes definitiv entschieden wird, dass man aber trotzdem an dem Begriff
der Wahrheit und der Alternative "wahr- falsch" festh�lt.
*XX-132*
Ich m�sste mich in diesem Zusammenhang einmal mit
Versuchen besch�ftigen, den Begriff der Wahrheit durch den Begriff der
Wahrscheinlichkeit zu ersetzen. Wo gibt es das? Reichenbach? Ramsey.? Aber dort
wurde wohl immer nur die Hypothesenwahrscheinlichkeit allgemeiner S�tze
abgehandelt (dazu: Toulmin).
*XX-133*
"Gelten":
Beim
Start zum Wettlauf erl�utert der Kampfrichter, der den Startschuss abgibt, mit
den Worten: "Das Kommando lautet: "Achtung � fertig � los!" Dann sagt er: "Das
Kommando gilt: Achtung � fertig � los!
"Gelten" hei�t hier so viel wie "ist
ernst gemeint". In ähnlicher Weise sind Behauptungen über die Realit�t "ernst
gemeint" im Unterschied zu erfundenen Geschichten. Wenn ich in einer Erz�hlung
sage: "Der Frosch verwandelte sich in einen Prinzen", so ist die Bedeutung der
Worte, der Sinn des Satzes derselbe, als wenn ich den Satz berichtend behaupte.
Auch der Bankr�uber, der sagt: "Geld her oder ich schie�e!"
ruft vielleicht hinterher: "Ich spa�e nicht, das ist mein blutiger Ernst."
Um die
Geltung seines Befehls zu betonen, sagt er vielleicht zum Kassierer: "Das gilt
auch für dich!"
*XX-134*
Was unterscheidet die Geltung eines Kommandos
von der Geltung einer "wahren" Norm? Der Kassierer in der Bank mag sich klar
darüber sein, dass der Mann vor ihm den Befehl "Geld her!" und auch die daran
gekn�pfte Drohung: "Sonst schie�e ich" ernst meint. Zus�tzlich kann man sich
fragen: "Soll ich ihm das Geld geben?" Hier geht es jedoch um eine andere Art von
Geltung.
*XX-135*
"Ich nehme wahr, dass etwas da ist." Aber: "Ich will, dass
etwas da sein soll". Wahrnehmen und Wollen sind entsprechende Bezugspunkte der
positiven bzw. normativen Methodologie.
*XX-136*
Wenn ich den Wahrheitsbegriff für Normen in einer
bestimmten Weise formuliere (" Wahrheitsanspr�che m�ssen durch Argumente
eingel�st werden, die intersubjektiv einsichtig sind"), so mag ich dabei an das
AlltagsVerständnis von Wahrheit anschlie�en, doch scheint mir das nicht
entscheidend zu sein. Denn andere m�gen hier anderer Meinung sein und meinen
Wahrheitsbegriff ablehnen. Dann muss man sich darauf besinnen, warum man
überhaupt auf Wahrheit hinauswill. Intersubjektiv begr�ndete Wahrheitsanspr�che
erzeugen gemeinsame überzeugungen und f�hren damit zur M�glichkeit von Kooperation, zur
Koordination über die Zeit, und zur Vermeidung von Konflikten. Das kann ein
Wahrheitsbegriff nicht, der partikular ist - also nicht intersubjektiv und nicht
intertemporal ist - oder der von der argumentativen Begr�ndbarkeit abgekoppelt
wurde.
Mit solchen partikularen Wahrheitskonzeptionen wäre man nicht
viel besser dran, als wenn man auf Wahrheit ganz verzichten w�rde, und einfach
Interesse gegen Interesse bzw. Wille gegen Wille stehen lassen w�rde.
*XX-137*
Wahrheit ist keine Eigenschaft des Satzes. Man kann dem Satz als
solchem nicht ansehen, ob er wahr ist oder nicht. Wenn ich nicht wei�, ob ein
Satz wahr ist, folgt für mich noch gar nichts. Es wäre nichts gewonnen, wenn wir
wahre Antworten produzierten, ohne sie von den falschen unterscheiden zu können.
Insofern h�ngt alles an den Begr�ndungen der S�tze
bzw. der Anwendung von Kriterien.
*XX-138*
Man sagt: eine Auffassung ist "vertretbar" oder "haltbar", wenn
man sie weder belegen noch widerlegen kann. "Darüber kann man geteilter Meinung
sein."
*XX-139*
Ich schreibe auf der methodologischen (metaethischen) Ebene.
Dort geht es mir um argumentativ begr�ndete Behauptungen (Wahrheit). Ich
praktiziere dort ein bestimmtes Konzept von Wissenschaftlichkeit. Wenn auf
dieser Ebene jemand nicht "mitspielt" und zum Beispiel nicht nach Wahrheit
strebt, Argumenten nicht zug�nglich ist und selber seine Positionen nicht
begr�ndet, dann ist mein Unternehmen natürlich umsonst in Bezug auf ihn.
Andererseits hat er aber auch zur methodologischen Erkenntnis nichts
beizutragen: er nimmt am Unternehmen nicht teilen, d.h. er kann selber nichts
mit Wahrheitsanspruch behaupten oder bestreiten.
*XX-140*
Die methodologische Position, die ich vortrage,
formuliert die Prinzipien argumentativer Begr�ndung für die Behauptung von
Normen. Kann jemand auf dieser Ebene die Prinzipien vern�nftiger Argumentation
ablehnen und dies argumentativ begr�nden wollen oder ist er damit inkonsistent?
Kann ich ihn deshalb, weil er die methodologischen Fragen argumentativ
behandelt, auch darauf festlegen, die normativen Fragen argumentativ zu
bhandeln?
Der andere k�nnte ja sagen: "Gut. In methodologischen Fragen lasse
ich mich auf Argumentation ein, aber ich weigere mich,
in normativen Angelegenheiten nach Allgemeing�ltigkeit zu streben." Diese Weigerung
m�sste er argumentativ begr�nden, etwa indem er die Behauptung verteidigt, in
normativen Fragen k�nne es keine allgemein g�ltigen Wahrheiten geben sondern nur
jeweils individuelle (oder gruppenbezogene) Interessen. Dies kann der normative
Skeptiker wohl ohne Inkonsistenz tun. (Allerdings ist verbl�ffend, dass er auf
der methodologisch philosophischen Ebene meint, argumentieren zu können, obwohl
die Kriterien der Richtigkeit dort keineswegs klarer und bestimmter sind als auf
der normativen Ebene).
*XX-141*
Wenn man glaubt, seinen Augen nicht
trauen zu können, etwa einem Totgeglaubten begegnet, so macht man vielleicht die
Augen zu und �ffnet sie wieder, um zu sehen, ob er immer noch da ist. Oder man
bei�t sich auf die Lippe, um zu sehen, ob man tr�umt. Oder man reibt sich
erstaunt die Augen. Oder man wendet den Blick ab und wieder zu, um sich des
Anblicks zu vergewissern.
*XX-142*
Wir brauchen, um zielstrebig und m�glichst entt�uschungsfrei handeln
zu können, bestimmte positive und normative Annahmen. Wir m�ssen uns ein Bild
von der Welt machen, wie sie ist und wie sie sein soll, um gezielt eingreifen zu
können. Diese Annahmen sind nicht beliebig. In bestimmten unmittelbaren
Erfahrungen zeigt sich uns die Welt, wie sie ist und wie sie sein soll: Wir
haben z. B. nicht die Freiheit anzunehmen, dass wir schweben werden, wenn wir in
den Abgrund st�rzen. Man sagt dann: "Die Wirklichkeit holt uns ein", "Wir werden
auf den Boden der Tatsachen zur�ckgeholt". Vor dieser Konfrontation mit der
Welt, wie sie ist, vor der Wahrnehmung der Welt kann man nicht ausweichen, es
sei denn, man fl�chtet sich in den Wahnsinn oder den Rausch.
In der gleichen
Weise haben wir nicht die Freiheit anzunehmen, dass es eine gute Sache für uns
ist, wenn wir mit zersplitterten Knochen, blutend und bewegungsunf�hig am Boden
liegen, wenn wir vor Schmerz und Todesangst schreien und st�hnen und wenn wir
dies am liebsten ungeschehen machen m�chten.
Wenn ich vor dem Schritt über
den Abgrund annahm, dass ich schweben werde, und dann erfahren muss, dass ich
falle und nicht schwebe, dann muss ich meine Annahme �ndern bzw. berichtigen: Die Annahme war falsch, ich kann an
ihr nicht festhalten, ich muss sie aufgeben.
*XX-143*
Wenn ich als
Individuum
nach wahren positiven Annahmen über die Welt strebe, so strebe ich nach
Annahmen, an denen ich festhalten kann. Ich suche nach Annahmen, die
intertemporal stabil sind. Ich suche nach Annahmen, derer ich - bezogen auf eine
bestimmte Fragestellung und einen entsprechenden Informationsgehalt - m�glichst
gewiss sein kann. (Was ist im Fall von Ungewissheit und Risiko?)
Hier sieht
man auch, dass es unsinnig ist, anzunehmen, dass dieselbe Annahme zum einen
Zeitpunkt richtig sein kann und zu einem anderen Zeitpunkt falsch. Wenn die
Annahme, dass ich schweben werde, richtig ist, solange ich festen Boden unter
den F��en habe, aber falsch wird, sowie ich falle, so taugt eine solche Wahrheit
nichts, denn was soll die Auszeichnung einer Annahme als "wahr", wenn ich an ihr
nicht festhalten kann? Dann kann ich auf Wahrheit auch verzichten.
ähnliches gilt für normative Annahmen (oder Werturteile). Wenn ich der
Auffassung bin, ein Sturz in den Abgrund mit seinen Folgen wie Knochenbr�che und
Verletzungen sei etwas Gutes für mich, das sein soll und das ich will, und wenn
ich dann feststellen muss, dass ich das n i c h t will, dass es etwas Schlimmes
für mich ist, etwas, das nicht sein soll, dann muss
ich meine normative (bzw. wertende) Annahme �ndern und berichtigen: "Die
Annahme, dass Verletzungen durch einen Fall in einen Abgrund etwas Gutes sind,
ist falsch. Ich kann diese Annahme nicht aufrechterhalten. Man kann daran nicht
festhalten: Ich h�tte den Schritt in den Abgrund mit seinen Folgen nicht tun
sollen."
*XX-144*
Wenn man "wahr" als das bestimmt, an dem man über
die Zeit festhalten kann, so können unter Umst�nden mehrere miteinander
unvereinbare Annahmen diese Forderung erf�llen. Man denke an Annahmen, die für
uns gegenw�rtig (oder auch für immer) keine unmittelbaren Erfahrungen
beinhalten, etwa: die Annahme der Existenz von Leben auf entfernten Sternen
*XX-145*
Was ist mit zwei konkurrierenden, allgemeinen Theorien, die
beide in Einzelf�llen versagen? Oder mit einer allgemeinen Theorie, an der man
trotz ihres Versagens in Einzelf�llen festh�lt, weil man keine bessere hat? Kann
man sagen, dass man nur wahre Annahmen dem eigenen Handeln zu Grunde legen
sollte? Was ist mit jemanden, der sagt: "Das will ich gar nicht wissen"? Ist
eine solche Einstellung nur sinnvoll, wo der Betreffende gar nicht handeln kann
oder will?
*XX-146*
Wie lässt sich erklären, dass wir auch
hinsichtlich vergangener Ereignisse nach Wahrheit suchen? Inwiefern sind
Annahmen über die Vergangenheit für uns relevant?
*XX-147*
Philosophisch
geschulte Leser werden darauf hinweisen, dass auch dort, wo sich die Welt in
ihrer Beschaffenheit und ihrem Wert unserer Erfahrung unmittelbar aufzwingt
("Ich st�rze jetzt ab", "Ich will hier nicht verbluten"), ein Zweifel bzw. ein
Irrtum m�glich ist: Vielleicht falle ich gar nicht, sondern unterliege einer
optischen Illusion wie vor einer Kinoleinwand, oder ich tr�ume, oder ich
halluziniere. Vielleicht bilde ich mir nur ein, ich h�tte Schmerzen, oder
genauer: Vielleicht bilde ich mir nur ein, ich wollte die Schmerzen, die
Verletzungen nicht.
Aber man sieht wohl, wie hergeholt diese Zweifel sind.
Man kann zweifeln, ob man wirklich f�llt und verletzt am Boden liegt. Aber
diesem Zweifel sind doch Grenzen gesetzt. Man kann die Wirklichkeit letztlich
nicht fortzweifeln, es sei denn, man geht über zum Wahnsinn.
*XX-148*
Bisher habe ich die Sache vom individuellen Standpunkt aus analysiert. Bezieht
man die Situation einer 2-Personengruppe, so ergeben sich hinsichtlich der
Funktion von "Wahrheit" weitere Gesichtspunkte.
Wenn die beiden Individuen
unterschiedliche Annahmen darüber hegen, wie die Welt ist (wie sie war, wie sie
sein wird), es k�nnte einer den anderen nichts über seine Welt lehren.
Es sei
denn, sie finden positive Annahmen, an denen sie beide festhalten können, die
also intersubjektiv übertragbar sind.
*XX-149*
Wenn für den einen wahr
ist, was für den anderen falsch ist, dann gibt es keine sinnvolle Mitteilung
über die Welt zwischen den Individuen. (Wahrscheinlich wäre dann auch gar keine
gemeinsame Sprache entstanden. Die muss man voraussetzen, wenn sich beide auf
denselben Satz beziehen sollen. Die Mitteilung des einen über seine Annahmen
k�nnte für mich h�chstens ein Indiz sein, so wie ein L�cheln oder eine
Handbewegung ein Indiz sein kann. Ich k�nnte dann mit ihm auch nicht darüber
argumentieren, wie die Welt wirklich ist, wessen Annahme richtig ist, seine oder
meine, denn es fehlt der Bezugspunkt intersubjektiver Wahrheit.
(Vielleicht k�nnte ich mit ihm darüber diskutieren, ob die Annahme
für ihn richtig ist, d.h. ob sie so
beschaffen ist, dass er daran intertemporal festhalten kann, sich darauf
verlassen kann.)
Wenn es keine Annahmen gibt, an denen wir gemeinsam festhalten
können, so ist auch eine Koordinierung der Handlungen verschiedener Individuen,
Kooperation und gemeinsames Handeln nicht m�glich. Wenn jeder
verschiedene positive Annahmen über die Welt seinem Handeln zugrunde legt, so
kann sich nichts ähnlich, sofern die Individuen ihren Annahmen
entsprechend handeln können.
*XX-150*
Wenn zwei Individuen den
Baumstamm gleichzeitig anheben m�ssen, um ihn zu bewegen, so w�rde das
Unternehmen schon daran scheitern, dass der eine sagt: "Hier liegt der
Baumstamm" und der andere sagt: "Hier liegt kein Baumstamm." Wenn beide
rechthaben können, also in verschiedenen Welten leben, wäre das Problem
unl�sbar, wenn es dies g�be.
Nur wenn es einen intersubjektiven, allgemeinen
Geltungsanspruch für Annahmen über die Welt gibt, weil es wahre Annahmen gibt im
Sinne von "wahr für alle", ist ein koordiniertes gemeinsames Handeln m�glich.
(Problem: aber auch Bienen oder Zugv�gel koordinieren ihr Verhalten, zum
Beispiel über angeborene Reiz-Reaktionsschemata. Annahmen über die Welt setzen
wohl ein Gro�hirn voraus.)
*XX-151*
In Bezug auf
positive Annahmen erscheint es ganz selbstverst�ndlich, dass eine wahre Annahme
auch wahr für alle ist. Wir erlernen ja die Sprache, über die wir verf�gen und
in der wir unsere Annahmen über die Beschaffenheit der Welt formulieren, vom
sprachkundigen Anderen. Wir erlernen etwa den Namen von Gegenst�nden oder
Personen, indem der andere, der die Sprache bereits beherrscht, beim Auftauchen
des Gegenstandes � sei es optisch,
akustisch oder anders wahrnehmbar � jenen Gegenstand benennt,
so dass die Sch�ler den Gegenstand für den Lehrer dann richtig benennen, wenn
sie ihn genauso benennen, wie der Lehrer. Wenn es zwischen den Wahrnehmungen des
Lehrers und den Wahrnehmungen des Sch�lers keine Entsprechung bzw.
übereinstimmung (?) g�be, so k�nnte der Sch�ler die Sprache nicht erlernen.
*XX-152*
Wenn zum Beispiel für den Lehrer Ph�nomene unterschiedlich
wären, (die er folglich auch mit unterschiedlichen Namen bezeichnen w�rde), die
jedoch für die Sch�ler ununterscheidbar wären, so k�nnte der Sch�ler die Namen
bzw. ihre richtige Anwendung nicht erlernen. Wenn dagegen eine gemeinsame
Sprache gegeben ist, dann kann man davon ausgehen, dass Beschreibungen der
Wirklichkeit in dieser Sprache, die für den einen wahr sind, auch für den
anderen wahr sind.
*XX-153*
Wichtig beim Sprachlernen ist wohl auch,
dass Lehrer und Sch�ler die gleiche Perspektive zu den Dingen einen einnehmen
können, wenn die Dinge ihre Erscheinung je nach Perspektive �ndern. Wenn eine
Fl�che in der Farbe changiert (z. B. frontal rot aussieht und von einem schr�gen
Winkel aus blau), so d�rfen Lehrer und Sch�ler beim Erlernen der Farbwerte nicht
auf verschiedenen Positionen stehen.
*XX-154*
Wie ist es bei Annahmen
darüber, wie die Welt sein soll? Welche Probleme ergeben sich hier angesichts
mehrerer Individuen.
Warum bem�hen wir uns um ein einheitliches Bild der Welt?
Warum sagen wir nicht: "Der Satz p ist wahr zum Zeitpunkt t1 und derselbe Satz
ist falsch zum Zeitpunkt t2"? Wir h�tten dann die "Welt zum Zeitpunkt t1" und
die "Welt zum Zeitpunkt t2".
Warum sagen wir nicht: "Dieser Satz ist wahr in
der akustischen Welt" und "Derselbe Satz ist falsch in der optischen Welt"?
Warum ben�tigen wir eine Synthese der zeitlichen und sinnlichen Dimensionen in
eine einzige Welt? K�nnten wir ohne diese Synthese überhaupt von demselben Satz
sprechen? K�nnten wir uns dann als ein und dasselbe Subjekt verstehen, das
diesen verschiedenen Welten angeh�rt?Ich habe gesagt, dass man Annahmen zum Handeln braucht, und
ich habe dargelegt, dass diese Annahmen nicht beliebig sein können, weshalb man
nach Annahmen sucht, die sich über die Zeit aufrechterhalten lassen. Aber gibt
es nicht auch blo�e Neugier, reinen Wissensdurst, ohne jeden Bezug zum Handeln?
Oder sammle ich dabei nur einen Vorrat von Annahmen, auf die ich mich notfalls
st�tzen kann, ohne zu wissen, in welcher konkreten Situation ich auf diese
Annahmen zur�ckgreifen werde?
Aber gibt es nicht - unabh�ngig von allem
Handlungszwang - das Interesse an
Annahmen, die ich über die Zeit aufrechterhalten kann? Wie ist es zum Beispiel
mit astronomischen Annahmen, (etwa über die Bahn der Venus am Firmament? Hier
haben in den vergangenen Jahrhunderten die Menschen jedoch schon Annahmen über
den jahreszeitlichen und tageszeitlichen Bahnverlauf gemacht, ohne jede
Handlungsrelevanz, die erst mit der Raumfahrt entstand. (Allerdings hatten die
Sterne damals ja schon eine astrologische Bedeutsamkeit und galten generell als
Schicksalszeichen wie der �Stern von Bethlehem�)
*XX-155*
Man k�nnte sagen: Vielleicht haben sie Annahmen
gemacht, aber sie h�tten es auch sein lassen können. Wenn man allerdings gezielt
handeln will, bestimmte Zust�nde erreichen oder vermeiden will, dann muss man
irgendwelche positiven Annahmen machen.
Aber kann man nicht einfach sagen:
Wir machen st�ndig bestimmte Annahmen über die Welt. natürlich nicht über alles
und jedes aber doch über vieles, was unsere Interessen ber�hrt oder ber�hren
k�nnte. Und diese Annahmen sind nicht beliebig.
In bestimmten
unmittelbaren Erfahrungen zwingt sich uns die Welt, wie sie wirklich ist, auf.
Sie zwingt uns zur Korrektur unserer Annahmen, sie schw�cht oder st�rkt unsere
überzeugung.
Wir sagen dann: "Wir haben uns get�uscht (geirrt)."
Wenn wir nach wahren
Annahmen suchen, dann suchen wir nach Annahmen, an denen wir festhalten können,
auf die wir uns verlassen können.
*XX-156*
" Was ich nicht wei�, macht mich nicht hei�."
Manchmal schmerzt und qu�lt schon das Wissen von einem Sachverhalt, dann wenn
der Sachverhalt doch nicht zu �ndern oder in seinen negativen Folgen
abzuschw�chen ist, dann wird man manchmal zurecht sagen: "Ich will das gar nicht
wissen". (Er darf dann allerdings auch nicht durch Nichtber�cksichtigung
verschlimmert werden.)
*XX-157*
In vielen Dingen ist Wissen auch überfl�ssig.
Seine Gewinnung und Aufnahme beansprucht Zeit und Ged�chtniskapazit�t, die beide
begrenzte Ressourcen sind. Wenn das Wissen v�llig uninteressant für mich ist,
weil es mir egal ist, ob diese Dinge nun so oder anders sind, dann ist es
ebenfalls verst�ndlich, wenn man hier die Wahrheit nicht wissen will. So ist es
mir egal, wie viele Zuckerk�rner in dieser T�te sind.
*XX-158*
Ein wahrer Freund ist einer, auf den man sich verlassen kann, so wie
eine wahre überzeugung eine ist, auf die man sich verlassen kann. (Das englische
�true� und �truth� ist sprachlich wohl verwandt mit dem deutschen �treu�.
*XX-159*
Inwiefern bedarf es bei mehreren Individuen
gemeinsamer normativer Annahmen darüber, wie die Welt sein soll und an denen
sich jeder festhalten kann?
Angenommen, zwei Individuen A und B sind in
einem Raum. A ist leidenschaftlicher Raucher. B ist lungenkrank und kann Rauch
nicht vertragen. A z�ndet sich eine Zigarette an, mit der normativen Annahme,
dass Inhalation und Geruch des Rauchens in ihm ein Wohlgef�hl ausl�sen werden,
dass das Rauchen gut für ihn ist, dass er will, dass es so sein soll.
Da B von der normativen Annahme ausgeht, dass Zigarettenrauch
für ihn nicht gut ist, nicht sein soll, wird er etwas gegen das Rauchen
unternehmen. Ob A schlie�lich raucht oder nicht, ist in diesem Falle, wo Wille
gegen Wille steht, wo zwei rein subjektive unvereinbare normative Annahmen dem
Handeln der Individuen zugrunde liegen, nur eine Frage der Macht: Wer kann
seinen Willen dem anderen aufzwingen?
Problem: was wäre im Falle eines Vertrages: Hier bleibt jeder bei seinem
individuellen Willen bzw. er geht nur von diesem aus. Aber es bedarf gemeinsamer
normativer Annahmen zum Verfahren des Vertrages, zum Beispiel welches Ma� an
Zwang auf den andern zul�ssig sein soll, um ihn zu einem bestimmten
Vertragsabschluss zu bewegen, wann Vertr�ge wegen ungleicher Verhandlungsmacht
nichtig werden, dass Vertr�ge einzuhalten sind
etc..
Wenn es keine normativen Annahmen gibt, an denen beide
gemeinsam festhalten können, bleibt nur das erzwungene Sich-f�gen des
Unterlegenen oder das Durcheinander verschiedenster Einzelbestrebungen, wenn man
einmal die M�glichkeit einer genetisch verankerten instinktiven Koordinierung
absieht, wie sie bei Tieren vorkommt.
*XX-160*
Das Problem rein subjektiver Behauptungen einmal
am Beispiel der Geschmacksurteile durchspielen. Man sagt: "Das schmeckt (mir)
gut". Man sagt: "über Geschmack lässt sich nicht streiten" (oder ironisch: "�
lässt sich gut streiten.") Was lässt sich hier sinnvoll behaupten oder
bestreiten? Man kann zum Beispiel sagen: "Du sagst, dass dir die Suppe nicht
schmeckt. Aber das stimmt nicht." Man kann hier die Unwahrheit sagen,
aber man kann sich wohl nicht irren. Man kann wohl nicht sagen: "Die Suppe
scheint mir gut zu schmecken. Aber es mag sein, dass ich mich irre, dass sie mir
nicht gut schmeckt." (Allerdings mag es sein, dass etwas sehr �gemischt�
schmeckt, dass man es schwer hat, zu entscheiden, ob man den Geschmack nun mag
oder nicht. Einmal durchspielen, welche Konsequenzen es h�tte, wenn man die
normativen Urteile entsprechend den Geschmacksurteilen subjektivieren w�rde.
*XX-161*
Was sind im normativen Bereich diejenigen Urteile, die keiner
weiteren Begr�ndung f�hig sind, analog etwa zu den Beschreibungen von
Sinneseindr�cken im positiven Bereich? Sind es Urteile wie: "Es gef�llt mir
(nicht)" ?
*XX-162*
Bei den Geschmackssinnen ist der Mensch (wohl im
Unterschied zum Hund) besonders unsicher. Ich erkenne oft nicht, wonach etwas
riecht oder schmeckt. Hier ist mein Erinnerungsverm�gen
und mein Unterscheidungsverm�gen
schlecht entwickelt. Das hei�t, ich kann mir zum Beispiel schwer vorstellen, wie
Zimt, Knoblauch, Majoran schmeckt, es ist mit dem Begriff nur mangelhaft
assoziiert.
Deshalb kann ich den Geruch bzw. Geschmack nur schwer wiedererkennen. Hier
kann man sagen: "Es schmeckt nach K�mmel, aber ich bin mir nicht sicher, ich
kann mich irren." Allerdings kann man sich wohl nicht bei der Frage irren, ob
der Geruch bzw. Geschmack angenehm ist oder nicht.
*XX-163*
Die Sprache beherrscht man, wenn man zum Beispiel
einen Gegenstand bzw. den für ihn charakteristischen sinnlichen Eindruck richtig
benennen kann. Das setzt im Gehirn voraus, dass ein bestimmtes nervliches
Reizmuster wiedererkannt wird. Dazu muss das Reizmuster vorstellungsm��ig im
Ged�chtnis gespeichert sein, es muss mit dem richtigen Wort eindeutig verbunden
sein und das aktuelle Reizmuster als gleichartiges aufgenommen werden. "Die
Sprache beherrschen" setzt also bereits verschiedene gelungene Operationen
zwischen Sinneseindruck und Benennung voraus.
*XX-164*
Ist bei Fehlen einer positiven "Wahrheit für alle"
eine Koordination der Handlungen zwischen den Individuen m�glich? Denkbar wäre
auch hier eine Koordination durch Zwang, Dressur etc. Der eine k�nnte den andern
in seinem Verhalten durch ein System von Sanktionen und Beschr�nkungen
entsprechend seinen Annahmen und W�nschen steuern. Auch so wäre eine
Koordination m�glich. Man denke etwa an das System der Galeerensklaven, die
koordiniert handelten. Allerdings wäre das eine Koordination ohne �Freiheit�.
*XX-165*
Inwiefern verliert jemand durch Zwang und Sanktionsdrohungen
seine "Freiheit"?
Wie ist das bei Zwang, wenn man zum Beispiel jemanden
durch hohe Mauern und verschlossene Stahlt�ren zwingt, einen bestimmten Ort
nicht zu verlassen? Der Gefangene "sieht ein", dass er die Gef�ngnismauern nicht
überwinden kann. Er m�chte gerne hinaus, aber er kann es nicht. Ist das
"Unfreiheit"?
Aber gibt es so etwas nicht st�ndig in der Natur, dass wir
etwas m�chten, was wir nicht erreichen können? Ist jemand "unfrei", weil er an
einen rei�enden Fluss kommt, den er als Nichtschwimmer nicht überqueren kann?
Entscheidend ist wohl bei "Unfreiheit, dass mir die gew�nschte M�glichkeit durch
den Willen eines anderen genommen wird.
Wie ist es bei Sanktionierung bzw.
Sanktionsdrohung? Wird dem Sanktionierten nicht die Freiheit gelassen, gem��
seinen überzeugungen zu handeln? Die "Unfreiheit" besteht auch hier darin, dass
dem Sanktionierten eigentlich offenstehende und von ihm gew�nschte
Handlungsm�glichkeiten genommen werden.
*XX-166*
Wenn A den Raum verschlie�t und zu B sagt: "Du brauchst es gar
nicht mehr zu versuchen, du kommst hier sowieso nicht heraus", so ist das kein
Argument, denn B kann weiterhin der Meinung sein, dass er den Raum verlassen
sollte. B kann unver�ndert gegen das Verhalten von A protestieren und seine
Freilassung fordern. B ist abh�ngig von fremdem Willen, d.h. A will und tut
etwas, das B nicht will und an dem B den A nicht hindern kann.
Aber ist jeder unaufgel�ste Willenskonflikt als "Unfreiheit"
zu bezeichnen?
Angenommen B ist in ein Loch gefallen, aus dem er aus
eigener Kraft nicht wieder herauskommt. Zuf�llig kommt A vorbei. A k�nnte B zwar
heraushelfen, aber er will das nicht. B dagegen will, dass A ihm heraushilft:
Aber gibt es so etwas nicht st�ndig in der Natur, dass Individuen etwas
m�chten, was sie nicht erreichen können? Ist jemand unfrei, weil er an einen
rei�enden Fluss kommt, den er als Nichtschwimmer nicht heil überqueren kann,
obwohl er das gerne m�chte? Entscheidendes Merkmal
für Unfreiheit ist, dass mir die
gew�nschte M�glichkeit durch den Willen eines anderen genommen wird.
*XX-167*
Wie ist es bei Sanktionierung bzw. Sanktionsdrohung? Wird dem
Sanktionierten nicht die Freiheit gelassen, gem�� seinen überzeugungen zu
handeln?
Die "Unfreiheit" besteht darin, dass dem Sanktionierten eine
offenstehende Handlungsm�glichkeit genommen wird. Der Sanktionierte m�chte eine
Handlung vollziehen. Diese
M�glichkeit wird ihm verwehrt durch die Sanktion, die mit dieser Handlung
verkn�pft wird, so dass der Sanktionierte die Handlung nicht ohne das Eintreten
der Sanktion vollziehen kann.
Hat A damit für B ein überzeugendes Argument für den Satz
geliefert: "B soll den Raum nicht verlassen"?
Jetzt ist B
selber davon überzeugt, dass er den Raum nicht verlassen sollte, denn die
Drohung ist glaubhaft und das Risiko des Entdecktwerdens sehr gro�. Aber dieser
Sinneswandel ist nicht die Folge eines Argumentes, das B bewegt, der Auffassung
von A zuzustimmen, sondern sie ist Folge einer Ver�nderung der Situation durch
A, die B�s Handlungsm�glichkeiten einschr�nkt, indem ihm z. B. die M�glichkeit
zum Verlassen des Raumes ohne Gefahr für sein Leben genommen wird. B befolgt
jetzt zwar die Norm von A, aber in einer Situation der Unfreiheit, die durch A
erzeugt wurde.
Wie wäre es, wenn der Fall wie folgt l�ge. A ist der
Auffassung, dass B den Raum nicht verlassen soll. Als Argument sagt er: "über
der T�r h�ngt ein lockerer Felsbrocken, der dich zu erschlagen droht, wenn Du
hinausgehst." wäre das ein Argument? Ja, denn durch diese Warnung wird die
Situation für B nicht ver�ndert, sondern sie wird nur genauer erkennbar.
Die Zustimmung von B zum Satz: "B soll den Raum nicht verlassen" ergibt sich
im Falle des lockeren Felsbrockens nicht aus einer Abh�ngigkeit von einem
fremden Willen, sondern aus Einsicht in die gegebenen Umst�nde. Zu beachten ist
dabei, dass durch die Androhung einer Erschie�ung zwar in dem Punkt "Soll B den
Raum nicht verlassen?" eine
übereinstimmung zwischen A und B erzeugt wurde, dass aber der Konflikt der
Auffassungen an anderer Stelle aufgebrochen ist bei der Frage "Soll A seinen
Wachen die Anweisung geben, B zu erschie�en, wenn dieser den Raum verlässt?".
Hier ist B sicherlich ganz anderer Meinung als A.
Offenbar kann durch
Sanktionierung der Dissens nicht aufgel�st sondern nur auf einen anderen Punkt
verschoben werden. (Dies ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass sich die
Diskussion nicht auf die Richtigkeit einer einzelnen Norm beschr�nken lässt,
sondern andere Normen einbezogen werden m�ssen.)
*XX-168*
A will
also für B etwas nicht tun und unterlässt es deshalb. B will, dass A ihn
herausholt, doch kann er B nicht dazu zwingen. Auch in diesem Fall ist es wohl
nicht falsch zu sagen, dass B von fremdem Willen abh�ngig ist.
für unser
Gef�hl ist
es ein normativ relevanter Unterschied, ob B allein aus dem Loch klettern
k�nnte, und A ihn daran hindert, oder ob B nur mit der Hilfe aus dem Loch
klettern kann und A ihm diese Hilfe verweigert. Im ersteren Fall sagt man: "A
zwingt B, in dem Loch zu bleiben". Im letzteren Fall wäre der Sprachgebrauch
ungewähnlich, denn ohne A steht B die M�glichkeit zum Verlassen des Loches nicht
offen, sie wird erst durch das Handeln von A m�glich. Man kann hier schlecht
sagen: "A schr�nkt durch sein Handeln B�s Handlungsm�glichkeiten ein."
Aber das sind wohl eher terminologische Probleme: Wichtig ist, dass ein
Willenskonflikt zwischen den Individuen besteht, der nicht aufl�sbar ist, so
dass sich schlie�lich die Dinge gegen den Willen von mindestens einem Individuum
entwickeln.
Neben dem oben besprochenen Fall einer quasi natürlichen
Abh�ngigkeit eines einzelnen Individuums vom Willen eines andern gibt es auch
eine beiderseitige Abh�ngigkeit, die in der Spieltheorie anhand des
Gefangenendilemmas (?) diskutiert wurde.
*XX-169*
Wozu brauchen wir denn unumst��liche Gewissheit
hinsichtlich der Wahrheit unserer Antworten? natürlich ist sie w�nschenswert,
weil wir dann an unserer Antwort festhalten können, weil wir uns dann nicht
irren. Aber ein Irrtum bringt uns nur in den seltensten F�llen um, wir können
Irrt�mer in der Regel verschmerzen und aus ihnen lernen. Wir können auch ohne
absolute Gewissheit leben. Wir können mit einer relativen Gewissheit
ausgekommen. Au�erdem: Die prinzipiell nicht erreichbare absolute Gewissheit
selbst in den einfachsten Fragen, so wie der, ob ich jetzt in mein Notizbuch
schreibe, braucht uns praktisch wenig zu st�ren. ("Was soll an den
Entt�uschungen eines Irrtums schlimm sein, wenn ich mir noch nicht einmal sicher
sein kann, dass ich überhaupt entt�uscht worden bin?", k�nnte man überspitzt
fragen.)
*XX-170*
Wahrheit ist keine natürliche Eigenschaft eines
Satzes, sondern sie gleicht eher einem Ehrentitel, der einem Satz bis auf
weiteres verliehen wird. Alle S�tze sind Bewerber um diesen Ehrentitel. Welcher
Bewerber den Ehrentitel zugesprochen bekommt, h�ngt von den Argumenten ab, die
für oder gegen die m�glichen Antworten vorgebracht werden. Das Schwierige ist
dabei, dass es keine autorisierte Instanz gibt, die diesen Titel verleihen darf,
sondern dass jeder den Titel für irgendeinen Satz beanspruchen darf.
*XX-171*
Wir m�ssen nicht ein für alle Mal entscheiden, ob
ein Urteil wahr ist. Wie sind immer nur aufgefordert, nach den jetzt verf�gbaren
Gr�nden zu entscheiden. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden, welcher Grad
an Gewissheit den verschiedenen Antworten zukommt. Es k�me ja auch keiner auf
die Idee, wegen der Gefahr von Irrt�mern die Suche nach M�rdern aufzugeben.
Bevor man auf der Grundlage einer bestimmten Annahme handelt, muss natürlich
gefragt werden, ob die Annahme hinreichend gesichert ist, um angesichts der auf
dem Spiel stehenden Werte zu entscheiden.
*XX-172*
Wir k�nnten uns auch auf relative Gewissheiten
einstellen, wenn wir den Grad ihrer Gewissheit absch�tzen können. Wir können
dann entsprechend vorsichtig kalkulieren und eventuelle Irrt�mer von vornherein
mit einkalkulieren, damit der etwaige Schaden m�glichst niedrig bleibt.
*XX-173*
Statt der blo�en Alternative �wahr oder falsch�
, mit der die deduktive Logik arbeitet, wäre eher ein Kontinuum zwischen
wahr und falsch angebracht.
Allerdings lässt das Wort "wahr" keine Steigerung oder Abschw�chung zu. wäre es
sinnvoller zu sagen, etwas sei "sehr wahrscheinlich wahr", "vielleicht wahr"
oder "sehr wahrscheinlich falsch"?
Um was für Wahrscheinlichkeiten handelt
es sich denn hier genau? Ist der Satz: "Morgen wird es wahrscheinlich hier
regnen" gleichbedeutend mit dem Satz: "Es ist wahrscheinlich, dass der Satz
�Morgen wird es hier regnen� wahr ist"? Ist der obige Satz gleichbedeutend mit
dem Satz: "Der Satz: 'Morgen wird es wahrscheinlich hier regnen' ist wahr"?
(Wo findet man etwas über
Wahrscheinlichkeitsaussagen in Bezug auf singul�re S�tze? Reichenbach?)
*XX-174*
Zu unserer Orientierung ben�tigen wir nicht
unbedingt den einen, für wahr gehaltenen Satz. Vielleicht muss man sich ein
komplizierteres Modell der individuellen überzeugungen entwerfen. Denkbar ist
auch eine Ordnung alternativer S�tze, die einen bestimmten
Wahrscheinlichkeitswert besitzen, wo im Falle begr�ndeter Zweifel mehrere
Antworten gleichrangig nebeneinander rangieren, wo Reserveüberzeugungen
jederzeit bereitstehen.
*XX-175*
Welchen Grad an Gewissheit wir hinsichtlich
bestimmter überzeugungen ben�tigen, h�ngt ganz von der Art ihrer Anwendung ab.
In trivialen Dingen gen�gt vielleicht schon eine schwache Wahrscheinlichkeit.
*XX-176*
Wissenschaft ist nicht nur Diskurs, d.h.
wahrheitsbezogene Argumentation, sondern angesichts bestimmter Fragen die
gezielte Untersuchung, die Beschaffung zus�tzlicher Informationen, um diese
Fragen beantworten zu können. natürlich werden diese zus�tzlichen
Forschungsergebnisse Erkenntnisse dann in den Diskurs eingebracht. Aber wo die
vorhandenen Argumente zur Begr�ndung oder Widerlegung nicht ausreichen, versucht
die Wissenschaft, zus�tzliche Argumente zu gewinnen durch Untersuchung. Dabei
ist sie durch die Logik der Argumentation angeleitet, die L�cken und
Unsicherheiten in der bisherigen Argumentation deutlich macht.
*XX-177*
Handeln wir immer
gem�� unseren positiven überzeugungen? Wohl nicht. Wenn zum Beispiel zwei
Wanderer eine gemeinsame Tour unternehmen, und an einer Wegegabelung können sie
sich über den besten Weg zum Ziel nicht einigen, so wird einer seine Meinung
zur�ckstellen m�ssen, wenn sie den Weg gemeinsam gehen wollen. (ähnlich muss
sich der Untergebene von seiner eigenen Meinung abl�sen, wenn er nicht dem
Vorgesetzten den Gehorsam verweigern will.) Aber derjenige, der nachgibt,
handelt nicht wirklich gegen seine überzeugung. Es ist ihm nur wichtiger,
zusammen zu bleiben als den k�rzeren Weg zu gehen.
TOULMINS von HARE übernommene Unterscheidung von " force" und
"criteria" eines Begriffes (in �Uses of Argument�) kann man für die Analyse des
Konzeptes �wahr� benutzen. �Force� des Begriffs �wahr� wäre ungef�hr �darauf
kann sich jeder jederzeit verlassen� Gibt es für �force� bereits eine
übersetzung? Sollte man von �Funktion� sprechen? Das Wort "wahr" w�rde also die
Funktion haben, uns bestimmte S�tze bzw. Behauptungen als Grundlage unserer
Erwartungen und Handlungen zu empfehlen. Und zwar ist dies eine Empfehlung ohne
Einschr�nkung, im Unterschied zu der Kennzeichnung eines Satzes bzw. des
Ereignisses, das er beschreibt, als "wahrscheinlich (wahr)". (Insofern
beschreibt der Begriff zwar nichts, er gibt keine zus�tzliche Information über
die Welt gegenüber dem einfachen Satz.) Diese empfehlende Funktion ("Dieser Satz
ist als überzeugung uneingeschr�nkt geeignet") ist dieselbe, gleichg�ltig in
Bezug auf welche S�tze der Begriff "wahr" verwendet wird. Die Kriterien für das
Wort "wahr" sind jedoch unterschiedlich je nach Art des Satzes.
*XX-178*
Das Verhältnis von Zwang und Eigeninteresse ist
wohl in vielem ähnlich zum Verhältnis von Zwang und normativer überzeugung.
Angenommen, ich w�rde zum Schwimmbad am liebsten mit dem Fahrrad fahren; wenn
nicht die Befürchtung best�nde, dass das Fahrrad dort gestohlen wird. Also fahre
ich mit dem Bus. Ich "will" dann mit dem Bus fahren, aber es ist kein freier
Wille mehr, er ist durch Furcht vor den Handlungen anderer geformt. Wenn eine
natürliche Gefahr drohen w�rde, zum Beispiel ein Gewitter, und man w�rde den Bus
statt des Fahrrads nehmen, so w�rde man hier nicht von Zwang oder Unfreiheit
reden. Man handelt freiwillig, solange man in seinen Entscheidungen nicht durch
fremden Willen bzw. durch fremde Handlungen beeinflusst ist. (Aber der normale
Sprachgebrauch ist hier wohl ungenau. Man spricht ja auch von der "Freiheit von
Hunger" oder der "Freiheit von Krankheit".)
*XX-179*
Die Freiheit der freien Marktwirtschaft zum
Beispiel ist ja auch nur eine Freiheit der Konkurrenz, d.h. die Handlungen der
anderen wirken st�ndig auf mich zur�ck. Allerdings ist die zus�tzliche
Mittelwahl eingeschr�nkt, um sich gegen mich durchzusetzen: Sie können besser
oder billiger anbieten (oder anspruchsloser oder teurer Nachfragen) als ich.
Wie ist es, wenn mich Handlungen anderer behindern, ohne dass
sie gezielt gegen meine Absichten gerichtet sind? Etwa jemand hat sich auf der
Waldlichtung bereits niedergelassen, wo ich ungest�rt Picknick machen wollte. Nun muss
ich mir ein anderes Fleckchen suchen. (Man spricht hier von "muss", so wie man
auch wegen des drohenden Gewitters aufs Rad verzichten muss.)
*XX-180*
Man kann sich an den normalen Sprachgebrauch nur
anlehnen. Mir geht es hier nur um die Unterscheidung zwischen einem normativen
Gehorsamsanspruch (mit Befehl und Sanktionsdrohung) und einem normativen
Wahrheitsanspruch (mit Behauptung und überzeugender Begr�ndung).
*XX-181*
Manchmal erkennt man einen Sinneseindruck zwar
wieder, kann ihn aber nicht benennen. Man sagt dann etwa: "Dies Gesicht habe ich
schon irgendwo einmal gesehen, aber ich wei� nicht mehr, wo das war und wer sie
ist." Oder: "Diesen Geschmack kenne ich, aber mir f�llt der Name nicht ein."
Wenn ein Sinneseindruck einen Namen hat, f�llt das Wiedererkennen leichter. Aber
Sprache ist wohl grunds�tzlich nicht dazu notwendig.
*XX-182*
Das Problem der Ungewissheit lässt sich offenbar begrenzen indem man
sich fragt: "Wie schlimm k�nnte es werden, wenn ich mich irre?" Man versucht,
das beste aller schlechtesten m�glichen Ergebnisse zu bestimmen. Aber diese
Sch�tzung kann ihrerseits ungewiss sein, man kann sich auch hier irren. Dann
k�nnte man ja auch bei der Ausgangsfrage das Risiko nicht begrenzen. Wenn alles
ungewiss ist, kann ein Fehler in den trivialsten Annahmen zu den
allerschlimmsten Folgen f�hren.
*XX-183*
Jedoch: Wenn die Ungewissheit
so grunds�tzlich wäre, k�nnte ich allerdings nicht einmal mit Gewissheit sagen,
dass die Folgen tats�chlich schlimm sind. Vielleicht irre ich mich ja auch hier.
In der Wirklichkeit sieht es jedoch anders aus. Es gibt
Annahmen, die sind sicherer als andere. Neben dem Denken in Gewissheiten gibt es
auch und gerade im Alltag das Denken in Wahrscheinlichkeiten und M�glichkeiten.
*XX-184*
Im Englischen gibt es zum Wort "true" ("wahr�) das Wort
"trust" ("Vertrauen�).
TOULMIN schreibt: "Certainly the most reasonable estimate a man can make of the
probability of some hypothesis depends in every case on the evidence
a man has
at his disposal � but equally, it depends on the same body of evidence whether
he can reasonably conclude that a given statement is true. �� (Use of
Arg. S.81)
Wenn wir also von einer Behauptung sagen, sie sei wahr, so
sagen wir: sie kann (soll?) von jedermann mit vollkommenem Vertrauen anerkannt
werden. "Wahr" hie�e dann soviel wie "trustworthy". Im Englischen h�ngen die
Worte für "vern�nftig" ("reasonable") und "begr�ndbar" bzw. "Grund" auch
sprachlich zusammen.
*XX-185*
"Gelten":
Man sagt: "Am kommenden Montag wird
es sonnig und warm sein. Das gleiche gilt für Dienstag."
Das Wort "gelten"
wird hier im Sinne von "zutreffen", "stimmen", "richtig sein" gebraucht. ähnlich
bei Befehlen. Der Feldwebel sagt etwa: "Gefreiter M�ller, setzen Sie ihren Helm
gerade! Das gleiche gilt auch für Sie, Maier!"
*XX-186*
Gibt es
Behauptungen, die keiner weiteren Begr�ndung mehr f�hig sind? Ein Beispiel:
Behauptung 1: "Das Papier, auf dem ich schreibe, ist liniert".
Begr�ndung: "Auf dem Papier, auf dem ich schreibe, sehe ich Linien."
Auch hier handelt es sich um eine Behauptung, allerdings nicht über �u�ere
Gegenst�nde, sondern über Sinneseindr�cke eines Individuums.
Auch diese
Behauptung lässt sich von anderen bestreiten: "Du l�gst! Du siehst gar keine
Linien, Du sagst das nur so."
Was kann der andere dagegen sagen? Er
entgegnet: "Aber warum sollte ich dich anl�gen? Es gibt für mich doch gar keinen
Grund (kein Motiv) dazu."
*XX-187*
Kann man sinnvoll seinen eigenen
Sinneseindruck bezweifeln?
Wenn jemand sagt: "Auf dem Papier, auf dem ich
schreibe, sehe ich jetzt Linien, aber ich kann mich auch irren", so wirkt das
seltsam. Der Satz h�tte h�chstens dann einen Sinn, wenn man den Begriff "Linie"
in einem genau definierten Sinne meint, z. B. "gerades, nicht andersfarbig
unterbrochenes optisches Ph�nomen". Wenn man sich nicht sicher ist, ob das
Ph�nomen zum Beispiel nicht doch irgendwo kaum merklich unterbrochen ist, kann
man fragen: "Merkst Du jetzt eine Unterbrechung oder nicht?" Dann m�sste
eigentlich eine eindeutige Antwort m�glich sein, oder?
Wenn mein
Sinneseindruck schwankend ist, (mal sehe ich ein durchgehendes, mal ein
unterbrochenes Ph�nomen), so k�nnte man das durch eine zeitliche Bestimmung
ausschalten. (� zum Zeitpunkt t �)
*XX-188*
Man k�nnte auch ein psychologisches Experiment konstruieren und zum
Beispiel langsam aber kontinuierlich die Beleuchtung verringern. Irgendwo wird
es für die Versuchsperson einen Grenzbereich geben, indem sie sich nicht sicher
ist, ob sie überhaupt eine Linie sieht oder ob er sie nur bei Dunkelheit
wahrnimmt. Man sagt dann nicht: "Ich sehe eine Linie, aber ich kann mich auch
irren, sondern eher "Ich glaube, ich sehe eine Linie" oder "Ich meine eine Linie
gesehen zu haben." (Man k�nnte das auch an Fotografien demonstrieren, die mit
abnehmender Helligkeit aufgenommen werden. Sie entsprechen dem Netzhautph�nomen,
das vom Gehirn verarbeitet wird.
*XX-189*
Was sind intersubjektiv überzeugende Argumente in
Bezug auf Normen? Insofern die begr�ndenden Argumente eine logische Ableitung
der fraglichen Norm erm�glichen sollen, m�ssen in der Begr�ndung selber bereits
normative Elemente enthalten sein. Andernfalls liegt ein Fehlschluss vom Sein
auf das Sollen vor. Welches können nun diese normativen Pr�missen sein? Damit
sie die gestellte Aufgabe erf�llen können, m�ssen es S�tze sein, die selber
intersubjektiv unstrittig sind bzw. unstrittig gemacht werden können,
vergleichbar etwa den BeobachtungsSätzen im Bereich der empirischen Erkenntnis.
*XX-190*
Die verschiedenen normativen Theorien und Ans�tze unterscheiden sich
vor allem darin, welche Art von Sätzen sie als normative "Basiss�tze" in die
Normenbegr�ndung einbringen:
Menschenrechte -
Locke? � /moralische Intuitionen � Ross? � /sozial aggregierte
individuelle Willensinhalte - /Utilitaristen � sozial gleichgerichtete
individuelle Willensinhalte �/ Vertragstheoretiker � individuelle Willensinhalte
unter Bedingungen gebrochenen Eigeninteresses - Rawls , Harsanyi
/ u.a.m.
*XX-191*
Das Problem ist, wie man unter diesen
verschiedenen AnSätzen begr�ndet entscheiden kann. So einfach, wie ich es mir in
der Dissertation gemacht habe, geht es wohl nicht. Dort war ich davon
ausgegangen, dass Solls�tze Willensinhalte ausdr�cken bzw. dass Normen die
Aufgaben haben, Willenskonflikte aufzul�sen. Von dort her gelangte ich zum
"solidarisch bestimmten Gesamtinteresse", den sozial aggregierten individuellen
Willensinhalten als Basiss�tze der normativen Argumentation.
*XX-192*
Ein Argument für die Wahrheit des Satzes S ist
eine Menge von Behauptungen, die 1. ihrerseits wahr sind (begr�ndet für wahr
gehalten werden) und aus denen 2. nach g�ltigen Schlussregeln der Satz S
abgeleitet werden kann. Oder sollte man besser
komparativ formulieren: Eine argumentative Begr�ndung des Satzes S ist umso
besser, je besser die Ausgangspr�missen der Argumentation begr�ndet sind und je
zwingender der übergang von den Pr�missen zum Satz S ist. Im anzustrebenden
Idealfall sind die Pr�missen wahr und die zum Satz S f�hrenden Schl�sse sind
deduktiv g�ltig.
*XX-193*
Das Pr�dikat "wahr" bezieht sich auf S�tze.
Begr�ndungen beziehen sich scheinbar auch nur auf S�tze. Das ist jedoch nur die
eine Ebene. Au�erdem existiert noch die Ebene des für-wahr-Haltens, also der
überzeugung. Zwischen diesen Ebenen schwanke ich in meinen Bestimmungen der
Begriffe "wahr", "Begr�ndung", "Argument" etc.
Werden S�tze begr�ndet oder
werden überzeugungen begr�ndet? Oder ist beides dasselbe?
*XX-194*
Logik: Wenn man die Pr�missen für wahr h�lt, dann
muss man auch die daraus gezogenen Schlussfolgerung für wahr halten. Auf der
Ebene des für-wahr-Haltens funktioniert die Logik wie auf der Ebene des
Wahrseins.
Man spricht auf beiden Ebenen ähnlich: Ein Ereignis wird als gewiss bezeichnet,
aber auch der Satz der dieses Ereignis beschreibt: "Es ist gewiss, dass morgen
die Sonne aufgeht". Oder: "Morgen geht die Sonne auf. Diese Erkenntnis ist
gewiss."
Wie verh�lt sich beides zueinander?
"*XX-195*
"Es ist wahr, dass A gestorben ist."
"Es ist
gewiss, dass A gestorben ist."
Wo liegt der Unterschied? Gewissheit ist immer Gewissheit für
jemanden. Man kann zum Beispiel sagen: "Es mag wahr sein, dass A gestorben ist,
aber solange ich keine Beweise für seinen Tod habe, gehe ich davon aus, dass er
noch lebt."
Man kann jedoch nicht sagen: "Es mag gewiss (für mich) sein,
dass A gestorben ist. Aber solange ich keine Beweise dafür habe, gehe ich davon
aus, dass A noch am Leben ist."
*XX-196*
Wenn etwas (für einen selbst) gewiss ist, dann hat
man dafür auch Beweise. Wenn etwas wahr ist, dann muss man dafür noch keine
Beweise haben und kann deshalb sagen: "Vielleicht ist es wahr", aber nicht:
"Vielleicht ist es gewiss". Der lutherische Ausspruch "Das ist gewisslich wahr"
ist also keine Tautologie.
*XX-197*
Man kann gewähnlich selber einsch�tzen, wie irrtumsanf�llig eine
Wahrnehmung oder eine Erinnerung bzw. die darauf aufbauende Aussage ist. Hat man
klar und deutlich wahrgenommen bzw. erinnert, hat man unzweifelhaft bzw.
zweifelsfrei etwas gesehen bzw. erinnert, oder hat man etwas verschwommen und
undeutlich wahrgenommen bzw. erinnert. Vor Gericht spielt diese subjektive
Gewissheit der Zeugen eine gro�e Rolle, bis hin zu der Frage: Kannst Du das
beschwären? D.h. Bist Du dir dessen so sicher, dass Du bereit bist, im Falle der
entdeckten Unwahrheit eine Strafe wegen Meineids auf dich zu nehmen?
*XX-198*
Was macht den Unterschied aus zwischen: überzeugt
sein von � für wahr halten � zustimmen � bejahen � anerkennen?
*XX-199*
Ich sollte mich weniger um die Pr�zisierung eines
allgemeinen Wahrheitsbegriff m�hen, als vielmehr weiter fragen: "Wie m�ssten
Begr�ndungen für Normen aussehen? Welches Kriterium ist für Normen angemessen
und warum?"
*XX-200*
Ich hatte als normative Frage die allgemeine Form
gew�hlt: "Welche Handlung h soll Individuum P in der Situation S tun? D.h. die
Frage zielt auf die einzelne Handlung eines einzelnen Individuums. In diesem
Fall m�ssen in der Bestimmung der Situation S die Handlungen der anderen
Individuen gegeben sein, da die Situation sonst unbestimmt wird. Das gleiche
gilt wohl für die Reaktionen der anderen Individuen (einschlie�lich der sp�teren
eigenen Reaktionen?). Denn nur, wenn diese gegeben sind, sind die Konsequenzen
der Handlung h berechenbar. (Oder kann man hier mit Wahrscheinlichkeiten bzw.
Ungewissheiten operieren?).
*XX-201*
Aber von welchen Handlungen soll man denn
ausgehen? Man k�nnte in der theoretischen Analyse einmal alle m�glichen
Handlungen bzw. Handlungskombination durchspielen und die Situation S
entsprechend variieren. Damit ist noch nicht die Frage gel�st, von welchen
Handlungen der anderen das Individuum P bei seiner eigenen Handlung/Entscheidung
ausgehen soll. Aus der Perspektive des isolierten Einzelnen wird unter Umst�nden
das kollektive Optimum verfehlt, wie zum Beispiel REGAN gezeigt hat. Um dies
Problem zu l�sen, ist wohl die Erweiterung der Fragestellung auf Interdependenz
der Handlungskombination verschiedener Individuen erforderlich.
*XX-202*
Ein Vertrag gilt meist vom Zeitpunkt des
Vertragsschlusses an. Insofern kann durch ihn "Wahrheit" als zeitloses Pr�dikat
nicht erzeugt werden.
*XX-203*
Der Eindruck, dass es keine zeitlos g�ltigen
Normen geben k�nne, dass Normen "veralten", entsteht dadurch, dass man sich auf
Norms�tze bezieht, die ein Handeln unabh�ngig von einem bestimmten
Situationsbezug vorschreiben. Diese können natürlich mit dem Wandel der
Situationsbedingungen veralten.
*XX-204*
"Wird es heute noch regnen?" � "Ja,
h�chstwahrscheinlich wird es heute noch regnen."
Wir haben hier eine Frage
und wir haben eine Antwort darauf. Die Antwort ist jedoch problematisch, Sie
sagt nicht "ja" oder "nein", sondern sie sagt "ja, h�chstwahrscheinlich".
Hierzu ergeben sich Fragen:
1.)
Inwiefern ist eine probabilistische
Aussage "schlechter" als eine Gewissheitsaussage? (Der Ausdruck
"deterministisch" ist wohl nur sinnvoll bei Aussagen über Zusammenh�nge?) Ist
Ihr Informationsgehalt geringer? Ist ihre praktische Orientierungskraft
schw�cher?
2.)
Inwiefern kann man sagen, die obige Antwort sei" wahr"?
Von einer übereinstimmung mit den Fakten kann wohl nicht die Rede sein. Wie
k�nnte man die Wahrheitsbedingung Tarskis auf derartige S�tze anwenden?
�Der Satz: "Heute wird es wahrscheinlich
regnen" ist wahr, wenn es wahrscheinlich heute regnet.�
Das gibt wohl keinen Sinn, der über eine Tautologie
hinausgeht. Andererseits hat der folgende Satz einen Sinn: �Der Satz: "Heute
wird es bestimmt regnen� ist wahr, wenn es heute regnet.�
*XX-205*
Die Frage ist, was die modalen Aussagen
beinhalten. Offenbar sagen sie nicht nur etwas über das Objekt aus, sondern
enthalten zus�tzlich eine Information über den Grad der Verl�sslichkeit der
Objektaussage. Bei den nicht-modalen, den gewissen Aussagen, ist dieser Aspekt
verdeckt bzw. unausgesprochen. Gewissheit ist ja auch ein Grad der
Verl�sslichkeit. (Was findet sich hierzu bei den Versuchen über modale Logik?
Was ist mit den Quantoren in der Aussagenlogik wie: "Einige V�gel sind krank. �
Dieser Pfau ist ein Vogel. - Also ist dieser Pfau vielleicht krank.")
Auf jeden Fall geht man mit einer probabilistischen Aussage
ein geringeres Risiko ein, denn man gibt gewisserma�en nur eine halbherzige
Antwort. Trotzdem ist es eine Antwort, für die man eine Begr�ndung verlangen
kann. Wenn A gefragt wird: "Wird es heute noch regnen?" Und A antwortet:
"Vielleicht" oder "M�glicherweise", dann kann man ihn z. B. fragen, warum er
weder die M�glichkeit des Regnens noch die des Nicht-Regnens ausschlie�t. Wenn
er jedoch sagt: "Ich wei� es nicht", so gibt er überhaupt keine Antwort. Da ist
dann auch nichts zu begr�nden. (Was findet sich hierzu in der
Wahrscheinlichkeits- und Stichprobentheorie bzw. der Theorie der statistischen
Hypothesenpr�fung? Welche Art von nicht-deduktiven Schl�ssen findet hier
Anwendung?)
*XX-206*
TOULMIN
betont in �Uses of argument�, "dass die G�te von Begr�ndungen kontext- bzw.
zeitabh�ngig ist. ( Allerdings
unterscheidet er nicht gegenüber Wahrheitsanspr�chen). Eine Voraussage mag
bestm�glich begr�ndet sein und sich im Nachhinein doch als falsch erweisen
(TOULMIN 235). Dies weiterverfolgen. Man gibt sein Urteil ab "nach dem Stand der
Wissenschaft", "nach dem heutigen Stand der Erkenntnis". Insofern ist ein
Zeitbezug da. Trotzdem streben wir nach Begr�ndungen, die auch in Zukunft
Bestand haben werden.
*XX-207*
können Normen durch Sanktionen "wahr gemacht
werden"? Insofern nicht, als Sanktionen bzw. Sanktionsdrohung die Situation
ver�ndern. Da Normen situationsbezogen formuliert werden m�ssen, handelt es sich
nach der Sanktionierung um andere Normen. Au�erdem kann durch Sanktionierung
zwar Zustimmung zu einem bestimmten Handeln erzeugt werden, nicht jedoch zum
sanktionierenden Handeln selber. Selbst ein allm�chtiger Gott k�nnte durch ein
effektives Sanktionssystem zwar die Befolgung beliebiger Handlungsnormen den
Individuen zur überzeugung werden
lassen,
aber damit sind die Individuen noch nicht davon überzeugt, dass So handeln und
sanktionieren sollte. Sanktionen können wie die Gesamtheit der Normen st�tzen,
weil sie sich nicht selber st�tzen können.
*XX-208*
Normalerweise sagt man, dass jemand dann nicht von
der Richtigkeit einer Handlung oder Unterlassung überzeugt ist, wenn er dies nur
im Hinblick auf die Sanktion tut. Allerdings geht in die Handlungsbeschreibung
ja nicht die Situation und damit auch nicht die Sanktionsdrohung ein. Die
Sanktionierung und damit der Einfluss fremden Willens sind doch von besonderer
Bedeutung. Andererseits wenn jemand unter Sanktionsdrohung etwas tut, so kann er
insofern von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt sein, als er der Meinung ist,
dass er in der gleichen Situation wieder so handeln sollte).
Ob ein Satz bzw. eine Behauptung wahr ist, kann sich nur an den Gr�nden bzw. Argumenten erweisen, die sich für die Wahrheit bzw. Falschheit dieser Behauptung anf�hren lassen. Diese Redeweise ist jedoch unbestimmt. Die Frage, ob eine Behauptung wahr ist, wird jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt gestellt. Wenn man sich zu diesem Zeitpunkt ein Urteil über die Wahrheit der Behauptung bilden will, kann man nur die Gr�nde heranziehen, die zu diesem Zeitpunkt verf�gbar sind.
Insofern ist die Beurteilung der Wahrheit einer Behauptung
immer abh�ngig von einem bestimmten Zeitpunkt. Allerdings ist nicht die Wahrheit
selber zeitabh�ngig. Man sagt:"Aufgrund der gegenw�rtig vorliegenden
Erkenntnisse, komme ich zu dem Schluss, dass p."
Allerdings kann man in Bezug
auf eine gegebene Behauptung und die dazu vorliegenden Begr�ndungen in der Regel
angeben, wie weit die Behauptung durch die vorliegenden Begr�ndungen als
gesichert angesehen werden kann und inwieweit mit neu aufkommenden Gr�nden
gerechnet werden muss, die die bisherige Schlussfolgerung umwerfen, oder man
kann angeben, welche Gr�nde noch fehlen bzw. beschaffbar sind.
*XX-209*
Warum muss ich mich auf die Frage von Kritikern
einlassen, was ich denn meine, wenn ich auf Fragen wahre Antworten suche? Dann
gibt es da immer den Einwand, das ganze Bedeutungsspektrum des Begriffs
"Wahrheit" sei aber durch die von mir gegebene Bestimmung nicht erfasst worden.
Zur Abwehr sollte ich ganz offen eine konventionelle Bestimmung von "Wahrheit"
geben und sagen: "Ich suche nach Antworten, an denen jeder festhalten kann bzw.
darf. Ich nenne solche Art von Antworten "wahr" (oder auch "g�ltig")". Stimmt
jemand dann mit meinem Wahrheitsbegriff nicht überein, so hat er eben eine andere
Fragestellung als ich, dann sucht er eben andere Arten von Antworten als ich.
*XX-210*
Bei den positiven Behauptungen korrigieren wir unsere
überzeugungen normalerweise durch unsere eigenen Erfahrungen (wenn wir lernf�hig
sind). Wir können dann an bestimmten Behauptungen nicht festhalten aufgrund
unserer neugewonnenen eigenen Erkenntnisse. Diese Erkenntnisse zwingen sich uns
von unserem eigenen Standpunkt her auf. Dies ist bei normativen Behauptung
anders. Nur bei Interessenformulierungen gibt es eine vergleichbare individuelle
Korrekturinstanz.
Bei genuin normativen Behauptungen ist das nicht so. Da
gibt es keine individuell zwingende Falsifikationsinstanz. Hier reicht es nicht
zu fragen: "Kann ich das auch in Zukunft noch wollen?" Hier muss ich fragen:
"Kann ich es auch noch wollen, wenn ich der andere wäre?" Bei normativen
Behauptungen können der individuelle und der allgemeine Standpunkt
auseinandertreten, bei positiven Behauptungen ist das nicht m�glich. (Wie ist
das bei "inneren" Vorg�ngen? Zum Beispiel Aussagen über Schmerzen, die ich
habe?)
AUSTIN weist in dem Aufsatz "Performative und konstatierende �u�erungen (1958)
(auch in BUBNER: Sprache und Analysis) darauf hin, dass auch in Bezug auf
Aussagen "wahr" oder "falsch" keine Sache wie "schwarz" oder "wei�" ist, dass
wir nicht immer eindeutig sagen können, ob eine bestimmte Aussage wahr oder
falsch ist. Die Aussage: "Oxford ist von London 69 Meilen entfernt" ist richtig
oder falsch, je nachdem welchen Grad von Genauigkeit man verlangt. AUSTIN
schreibt: "Unter dem Titel �Wahrheit� verbirgt sich keine einfache Qualit�t und
auch keine Relation, überhaupt nicht eine Sache, sondern vielmehr eine ganze
Dimension der Kritik. Wir können uns eine Vorstellung von dieser Kritik machen,
vielleicht keine sehr klare Vorstellung. Klar ist nur, dass es eine ganze Menge
von Dingen in dieser einen Dimension zu betrachten und zu w�gen gibt � die
Tatsachen sicherlich, aber auch die Situation des Sprechenden, die Absicht, die
er beim Reden verfolgt, seine Zuh�rer, Fragen der Genauigkeit usw. (p. 158
folgende)."
(Exzerpte von STRAWSON)
*XX-211*
Fragen beziehen sich auf bestimmte
Handlungssituationen. Von dort her ergibt sich, welchen Grad an Genauigkeit die
Antwort haben muss, um brauchbar zu sein als Antwort. Wir geben den gew�nschten
Genauigkeitsgrad oft schon in der Frage an. Wir fragen etwa: "Wie sp�t ist es
ungef�hr?" oder "Wie sp�t ist es genau?", wobei es beim Letzteren so gemeint
ist, dass die Zeit auf die Minute genau in der Antwort angegeben werden sollte.
Die Frage nach der ungef�hren Zeit stellt man etwa, wenn man sich fragt, ob man
jetzt eine Pause einlegen sollte. Die Frage nach der minutengenauen Uhrzeit
stellt man, wenn man zum Beispiel einen Bus nicht verpassen will. Man will ja
keine Antworten mit h�chster Genauigkeit. "H�chste Genauigkeit" wäre w�rtlich
genommen auch ein unerf�llbarer Standard, da man immer kleinere
Sekundenbruchteile fordern k�nnte. Wo Genauigkeitsfragen auftauchen können (bei
flie�enden überg�ngen zwischen verschiedenen Eigenschaften) m�sste eigentlich in
der Antwort nur angegeben werden, mit welchem Genauigkeitsgrad die Antwort
gemeint ist. Bei L�ngenangaben
macht man
dies oft durch die Zahl der Stellen hinter dem Komma deutlich, die man angibt.
Die letzte Zahl ist dabei auf- oder abgerundet, so dass man die Toleranzgrenze
wei�.
*XX-212*
Wenn man seinem Handeln richtige überzeugungen
zugrunde legt, so hei�t das, dass man sein Handeln nicht zu bereuen braucht
(intertemporale Stabilit�t) und seine überzeugungen nicht zu korrigieren
braucht.
*XX-213*
In gewisser Weise ist die methodologische
Fragestellung sehr abstrakt: Sie fragt nicht, wie eine konkrete Frage
beantwortet werden kann, sondern wie alle Fragen einer bestimmten Art zu
beantworten sind.
*XX-214*
Die Zeit schreitet fort. Damit machen wir neue
Erfahrungen, gewinnen neue Erkenntnisse. Diese Erkenntnisse wirken unter
Umst�nden ver�ndernd auf unsere bisherigen überzeugungen ein. Deshalb können die
überzeugungen zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht das letzte Wort hinsichtlich
der Wahrheit sein. Neue andere "Wahrheiten" können entdeckt werden. "Wahrheit"
und "Begr�ndbarkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt" fallen deshalb nicht immer
zusammen.
*XX-215*
Zum Verhältnis von Wahrheit und Begr�ndbarkeit.
Einerseits können wir wohl sagen: "Ob eine Behauptung wahr
ist, lässt sich nur anhand von Gr�nden erkennen.
Andererseits muss man
sagen: "Ob eine Behauptung wahr ist, h�ngt nicht davon ab, ob wir (gegenw�rtig)
Gr�nde für diese Behauptung haben." Eine Aussage kann wahr sein, obwohl wir das
(gegenw�rtig) noch nicht im Entferntesten ahnen. Wie geht beides zusammen?
Kann man sagen: "Ob eine Aussage wahr ist, h�ngt davon ab, ob wir sie jemals
begr�nden können"? (ob wir sie im Prinzip begr�nden können / ob sie im Prinzip
begr�ndbar ist?)
Was ist zum Beispiel mit dem Wissen, das jemand "mit ins
Grab nimmt", wie man so sagt.
Ein Beispiel: Ein M�rder bringt sein Opfer
um, und bringt anschlie�end sich selbst um. Wir wissen, dass beide noch
miteinander gesprochen haben, aber wir wissen nicht, was das Opfer zum M�rder
zuletzt gesagt hat. (kein gutes Beispiel).
Es mag wahr sein, dass das Opfer
den M�rder beschimpft hat, aber das wird sich nie begr�nden lassen.
Man
k�nnte vielleicht sagen, dass es im Prinzip begr�ndbar wäre, wenn es Ohrenzeugen
oder Tonbandaufnahmen dieser Situation gegeben h�tte, bzw. wenn der M�rder oder
das Opfer noch leben w�rden.
Soll man sagen: "Begr�ndbarkeit ist das Kriterium der
Wahrheit"? Begr�ndbarkeit als Pr�fstein ist wohl nicht sinnvoll, denn ein Urteil
mag nicht begr�ndbar sein und kann trotzdem wahr sein. Besser ist es wohl zu
sagen: "Begr�ndbarkeit ist das Zeichen von Erkenntnis (bzw. Wissen)."
*XX-217*
Zur intersubjektiven übereinstimmung von
Wahrnehmungen und Bewertungen.
Auch Wahrnehmungen sind genau genommen
standpunktbezogen. Zugespitzt gesprochen: Auf meiner Netzhaut ergibt sich ein
anderes Bild als auf deiner Netzhaut, wenn wir an verschiedenen Punkten stehen.
Auch intertemporal sind meine Wahrnehmungen unterschiedlich, obwohl die Dinge
unver�ndert sind, wenn ich meinen Standpunkt �ndere.
Die Dinge gelten als
unver�nderlich, wenn die Wahrnehmung unver�ndert ist, falls ich meinen fr�heren
Standpunkt wieder einnehme. In der Dingsprache wird von diesen je besonderen
Standpunkten abgesehen. Die Dingsprache ist standpunktfrei. In ihr wird kein
Subjekt mehr erw�hnt. Sie ist �objektiv�:
In dem Satz der Dingsprache:
"Das Telefon steht auf dem Tisch" sind die unendlich vielen m�glichen
verschiedenen Wahrnehmungen integriert. Wir lernen als Kinder ja Gegenst�nde
erkennen
und benennen immer schon aus den verschiedensten Perspektiven: "Dies ist ein
Pferd von der Seite gesehen." � "Dies ist ein Pferd von vorne gesehen." � "Dies
ist ein Pferd von unten gesehen." � "Dies ist ein Pferd von oben gesehen."
Die Kinder sprechen ja sofort in der Dingsprache: "Da, ein Pferd!" Die
Dingsprache erm�glicht eine intersubjektiv übereinstimmendes Bild der Welt, wie
sie ist.
Wie ist das bei Bewertungen, bei Normen? Die Bewertungen sind
je nach dem Standpunkt (Situation, Lage) unterschiedlich. Wir können allerdings
auch einen Standpunkt, den wir gegenw�rtig nicht einnehmen, vorstellungsm��ig
mehr oder weniger detailliert nachvollziehen. Dabei spielen Unterschiede der
Pers�nlichkeit eine viel gr��ere Rolle als bei Wahrnehmungen.
*XX-218*
Was hei�t bei meiner Explikation von "Wahrheit"
"intersubjektive übertragbarkeit" und "intertemporale Zuverl�ssigkeit"? Mit der
intersubjektiven und intertemporalen Stabilit�t der Behauptungen ist natürlich
nicht eine übertragbarkeit der überzeugungen durch Indoktrination oder L�gen
gemeint. Und mit "intertemporaler Stabilit�t" ist nicht die M�glichkeit eines
bornierten Festhaltens an den eigenen überzeugungen gemeint. Gemeint ist, dass
jeder aus Einsicht daran festhalten kann.
Oder ist damit nur gesagt: "Wenn ein Satz wahr ist, dann
ist er auch
wahr für jeden und wahr jederzeit?"
*XX-219*
Wenn ich die Frage stelle: "Ist dies Urteil wahr?", so stelle ich zugleich die Frage: "Soll ich (und jeder andere) an diesem
Urteil festhalten?" Oder: "Soll ich (und soll jeder andere) dies Urteil
weiterhin für wahr halten?"
Was macht man, wenn man einen Satz für wahr
h�lt?
Zum einen ist das wohl ein psychischer Akt: man ist überzeugt, stimmt
zu, bejaht etc.
Zum andern hat es Konsequenzen für das eigene Handeln.
Aber sind die zwei Fragen "Ist dies wahr?" und "Soll ich dies für wahr halten?"
wirklich gleichbedeutend? Bei der zweiten Frage k�nnten ganz andere
Gesichtspunkte auftauchen, etwa Gr�nde, sich selbst zu bel�gen (wenn es so etwas
gibt). Dies wird offensichtlich bei der Frage, ob jeder andere dies Urteil für
wahr halten soll. Vielleicht m�chte man jemand anderen in dieser Frage lieber
t�uschen und die Wahrheit vor ihm geheim halten.
*XX-220*
Wie ist der "vern�nftige" und der empirischen
Zusammenhang zwischen überzeugung und Handeln? In vielen F�llen handelt man
entgegen seinen empirischen oder normativen überzeugungen - oder?
*XX-221*
Wenn man fragt: "Was spricht für oder gegen eine
Behauptung?", so ist das ungenau. Dann k�nnte man gegen eine Behauptung auch ins
Feld f�hren, dass sie umst�ndlich formuliert sei, dass ihre Verbreitung für mich
nachteilige Folgen haben k�nnte, dass sie nichts Neues bringt, dass sie von
einem unmoralischen Menschen hervorgebracht wurde, dass sie mich langweilt, usw.
usf.
Deshalb muss man hinsichtlich der Begr�ndung einer Behauptung genauer
fragen: "Was spricht für oder gegen die Wahrheit einer Behauptung?" Es geht um
wahrheitsrelevante Gr�nde. Die Wahrheit einer Behauptung lässt sich nur
begr�nden durch die Herleitung aus anderen Behauptungen, deren Wahrheit
hinreichend gesichert ist bzw. erscheint.
*XX-222*
Man sagt oft: "Ich kann zu recht vermuten
(behaupten, bezweifeln, bestreiten�), dass�" oder: "Ich kann mit Fug und Recht
behaupten, dass�, oder: "Man kann berechtigterweise davon ausgehen, dass�" oder:
"Er bestreitet die Behauptung nicht ohne eine gewisse Berechtigung �
Woraus ergibt sich diese Berechtigung? An welchem Standard misst sich diese? Die
Berechtigung ergibt sich wohl aus den Gr�nden, die jemand für eine Behauptung
nennen kann.
*XX-223*
In Diskussionen kommt es darauf an, dass der
Behauptende selber die Gr�nde für seine Behauptung parat hat. Dies ist ganz
extrem verwirklicht in Zivilprozessen, wo jede Partei in der Regel die Beweislast für
ihre Behauptungen tr�gt. Ansonsten z�hlen seine Behauptungen nicht.
*XX-224*
Man spricht von "berechtigtem Zweifel" oder
"berechtigter Vermutung", wenn man auch von "begr�ndetem Zweifel" oder
"begr�ndetem Verdacht" sprechen k�nnte.
Man spricht oft auch von "handfesten Beweisen" oder
"Beweisst�cken". Wie verhalten sich derartige Indizien oder Demonstrationen zu
"Beweisen" im Sinne von "Begr�ndungen"? Ein simples Beispiel: Person A
behauptet, dass er an der linken Hand nur 4 Finger hat. Dies wird bezweifelt.
Zum Beweis h�lt A seine linke Hand für alle sichtbar in die H�he. Man sagt dann
vielleicht: "Der Anblick (oder der Augenschein) hat alle davon überzeugt, dass A
ein Finger an seiner rechten Hand fehlt."
Das Ganze l�uft ohne jede verbale Begr�ndung. Wie h�tte eine
verbale Ausformulierung der Gr�nde auszusehen?
Die Behauptung lautet:
"Person A hat an seiner linken Hand nur 4 Finger." �
Die Personen B, C, D,� haben die Hand
gesehen und best�tigen intersubjektiv übereinstimmend, dass sie an der rechten
Hand von A nur 4 Finger gesehen haben."
(für Unbeteiligte m�ssten
natürlich noch zus�tzliche Annahmen gemacht werden:
1. dass der Bericht über
den Vorgang glaubw�rdig ist,
2. dass die Zeugen glaubw�rdig
sind.)
*XX-255*
überhaupt spielt das methodische Erzeugen von
Begr�ndungen in der Wissenschaft eine gro�e Rolle. Evidenzen sind keine
gewähnlichen Argumente, die ihrerseits deduktiv begr�ndet werden m�ssten,
sondern es sind Aussagen, die sich aus eigener Kraft "behaupten" und somit einen
geeigneten Anfang für die Begr�ndung der strittigen Thesen bilden. Welche
Aussagen evident sind und welche es nicht sind ist eine zentrale Fragestellung
der wissenschaftlichen Methodologie.)
*XX-256*
Intertemporale Stabilit�t als Bestandteil von
Wahrheit.
Wenn ich einen Satz heute für wahr halte und ich halte ihn morgen
nicht mehr für wahr, dann muss ich mich zumindest einmal geirrt haben. Was heute
wahr ist, muss auch gestern wahr gewesen sein und es muss auch morgen noch wahr
sein.
*XX-257*
Intersubjektive übertragbarkeit als Bestandteil
von Wahrheit.
Wenn ich einen Satz für wahr halte und ein anderer h�lt ihn
nicht für wahr, so muss sich mindestens einer von uns irren.
*XX-258*
Was wird beim Argumentieren vorausgesetzt?
Dass man alle vorgebrachten Argumente unvoreingenommen pr�ft und gelten lässt,
dass man versucht, zus�tzliche relevante Argumente zu gewinnen,
dass man
ehrlich ist und nicht wider besseres Wissen falsche Argumente einbringt.
(Es folgen Exzerpte von HEMPEL und AJDUKIEWICZ)
*XX-259*
Ich gehe davon aus, dass (normative) Wahrheit oder
Falschheit den Antworten auf normative Fragen zukommt bzw. den damit gegebenen
Behauptungen (oder Urteilen). Nun spricht man jedoch auch Handlungen Richtigkeit
zu. Dies kann man jedoch als abgeleitetes Ph�nomen ansehen: Handlungen sind
richtig, insofern sie richtigen (bzw. wahren) normativen Behauptungen
entsprechen. Wenn also über die Richtigkeit der Handlung h gestritten wird, so
wird genau genommen über die Richtigkeit des Satzes: "h soll sein" gestritten.
*XX-260*
Noch einmal genau darlegen, warum Wahrheit und
Begr�ndung zusammengeh�ren, und warum Wahrheitsüberzeugungen nur durch Argumente
beeinflusst werden können (und nicht durch Zwang, Indoktrination, Eigeninteresse
etc.). Aber damit �ndert man noch nicht das für-wahr-halten des Gefolterten,
seine überzeugung.
Au�erdem mag es unbewusste Prozesse zur Reduzierung
psychischer Dissonanz geben, etwa indem man sich auf die Seite der st�rkeren
Bataillone schl�gt und sich einredet, man sei nicht der Gewalt gewichen, sondern
der eigene Sinneswandel beruhe auf einer begr�ndeten Meinungs�nderung. Wie man
sieht, ben�tigt man auch in diesem Fall der Begr�ndung des eigenen
Sinneswandels.
Aber wird eine überzeugung nicht auch durch eigene Erlebnisse,
Offenbarungen, Eingebungen, neue Erfahrungen beeinflusst und nicht nur durch
Argumente? Beides ist jedoch nicht alternativ: Diese neuen Erlebnisse,
Erfahrungen etc. lassen sich ja als Argumente formulieren.
*XX-261*
Handelt es sich bei diesem Zusammenhang zwischen für-wahr-halten und
Argumentation um eine empirische psychologische Regelm��igkeit, um eine Norm der
Vern�nftigkeit oder um einen analytischen begrifflichen Zusammenhang? Hier
trifft wohl das zweite zu.
*XX-262*
"Woher
nimmst Du das Recht zu einer solchen Behauptung?" fragt man. Behauptungen
erfordern eine entsprechende Berechtigung, sie erfordern Gr�nde. Warum darf man
nicht grundlos irgendwelche ungepr�ften Behauptungen in die Welt setzt?
Weil man
damit unwahre Behauptungen und deren Anerkennung fürdert, was wiederum Schaden
anrichten kann. Welche normativen Gesichtspunkte stehen hinter diesem Argument?
*XX-263*
"Dieser Satz ist wahr!" bedeutet unter anderem:
"Dieser Satz ist beizubehalten und von anderen zu übernehmen."
"Dieser Satz
ist falsch" bedeutet unter anderem: "Dieser Satz bzw. die entsprechende
überzeugung ist aufzugeben und von andern nicht zu übernehmen."
(Es folgt ein l�ngerer Text von RESCHER, nicht übernommen)
*XX-264*
(Einschub zum Probleme der Gleichheit.)
Werden
die knappen Mittel der Bed�rfnisbefriedigung auf alle Individuen gleichm��ig
verteilt, so kann sich vielleicht niemand so weit von den unumg�nglichen M�hen
der Existenzerhaltung befreien, um für weitergehende kreative T�tigkeiten
freigesetzt zu werden, die ein bestimmtes Ma� an musse erfordern. Eine egalit�re
Gesellschaft ist vergleichsweise statisch, was die technische, soziale und
kulturelle Entwicklung angeht. Sie ist insofern schw�cher als eine Gesellschaft
mit einer Klassenstruktur. Ist die egalit�re Gesellschaft deshalb in Bezug auf
die Interessen zuk�nftiger Generationen problematisch?]
*XX-265*
Ich habe darauf hingewiesen, dass intersubjektive
übertragbarkeit und intertemporale Best�ndigkeit die Suche nach Wahrheit erst
lohnend macht. A. fragt dagegen, ob ich damit eine utilitaristische Begr�ndung
des Wahrheitsbegriffs suchen und Wahrheit nach N�tzlichkeit beurteilen will.
Das ist von mir natürlich nicht beabsichtigt. Wenn ich zum Beispiel darauf
hinweise, dass es lohnend ist, nach kausalen Zusammenh�ngen zu suchen, (weil man
mit der Kenntnis von Ursachen die Dinge gezielt ver�ndern kann) so folgt daraus
nicht, dass man deshalb die N�tzlichkeit zum Kriterium dafür macht, ob ein
bestimmter Kausalzusammenhang besteht oder nicht.
*XX-266*
Ich sage nur, dass es sinnvoll ist, das normative
Erkenntnisproblem so zu formulieren, dass nach Antworten auf normative Fragen
gesucht wird, die eine person- und zeitunabh�ngige Geltung beanspruchen können,
weil nur derartige Antworten im Falle eines Konfliktes eine argumentative L�sung
erlauben. Wenn für mich eine Norm wahr ist, die für dich falsch ist, und wir
sollen beide Recht haben, so kann es keine argumentative L�sung geben. Wenn
S�tze erlaubt sind wie:" Norm N ist zwar für dich richtig, aber falsch für mich"
so ist jegliche Diskussion über Wahrheit am Ende.
*XX-267*
A. fragt, ob die universale argumentative
Konsensf�higkeit ein Wahrheitskriterium ist. Darüber bin ich mir nicht klar. In
der positiven Wissenschaft spricht man gewähnlich von der Beobachtbarkeit als
Wahrheitskriterium.
Ich hatte geschrieben: "Die G�te der Begr�ndung für eine Norm
misst sich daran, inwieweit sie jedes wahrheitssuchende Individuum von der
Wahrheit überzeugen kann." A. fragt: "Ist das Kriterium hinreichend oder
notwendig für Wahrheit oder formuliert es eine noch komplexere Bedingung?"
Wenn das, (die argumentative Konsensf�higkeit) eine notwendige
und hinreichende Bedingung wäre, so hie�e das: "Der Satz �T ist wahr� bedeutet:
"für den Satz p ist eine Begr�ndung vorhanden, die jedes wahrheitssuchende
Individuum von dessen Wahrheit überzeugen kann" oder "Satz p ist dann und nur
dann wahr, wenn für p eine Begr�ndung vorhanden ist, die jedes wahrheitssuchende
Individuum von dessen Wahrheit überzeugen kann."
So formuliert ist das wohl nicht richtig. Ein Satz ist
unabh�ngig davon wahr oder falsch, ob wir ihn hier und heute begr�nden können
bzw. dessen Verneinung begr�nden können. Der Satz "Auf der R�ckseite des Mondes
gibt es zum Zeitpunkt t Krater wie auf der Vorderseite" war vor 50 Jahren schon
so wahr oder falsch wie heute, obwohl vor 50 Jahren noch kein Mensch jemals
diese Mondseite gesehen oder fotografiert hatte und dieser Satz
vor 50
Jahren im Unterschied zu heute noch nicht allgemein überzeugend begr�ndet werden
konnte.(Die Begr�ndung eines Satzes entscheidet also nicht über die Wahrheit des
Satzes an sich, sondern darüber, ob wir rationaler Weise berechtigt sind, dem
Satz Wahrheit zuzusprechen oder nicht (ihn zu behaupten, für wahr zu halten, von
ihm überzeugt zu sein).
*XX-267*
Wahrheit und Verf�gbarkeit einer allgemein
überzeugenden Begr�ndung fallen nicht zusammen (andererseits fallen sie wohl
auch nicht v�llig auseinander), weil sich die verf�gbaren Begr�ndungen im
Zeitverlauf �ndern können, der Wahrheitswert eines Satzes jedoch nicht.
(Andererseits wäre es wohl wenig sinnvoll, S�tze zuzulassen wie "Dieser Satz ist
wahr, aber es ist unm�glich und undenkbar, dass dieser Satz jemals begr�ndet
werden kann" - oder?
Nehmen wir folgenden Fall an: Ich setze mich in eine
Sandgrube und f�lle einen L�ffel mit Sand. Ich sage dann: "Auf diesem L�ffel
befinden sich jetzt 341 Sandk�rner" und kippe den L�ffel wieder aus. Damit ist
wohl ausgeschlossen, dass jemals eine Begr�ndung dieses Satzes bzw. seiner
Verneinung gegeben werden kann. Trotzdem mag der Satz zuf�lligerweise wahr
gewesen sein.
*XX-268*
Die Begr�ndbarkeit ist kein notwendiges
Kriterium für die Wahrheit eines Satzes. Dieser Satz kann wahr sein, ohne dass
wir ihn hier und heute begr�nden können. Die Begr�ndbarkeit ist auch kein
hinreichendes Kriterium für die
Wahrheit
eines Satzes, es können ja neue Argumente auftauchen, die die jetzige Begr�ndung
infrage stellen. Die Begr�ndbarkeit (oder besser: Die allgemein
überzeugungsf�hige Begr�ndung) eines Satzes berechtigt jedoch, für den Satz
Wahrheit zu beanspruchen, d.h. ihn zu behaupten, ihn für wahr zu halten, an ihm
festzuhalten, ihn den anderen als überzeugungsinhalt zu empfehlen etc.
(Es folgt ein Text von AJDUKIEWIC.)
*XX-269*
Ich habe formuliert: "Die G�te der Begr�ndung für
eine Norm bemisst sich daran, inwieweit sie jedes wahrheitssuchende Individuum
von der Wahrheit überzeugen kann". A. fragt: "Was sind wahrheitssuchende
Individuen? Wird das Kriterium hier nicht zirkul�r?" Wollte man das Attribut
"wahrheitssuchend" ganz weglassen, so stellt sich das Problem, dass faktisch
bestimmte Individuen für Argumente in der betreffenden Frage unempf�nglich sind
und deshalb auch nicht überzeugt werden können. Dies ist etwa der Fall bei
"hermetischen Vorurteilen" � ("Das ist alles kleinb�rgerliche Ideologie") wo die
betreffenden Individuen gar nicht bereit sind, die vorgetragenen Argumente zur
Kenntnis zu nehmen oder gar unvoreingenommen zu pr�fen, d.h. wo sie sich gar
nicht ernsthaft auf eine Diskussion einlassen und wo sie Ihre überzeugungen gar
nicht infrage stellen lassen.
Es wäre jedoch unsinnig, solchen Dissens der jeweiligen
Begr�ndung anzulasten, denn hier w�rde jede denkbare Begr�ndung versagen, diese
Individuen zu überzeugen und von ihren Vorurteilen abzubringen.
Ein anderes Problem ist mangelnde Kompetenz von Individuen,
die Begr�ndung zu verstehen und den Gedankengang nachzuvollziehen. Dies schlie�t
das überzeugt werden durch die Begr�ndung aus, ohne dass dies der Begr�ndung
angelastet werden kann. Denn angesichts bestimmter Intelligenzm�ngel muss jede Begr�ndung
mit einem noch h�heren Komplexit�tsgrad hinsichtlich der überzeugungs�nderung
versagen.
Gibt es weitere Qualit�ten, die man in Bezug auf die zu
überzeugenden Individuen verlangen kann? Kann man verlangen, dass die Individuen
davon absehen, welche ganz pers�nlichen Interessen, W�nsche, Bed�rfnisse etc.
sie selber haben?
*XX-270*
�blich ist ja auch die Formulierung, dass eine
Begr�ndung umso besser ist, je besser sie m�glichen bzw. vorgebrachten Einw�nden
standh�lt. Kann man sagen: "Eine Begr�ndung kann nur an Einw�nden scheitern,
nicht jedoch am puren Faktum, dass Individuen nicht überzeugt wurden? Z�hlt das
nicht-überzeugt- werden nur, insofern es sich in einem g�ltigen Gegenargument
ausdr�cken kann? Offenbar ist die blo�e Feststellung; Das überzeugt mich nicht"
kein relevanter Einwand gegen eine Begr�ndung.:" In Bezug auf welche Elemente
(Pr�missen, Folgerungen, Ableitungsregeln) oder Man kann dann versuchen, die als
strittig genannten Elemente ihrerseits zu begr�nden und ebenfalls nach m�glichen
Einw�nden gegen diese Begr�ndung zu suchen.
*XX-271*
Aus welchen Gr�nden auch immer: Man entwickelt
Vorlieben für bestimmte Aussagen und Abneigungen gegen bestimmte andere
Aussagen. Diese Emotionen d�rfen bei der Pr�fung der Wahrheit von Aussagen keine
Rolle spielen.
*XX-272*
Gefordert werden muss auch Ehrlichkeit und
Wahrhaftigkeit bei den an der Diskussion Beteiligten; also bei den Individuen,
im Bezug auf welche die überzeugungskraft einer Begr�ndung gepr�ft wird. Sie
m�ssen es zugeben, wenn für sie ihre Position unhaltbar geworden ist bzw. wenn
sie überzeugt wurden. Bei Gericht ist das anders.
*XX-273*
Zum Zusammenhang von überzeugung und Handeln.
Handelt der T�ter wider besseres Wissen, wenn er seine T�terschaft leugnet,
entsprechend seiner überzeugung? Tut das der L�gner? Tut das jemand, der sich
zum Beweis des Gegenteils auf die für falsch gehaltene überzeugung des Anderen
einlässt?
*XX-274*
Gesucht sind wahre Antworten auf normative Fragen.
Kann es auf die gleiche Frage mehrere unterschiedliche Antworten geben, die alle
richtig sind? Wohl nur, wenn die Frage nicht pr�zise gestellt war. Dies
weiterverfolgen! Welche Anforderungen sind an die Fragen zu stellen?
(292)
Warum muss eine Behauptung, also ein Anspruch auf Wahrheit,
vom Behauptenden begr�ndet werden? Warum tr�gt sich eine Behauptung nicht
selber? Mit einer Behauptung verbindet sich ja der Anspruch, dass sie geglaubt
wird, dass jeder sie für wahr h�lt.
*XX-275*
Hier kommen die
Individuum ins Spiel. Ihnen gegenüber soll die Behauptung begr�ndet, bewiesen,
demonstriert werden, damit sie für wahr gehalten wird. Aus diesem Grunde muss
die Behauptung auf Argumente gest�tzt werden, die allen Adressaten einsichtig
sind bzw. einsichtig gemacht werden können (und auf eindeutige Schlussweisen).
*XX-276*
Man m�sste dies "wissenschaftliche" bzw. rationale
Verfahren der Argumentation einmal konfrontieren mit anderen Verfahren, bei
Individuen bestimmte überzeugungen zu erzeugen: Autorit�tsgl�ubigkeit, Hypnose,
Gehirnw�sche, Offenbarungserlebnisse und Halluzinationen, fr�hkindliche in
Doktrinen, Ausnutzung von Konformismus Streben, Anerkennung durch die soziale
Umwelt, Seelen Massage jeder Art, versteckte Appelle an das Eigeninteresse ...
*XX-277*
Man sagt: "Die Antwort war fast richtig" oder:
"Die Antwort war v�llig falsch". Man stuft hier zwischen "wahr" und "falsch" ab,
etwa wenn die Temperatur, die Uhrzeit, oder die Wahlergebnisse gesch�tzt werden
sollen.
*XX-278*
Wenn man sagt, man sucht nach Wahrheit bzw. nach wahren
Antworten, so darf diese Aufgabe nicht so verstanden werden, wie wenn man nach
vierbl�ttrigen Kleebl�ttern sucht. Im letzteren Fall ist es so, dass man ein
vierbl�ttriges Kleeblatt unmittelbar als solches erkennen kann, wenn man es vor
sich hat. Mit wahren Sätzen ist das nicht so. Wahrheit ist keine Eigenschaft,
die dem Satz als solchem irgendwie anhaftet.
Unter 10 m�glichen Antworten mag
die richtige sein. Ich mag sie vor mir aufgeschrieben haben neben neun anderen,
die falsch sind. Aber ich wei� dann immer noch nicht, welche Antwort
wahr ist. Wahrheit ist keine
Eigenschaft, die dem Satz als solchem irgendwie wie anhaftet. Unter zehn
m�glichen Antworten mag die richtige sein, ich mag sie vor mir aufgeschrieben
haben neben neuen anderen, die falsch sind. Aber ich wei� dann immer noch nicht,
welche Antwort wahr ist. Es bedarf also zus�tzlicher Pr�fungsverfahren, um die
wahre Antwort als solche zu erkennen und zu bestimmen.
*XX-279*
Die Begr�ndung ist hier ein Verfahren (Oder ist
sie das einzige Messverfahren? lässt sich Wahrheit nur an Gr�nden erkennen?) Was
macht seine besondere Eignung aus? Sie f�hrt zu überzeugungen, die das
betreffende Individuum vor sich selber begr�nden kann.
Warum sollte das aber so sein? Weil andernfalls diese
überzeugung indiskutabel wäre, das hei�t, dass eine wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit dieser Position sinnlos wäre? Man k�nnte eine solche
Position nur noch als solche identifizieren. Aber warum soll man Fragen
wissenschaftlich l�sen?
Man k�nnte dies wohl begr�nden, aber das wäre
wiederum eine inhaltliche normative Frage, die bereits eine normative
Methodologie voraussetzt.
*XX-280*
Vor Gericht wird von den Zeugen verlangt, die "ganze" Wahrheit zu
sagen. Dies spielt zum Beispiel eine Rolle bei Antworten, die aus Konjunktionen
bestehen. "Wann haben sie den Get�teten am letzten Montag gesehen?" �"Ich habe
ihn um 9:00 Uhr fr�h gesehen." Dieser Satz mag richtig sein, aber er ist nur die
halbe Wahrheit, wenn der Befragte den Get�teten noch einmal abends um 22:00 Uhr
gesehen hat. Die ganze Wahrheit wäre: "Ich habe den Get�teten am letzten Montag
um 9:00 Uhr fr�h und um 22:00 Uhr abends gesehen".
*XX-281*
A. fragt kritisch gegen meine Formulierungen: "Ist
also das �überzeugt-sein durch Argumente� eine notwendige Bedingung für
Wahrheit? Wenn für einen Satz keine überzeugende Begr�ndung existiert, dann kann
er auch nicht wahr sein."
Das wäre wohl falsch. Ein analoger Satz: "Im Bereich der Milchstra�e gibt es
Himmelsk�rper mit organischem Leben". Dieser Satz mag wahr sein, obwohl dafür
heute noch keinerlei allgemein überzeugende Begr�ndung gegeben werden kann.
Solange bleibt die Behauptung "unentschieden", �strittig�, �offen�, �vertretbar�
.
�Notwendige Wahrheitsbedingung� w�rde bedeuten:
"Wenn ein Satz wahr ist, dann muss dafür auch eine allgemein überzeugende
Begr�ndung gegeben werden können". Auch das wäre nicht richtig. Denn der oben
genannte Satz mag wahr sein, ohne dass heute eine überzeugende Begr�ndung dafür
gegeben werden kann.
*XX-282*
Behauptungen werden durch Argumente
begr�ndet, die ihrerseits Behauptungen sind, also ihrerseits begr�ndet werden
m�ssen, wozu wiederum Behauptungen verwendet werden, usw. Endet also die
Begr�ndung in einem infiniten Regress (oder Zirkel)? Dies muss zum Gl�ck nicht
sein, denn es gibt begr�ndungsrelevante Argumente, bei denen die Frage nach
weiteren Begr�ndungen sinnlos wird. Wenn ich etwa sage: "Ich sehe jetzt den
Zeiger auf der 10 stehen", so wäre es sinnlos für mich, hier nach weiteren
Begr�ndung zu suchen, um mir der Wahrheit dieser Feststellung sicherer zu
werden.
ähnliches gibt es wohl auch im normativen Bereich. Wenn ich
etwa sage: "Ich will jetzt lieber etwas essen als weiter zu hungern", so wäre es
ebenfalls sinnlos für mich, hier nach weiteren Begr�ndungen zu suchen, um mit
dieser Feststellung bzw. ihrer Wahrheit sicher zu werden.
*XX-283*
Aus den verschiedenen Geltungsanspr�chen, die mit
Wahrheit verbunden sind, ergibt sich, dass es unzul�ssig ist, das Wort "wahr"
folgenderma�en zu verwenden:
"Dieser Satz ist heute falsch aber war gestern
wahr" und
"Dieser Satz ist für mich falsch, aber er ist für dich wahr."
*XX-284*
"Wahr" ist ein vertracktes Pr�dikat von Sätzen.
Wahrscheinlich ist es eher wie ein Titel, der dem Satz verliehen wird, als eine
Eigenschaft des Satzes. Ein Satz ist "wahr", hei�t, dass er von jedermann
geteilt werden soll (kann?) bzw. geglaubt werden soll (kann).
*XX-285*
RESCHER macht eine interessante Unterscheidung
zwischen einem garantierenden und einem berechtigenden Kriterium (in Skirbek).
für "Wahrheit" kann es nur berechtigende und keine garantierenden Kriterien
geben.
*XX-286*
Die Begr�ndung ist ja nur der Versuch, die
Wahrheit einer Behauptung dadurch zu demonstrieren dass man diese Behauptung
unter Verwendung g�ltiger Schlussweisen aus anderen Behauptungen ableitet, deren
Wahrheit unstrittig ist
*XX-287*
A. fragt, ob die allgemein überzeugende
Begr�ndbarkeit eine hinreichende Bedingung für Wahrheit ist. Das hie�e: "Immer
wenn eine Behauptung allgemein überzeugend begr�ndet ist, dann ist sie wahr."
Dies kann h�chstens so gelten, dass man dann berechtigt ist, eine Behauptung als
wahr zu bezeichnen, dass man Wahrheit dafür beanspruchen darf, aber nicht im
Sinne eines garantierenden Kriteriums, einer definitiven Feststellung von
Wahrheit.
*XX-288*
Warum ist es nicht sinnvoll, hier ein
garantierendes Wahrheitskriterium einzuf�hren? Dies h�ngt wohl damit zusammen,
dass im
Zeitverlauf neue Erkenntnisse auftauchen können und damit auch neue Argumente in
Bezug auf die fragliche Behauptung. Insofern sind Begr�ndungen � zumindest was
die Empirie angeht � nicht abschlie�bar. Der Nachteil eines garantierenden
Wahrheitskriteriums wäre, dass man sich damit vor neuen Erkenntnissen
verschlie�en w�rde. Aber gibt es Erkenntnisbereiche, in denen man sicher ist,
dass keine neuen und relevanten Argumente mehr auftauchen können?
*XX-289*
A. fragt, ob in meiner Konzeption der Konsens
etwas mit Wahrheit oder auch mit guten Gr�nden zu tun hat. Ich hatte in meinem
1. Brief geschrieben: "Wenn wir nach Antworten suchen auf normative Fragen, so
suchen wir nach Antworten, von deren Wahrheit m�glichst jedermann jederzeit
allein durch Argumente überzeugt werden kann; kurz gesagt: Wir suchen nach
argumentativ konsensf�higen Normen."
Im n�chsten Brief hatte ich
geschrieben: "Wenn ich über überzeugende Gr�nde verf�ge, so bin ich berechtigt,
einen Wahrheitsanspruch für den betreffenden Satz zu erheben bzw. ihn zu
behaupten, das hei�t jedoch nicht, dass der Satz damit definitiv wahr ist."
A. schreibt: "Problematisch ist die Beziehung, dass p konsensf�hig ist und
deshalb begr�ndet. Die Begr�ndung
best�nde
dann in der Zustimmung seitens vieler Individuen, wobei die Zustimmung selbst
nicht normativ qualifiziert werden darf, soll das Ganze nicht zirkul�r werden.
Man kann die Frage, um die es geht, auch so formulieren:
Wie verhalten sich
die beiden folgenden S�tze zueinander:
(1) �Ich bin epistemisch berechtigt zu glauben, dass p�
und:
(2) �Alle r-Personen w�rden ebenso glauben, dass p�
Das r in (2) soll dabei andeuten, dass der Typ von Personen
weiter qualifiziert werden muss, etwa als �rational�. Ich glaube nun nicht, dass
man (1) mit (2) explizieren kann, ohne dass man in �r� das hinein steckt, was in
�epistemischer Berechtigung� auch schon steckt."
Dazu schreibe ich:
*XX-290*
"Begr�ndet wird ein Anspruch auf Wahrheit in Bezug auf einen
bestimmten Satz, also ein Anspruch auf allgemeine interpersonale und
intertemporale G�ltigkeit für diesen Satz.
Eine Begr�ndung ist umso gelungener, je überzeugende sie für
jedermann ist. Jemanden von einem Satz zu überzeugen hei�t, ihn durch Darlegen
von Argumenten zur Bejahung, zum für-wahr-halten des Satzes zu bewegen.
�Argumentative Konsensf�higkeit� hei�t, dass jedermann allein durch Argumente
zur Bejahung (zum für-wahr-halten) des Satzes gebracht werden kann. Das Problem
steckt in dem Wort �kann�
*XX-291*
"Kann" ist ein M�glichkeitsbegriff: Unter welchen
Bedingungen ist es m�glich, dass jedermann durch Argumente von der Wahrheit
eines Satzes überzeugt wird (bzw. zur Bejahung dieses Satzes gebracht wird?)
Wenn man sagt: �Etwas ist m�glich�, dann muss es nicht real bzw. aktuell sein.
Aber es m�ssen Bedingungen angegeben werden, unter denen es real wird. (Gemeint
ist hier nicht: "zuf�llig m�glich". Sonst wäre ununterscheidbar, ob etwas
m�glich ist oder nicht.)
Wenn jemand durch eine Argumentation nicht
überzeugt wird, die jemand anderen überzeugt, so zeigt das, dass einzelne
Elemente der Argumentation strittig sind. Bewegt man sich auf einer anderen
Ebene, wenn man sagt, dass man sich dann nicht einig darüber ist, was (in diesem
Fall) als eine überzeugende bzw. gute Argumentation zu gelten hat? Das wäre dann
die methodologische Ebene.
*XX-292*
Die Begr�ndungen von Behauptungen
haben für verschiedene Individuen insofern verschiedene überzeugungskraft, als
die Individuen verschiedene Standorte in der Welt einnehmen mit entsprechend
verschiedenen Wahrnehmungen und Erkenntnism�glichkeiten. Angenommen, A kann ein
Ereignis direkt beobachten und B kann dies nicht. Ich brauche dann gegenüber A
nicht zu begr�nden,
dass er selber etwas Bestimmtes sieht, aber ich muss gegenüber B begr�nden, dass
A etwas Bestimmtes sieht.
B kann Behauptungen sinnvoll bezweifeln, die A
nicht sinnvoll bezweifeln kann.
*XX-293*
Die Frage, ob ein bestimmtes
Argument ein gutes Argument ist, wird nicht nur am Einzelfall entschieden. Wenn
man sagt: "Das Argument x ist ein gutes Argument", so bezieht man sich auf
bestimmte (konsenserzeugende) Eigenschaften dieses Argumentes. D.h. aber, dass
alle Argumente mit diesen Eigenschaften gute Argumente sein m�ssen. Hier kann
man HAREs Universalisierbarkeitsprinzip (in der elementarsten Form) heranziehen,
das ja für alle Urteile gilt(?).
*XX-294*
Man sagt bei strittigen
Fragen manchmal: "In Bezug auf diese Frage sind unterschiedliche Positionen
vertretbar." D.h. für verschiedene miteinander unvereinbare Antworten existieren
(= sind bekannt) fast gleich gute Begr�ndungen. Oder schw�cher: Es gibt mehrere
nicht widerlegte Antworten auf eine Frage. Man spricht auch von "legitimen
(verst�ndlichen, berechtigten) Meinungsverschiedenheiten". Daraus
ergibt sich ein Pluralismus der Meinungen. Solange eine Frage nicht definitiv
beantwortet ist (und wann ist sie das schon) ist dieser Pluralismus
konkurrierender Wahrheitsanspr�che sinnvoll. Denn er erlaubt es jedem, seine
Meinung als Arbeitshypothese weiterzuverfolgen und nach weiteren Evidenzen für
ihre Richtigkeit zu suchen.
*XX-295*
Die Frage, die ich
weiterverfolgen muss: "Warum ist die Beschaffenheit der individuellen Interessen
relevant für die Beantwortung normativer Fragen?" Eine L�sung wäre, dass ich mich
bewusst auf solche Normen beschr�nke, die geeignet sind, Konflikte zwischen
individuellen Interessen (Willen) zu l�sen. Aber das wäre eine definitorische
L�sung. Die resultierenden Normen w�rden nur unter dem Vorbehalt gelten, dass
keine anderen Gesichtspunkte normativ wirksam bzw. relevant sind.
*XX-296*
TOULMIN meint (�Place of Reason .. ), dass es keinen Zweck hat, der
allgemeinen Frage nachzugehen was gute Gr�nde sind:
*XX-297*
TOULMIN will die Kriterien für ethische Argumente durch eine
Bestimmung der �Funktion� der ethischen Argumentation in der Praxis gewinnen.
Aber die Probleme von Funktionsbestimmungen diskutiert er nicht weiter. Au�erdem
ist für ihn Bezugspunkt, wie eine Pflicht oder etwas ähnliches in der
gesellschaftlichen Praxis tats�chlich erkannt wird. Das ist letztlich ein
Vertrauen darauf, dass es, so wie es ist, auch gut ist.
*XX-298*
Die
Frage:
"Warum sind für die
Richtigkeit normativer Behauptungen die (aufgekl�rten) Willen der Individuen
entscheidend?" mit der Frage vergleichen:
"Warum sind für die Richtigkeit
positiver Behauptungen die (überpr�ften) Beobachtungen der Menschen
entscheidend?"
Beides ist ja keine Frage der reinen Logik oder
Begriffsbedeutung. Im Falle der normativen Behauptungen m�sste die Begr�ndung
wohl so laufen, dass in Bezug auf andere normative Ausgangspunkte der
Argumentation gezeigt wird, dass sie
nicht direkt konsensf�hig sind, sondern ihrerseits der Rechtfertigung bed�rfen,
dass sie insofern nicht als Basiss�tze normativer Argumentation geeignet sind.
Das wäre zu zeigen für Rechte, Werte etc. als gegebene Basis der normativen
Argumentation.
*XX-299*
Wenn man den Ausgangspunkt normativer Argumentation beim Willen
(bzw. Wohlergehen) der Individuen nimmt, dann entspricht das strukturell dem
Vorgehen bei individuellen Entscheidungen. Auch
dort wären ja nicht nur die eigenen Interessen des betreffenden Individuums
sondern auch die vom Individuum verfolgten Werte, Ideale, Normen zu
ber�cksichtigen, die ebenfalls in seinen Pr�ferenzen Ausdruck finden.
Wenn man als Ausgangspunkt normativer Argumentation bereits moralische
Intuitionen nimmt, so entspricht das eher der Struktur der
Erfahrungswissenschaft, wo ebenfalls bereits empirische Wahrnehmungen zum
Ausgangspunkt genommen werden. Individuelle Interessen m�ssen dagegen erst durch
das Solidarit�tsprinzip oder etwas Entsprechendes aggregiert bzw. transformiert
werden.
*XX-300*
Es kann natürlich auch sein, dass sowohl individuelle
Interessen als auch moralische Intuitionen Ausgangspunkte normativer
Argumentation sein können. Allerdings w�rde die Theorie dadurch erheblich
komplizierter.
*XX-301*
Wertungen können nur dann Ausgangspunkte sein,
wenn sie hinreichend konsensf�hig sind und wenn sie prim�r sind.
(was hei�t hier "prim�r"?)
(Es
folgen Zitate von PATZIG sowie SIDGWICK; TUGENDHAT; UND LEIST.)
*XX-302*
A. schreibt zustimmend zu Tugendhat: "� dass die
übereinstimmung allein nicht hinreichend (für Wahrheit) ist. Wichtig ist die
übereinstimmung in korrekten Argumenten und das Kriterium für korrekte Argumente
ist nicht wiederum die übereinstimmung. Dass der Satz: �Dieser Fleck ist rot�
richtig ist, ist nicht allein dadurch gegeben, dass alle mit mir übereinstimmen,
sondern dadurch, dass das Pr�dikat in seiner Anwendung so geregelt ist, dass die
übereinstimmung in diesem Urteil richtig ist."
*XX-303*
Nehmen wir das
Beispiel "Dieser Fleck ist rot". Wenn wir uns fragen, ob dieser Satz wahr ist,
welche Rolle spielt dabei seine argumentative Konsensf�higkeit? Wie kann Person
A die Behauptung �Dieser Fleck ist rot� begr�nden? A sagt: "Ich sehe diesen
Fleck deutlich vor mir und ich sehe, dass er rot ist."
Die Begr�ndung der
Behauptung eines Sachverhaltes erfolgt also durch die Behauptung über eine
entsprechende (visuelle) Wahrnehmung. Warum ist diese Begr�ndung normalerweise
als Begr�ndung allgemein überzeugend? Sie ist dies unter zwei Voraussetzungen.
Die eine ist die, dass A bei der Mitteilung über seine Wahrnehmung nicht bewusst
l�gt. Die andere Voraussetzung ist, dass A mit dem Wort �rot� dasselbe meint wie
wir, n�mlich die Farbe reifer Tomaten.
Wenn A. weder bewusst irref�hren
will, noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hat, so ist der Hinweis,
dass er den Fleck mit eigenen Augen gesehen hat, normalerweise eine allgemein
überzeugende Begr�ndung für den Satz: �Dieser Fleck ist rot�, d.h. der Satz ist
argumentativ konsensf�hig.
*XX-304*
Aber warum ist der Hinweis auf die
deutliche visuelle Wahrnehmung
ein
allgemein überzeugender Grund? Der Begr�ndung hierfür liegt meines Erachtens
darin, dass ein bestimmter Farbton, den jemand deutlich vor sich sieht, auch von
anderen normalerweise als derselbe wahrgenommen wird und A deshalb berechtigt
ist, den Satz als wahr zu behaupten. "Normalerweise"
deshalb, weil natürlich die F�higkeit, zu sehen und farbig zu sehen von
Individuum zu Individuum schwanken kann.
H�tte A als Begr�ndung für
seine Behauptung gesagt: "Immer wenn ich die Augen schlie�e und mich ganz auf
die zwei Worte �dieser Fleck� konzentriere, so habe ich die Eingebung �rot�", so
h�tte die Begr�ndung sicherlich niemanden überzeugt, eben weil es keine
intersubjektive übereinstimmung bei derartigen Eingebungen gibt.
Nach
dieser Auffassung stellen Hinweise auf Wahrnehmungen aus methodologischen
Gr�nden gute Argumente bei Fragen nach der Beschaffenheit der Welt (speziell
nach der fürbung von Gegenst�nden) dar.
*XX-305*
Gegen diese
Auffassung w�rde TUGENDHAT wahrscheinlich einwenden, dass jemand, der sich bei
der Frage nach der Farbigkeit von Gegenst�nden nicht auf seinen Farbeindruck im
direkten Ansehen des Gegenstandes beruft, den Sinn des Satzes und speziell des
Wortes "rot" gar nicht verstanden habe: Die Bedeutung des Satzes "Dieser Fleck
ist rot" w�rde durch dessen Verifikationsregeln ausgemacht und diese
bez�gen
sich auf empirische Wahrnehmung.
So selbstverst�ndlich, wie uns die
Berufung auf direkte Wahrnehmung im Falle der Farbe eines Fleckes auch ist, so
würdech doch bezweifeln, dass sie in der Bedeutung des Wortes "rot" bereits
enthalten ist, dass man die Frage, ob etwas rot ist durch Hinsehen und nicht
durch meditative Eingebung, Tr�ume, etc. zu entscheiden habe.
Mir scheint,
dass dabei die von der modernen Erfahrungswissenschaft gepr�gte Weltsicht unter
der Hand in die Sprache und ihre Bedeutung hineingelegt wird. A klassifiziert
solche S�tze von vornherein als empirische S�tze, d.h. er klassifiziert sie vom
Verifikationskriterium der Empirie her.
Man k�nnte sie aber z. B. auch
neutraler als "positive S�tze" oder "Feststellungen" bezeichnen.
T. w�rde
wahrscheinlich weiter einwenden, dass das Wort "rot" ja nicht anders erlernt
werden kann, als durch das Ansehen von Gegenst�nden, die vom Sprachlehrer als
"rot" bezeichnet werden. Damit geh�re das direkte Hinsehen zur Bedeutung des
Wortes "rot". Aber Methoden des Lebens und Lernens sind mit der gelehrten
Bedeutung ja nicht identisch. (N�her begr�nden).
*XX-306*
Wenn man
aber nun der Auffassung zustimmt, dass der Sinn eines Satzes in den Regeln
seiner Verifikation besteht, kann man dann nicht immer noch sagen, dass dann
eben die Verfahren der Sinnvermittlung
und
Sinngebung von Sprache so konstruiert sind, dass Intersubjektivit�t und
Konsensf�higkeit entsteht. Dass es sich um ein Prinzip der Methodologie handelt,
wird daran deutlich, dass es dazu dient, bestimmte S�tze als "sinnlos"
auszugrenzen, eben jene, für die kein Verifikationsverfahren angegeben werden
kann. Was ist mit dem Satz: "Dieser Mann ist von einem Teufel besessen"? Was
sind die Verifikationsregeln für den Satz: "x ist von einem Teufel besessen"?
*XX-307*
Dass ein Wort wie "rot" Bestandteil der Sprache ist, also
gelehrt und gelernt werden kann, setzt schon so etwas wie eine übereinstimmende
diesbez�gliche Wahrnehmung voraus. Angenommen wir w�rden nur schwarz-wei� sehen
können oder besser: angenommen die Farben würdendividuell im Gehirn hinzu
koloriert, so wäre ein Wort wie "rot" nicht lehr- und lernbar, es sei denn,
bestimmte Farben w�rden immer mit bestimmten anderen Ph�nomenen verbunden
auftauchen etwa bestimmte Stimmungen, Erkrankungen, physiologische Zust�nde
etc..
Was macht denn der Sprachlehrer, wenn er die Verwendung eines
Wortes lehrt? Nehmen wir Worte, die sich nicht durch R�ckgriff auf andere
bereits bekannte Worte definieren lassen, wie "rot" oder "blau". Der
Sprachlehrer hat vor sich und dem Sch�ler ein Bilderbuch, in dem ein roter und
ein blauer Ball gemalt sind. Er zeigt auf den gemalten roten
Ball und
sagt: "Dieser Ball ist rot". Dann zeigt er auf den gemalten blauen Ball und
sagt: "Dieser Ball ist blau". Der Lehrer arbeitet dabei selber mit Behauptungen,
d.h. er demonstriert den Gebrauch des Wortes "rot" in der Praxis. Er fragt dann
vielleicht den Sch�ler: "Welcher von den B�llen ist rot?" Der Sch�ler zeigt auf
einen der B�lle. Wenn er auf den roten Ball zeigt, sagt der Lehrer: "Richtig,
dieser Ball ist rot. Wenn er auf den blauen Ball zeigt, sagt der Lehrer:
"Falsch, dieser Ball ist nicht rot, dieser Ball ist blau".
Wenn das
Sprachlernen in der beschriebenen Weise verl�uft, so ist die Vermittlung des
richtigen Wortgebrauchs ununterscheidbar vom Erlernen des Aufstellens wahrer
Behauptungen.
Der Gebrauch des Wortes "rot" wird hier also erlernt unter
der Bedingung, dass der rote Gegenstand
vom Lehrer und vom Sch�ler deutlich gesehen werden kann. Nur wenn der
Sch�ler den Farbeindruck selber hat, kann er ihn mit dem zugeh�rigen Wort "rot"
verbinden.
Wenn der Lehrer die B�lle in verschlossenen Blechdosen h�tte
und sagen w�rde: "In dieser Dose ist ein roter Ball und in jener Dose ist der
blaue Ball", so k�nnte der Sch�ler das Wort "rot" nicht erlernen. Der Sch�ler
muss den visuellen Roteindruck haben, um eine Assoziation
mit dem
Wort "rot" im Gehirn herstellen zu können.
*XX-308*
Angenommen, diese
Verbindung ist für den Lernenden hergestellt. Er kann also auf Befragen unter
mehreren gezeigten Gegenst�nden die roten Gegenst�nde heraussuchen. Ist damit
auch gesagt, dass er wei�, dass man den Gegenstand direkt ansehen muss, um zu
entscheiden, ob er rot ist oder nicht? Ist das mit "Verifikation" gemeint?
Geh�rt das zur Bedeutung des Wortes "rot"? Ich glaube nicht. (Ich m�sste dazu
nochmal TUGENDHATS Interpretation von TARSKI lesen)
Das Erlernen des
Wortes "rot" in der oben beschriebenen Weise setzt voraus, dass der Sch�ler die
Sprache des Lehrers erlernen will. Das hei�t, dass der Lehrer bestimmt, welche
�u�erung des Sch�lers richtig sind und welche nicht. Der Sch�ler erkennt die
Autorit�t des Lehrers in dieser Hinsicht an, d.h, die �u�erung des Sch�lers kann
nur richtig sein, wenn sie mit der �u�erung des Lehrers übereinstimmt bzw. wenn
der Lehrer die �u�erung als richtig best�tigt.
Insofern ist das
Sprachlernen bereits auf übereinstimmung angelegt: Der Sch�ler will dieselbe
Sprache sprechen wie der Lehrer. Das Sprachlernen kann nur funktionieren, wenn
der Lehrer wahre �u�erungen macht bzw. wenn der Sprachlehrer selber seine
Begriffe konsistent benutzt. Das erfolgreiche Sprachlernen unterliegt
gewissen
Regeln, die sich wohl mit den methodologischen Regeln decken.
*XX-309*
W�rde sich die Situation �ndern, wenn das Sprachlernen nicht im praktischen
Gebrauch beim behaupten realer Sachverhalte erfolgen w�rde, sondern ausdr�cklich
als Information über den Sprachgebrauch. Der Sprachlehrer w�rde dann sagen: "Die
Farbe dieses Balles nennt man in der deutschen Sprache �rot�. Die Farbe jenes
Balles nennt man in der deutschen Sprache �blau�".
Zur Kontrolle des
Lernens w�rde der Lehrer fragen: "Wie nennt man die Farbe dieses Balles?" und er
w�rde gleichzeitig auf einen Ball zeigt, etwa den roten. Wenn der Sch�ler auf
die Frage antwortet: "Die Farbe dieses Balles nennt man �rot�", so wird der
Lehrer sagen: "Richtig, die Farbe dieses Balles nennt man �rot�."
Der Lehrer
kann dies aber nur dann sagen, wenn er tats�chlich auf den roten Ball gezeigt
hat. Also wird auch die Wahrheit des Satzes: "Der Lehrer zeigt auf den roten
Ball" vorausgesetzt.
*XX-310*
Angenommen, ich habe mit Person A einen
Dissens über den Satz: "Dieser Fleck ist rot". Wie kann ich feststellen, ob er
den Gebrauch des Wortes �rot� nicht beherrscht oder ob er einen anderen Fehler
macht? Vorausgesetzt sei, dass der Fleck tats�chlich rot ist. Vorausgesetzt
sei
au�erdem, dass der Dissens nicht dadurch beseitigt werden konnte, dass ich A den
Fleck aus der N�he bei Tageslicht vorgef�hrt habe.
Ob A die Bedeutung des
Wortes "rot" kennt, k�nnte man feststellen, indem man ihm verschiedene
Gegenst�nde pr�sentiert und ihn auffordert, die roten Gegenst�nde auszusuchen.
Wenn er etwa alle gr�nen Gegenst�nde als rot identifiziert, so kann man daraus
schlie�en, dass er das Wort �rot� anders als �blich verwendet, so dass es einer
übersetzung bedarf, um den sprachlich bedingten Dissens zwischen uns aufzul�sen.
(Eventuell verstellt er sich aber auch nur bewusst.)
Man k�nnte ihn auch
fragen: "Wie bezeichnest Du die Farbe reifer Tomaten?" Wenn er diese Frage mit
"gr�n" beantwortet, so erkennt man, dass er das Wort "rot" anders als �blich
verwendet.
Ob A sich verstellt oder den Dissens ernst meint, k�nnte man
folgenderma�en "testen". Man setzt ihn vor einen Apparat mit Kn�pfen von
unterschiedlicher Farbe und sagt ihm: "Beim Ert�nen eines Summtons musst Du
innerhalb von 3 Sekunden den roten Knopf dr�cken. Andernfalls bekommst Du einen
schmerzhaften Elektroschock."
Wenn er trotzdem nicht den roten sondern einen
anderen Knopf dr�ckt, so zeigt dies, dass er seine Behauptung über die Farbe
reifer Tomaten wohl ernst und ehrlich meint.
*XX-311*
Das Sprachlernen ist ganz auf Konsens angelegt. Der Sch�ler wird
durch Nachahmen dazu gebracht, den Gegenst�nden dieselben Farbworte beizulegen,
wie es der Lehrer tut. Ma�stab des erfolgreichen Sprachlernens ist es, wie weit
die �u�erungen des Sch�lers mit denen des Lehrers übereinstimmen. Einen Dissens
kann der Sch�ler mit dem Lehrer sinnvollerweise erst dann haben, wenn er die
Sprache bereits beherrscht.
Wenn der Lehrer selbst Fehler macht, z. B.
die Farbe einer gelben Blume aus Versehen als �rot� bezeichnet und ansonsten
aber diese Art von Blumen als "gelb" bezeichnet, so muss das den Sch�ler
verwirren und sein Sprachlernen behindern.
Das Sprachlernen erfolgt bei
Menschen allerdings so, dass gelegentliche Ausrutscher eliminiert werden. Das
ist bei Computer anders, die auf solche Inkonsistenzen bei der Programmierung
total reagieren w�rden. Allerdings reicht dort zum Lernen auch ein einmaliger
Befehl, und es bedarf nicht der h�ufigen Wiederholung, wie beim menschlichen
Sprachlernen.
*XX-312*
Das Sprachlernen ist nur dann erfolgreich,
wenn die Worte an den typischen, den charakteristischen Anwendungsf�llen gelernt
werden, wo die sachliche Richtigkeit der �u�erung v�llig unproblematisch ist.
Wenn die
Worte an Grenzf�llen ihrer Anwendung exemplifiziert werden, ist das Lernen
erschwert oder v�llig unm�glich. Dies ist etwa der Fall, wenn die Worte �rot�
und �gelb� nicht an den reinen Farbt�nen, sondern an eher r�tlichen oder eher
gelblichen Oranget�nen gelernt werden.
Der Sch�ler kann nur das mit
unterschiedlichen W�rtern bezeichnen, was er auch als unterschiedlich wahrnehmen
kann. Und er kann nur das mit dem gleichen Wort bezeichnen, was er in Bezug auf
das relevante Merkmal als �gleich� wahrnehmen kann. Wenn ein Sch�ler von seinem
Lehrer eine bestimmte Sprache mit einem bestimmten Wortschatz erlernen kann, so
zeigt das, dass er über ein entsprechend differenziertes Wahrnehmungsverm�gen
verf�gt.
*XX-313*
Behauptungen, die W�rter oder Wendungen enthalten,
die für mich nicht verst�ndlich gemacht werden können, deren Verwendungsregeln
ich nicht erlernen kann, sind für mich indiskutabel. Einen Wahrheitsanspruch für
derartige Behauptungen zu erheben wäre unsinnig. Man kann nicht etwas für wahr
halten, das man gar nicht versteht.
*XX-314*
TUGENDHAT zum Problem Wahrheit � Begr�ndung � Bedeutung:
T.
schreibt in "Logisch semantische Pr.�" S.221, �"dass wir eine Aussage nur
verstehen, wenn wir wissen, was der Fall ist, wenn sie wahr ist, und d.h.
weiterhin: wenn wir wissen, wie sie zu verifizieren ist. In "Probleme der Ethik"
schreibt er (Seite 61) "für einen empirischen Satz gilt, dass sein
Begr�ndungskriterium letztlich die Erfahrung ist, und wenn wir uns �
nach der Begr�ndung dieses
Begr�ndungskriteriums fragen, ergibt sich, dass es in der Bedeutung eines
empirischen Satzes gr�ndet� Diese Behauptung lässt sich ihrerseits nur begr�nden
durch eine semantische Analyse der entsprechenden S�tze. �.
Wenn es sich um die Frage handelt, wie ein bestimmter Typus von
Sätzen zu begr�nden ist oder ob er gar nicht zu begr�nden ist, sehen wir uns auf
die semantische Struktur dieser S�tze verwiesen."
Man hat einen
bestimmten Typus von Behauptungen und fragt, wie man für oder gegen derartige
Behauptungen argumentieren kann, wie ein Wahrheitskriterium für derartige
Behauptungen zu bestimmen sei. Aber ist es in den Erfahrungswissenschaften nicht
eher umgekehrt?: Man hat das Kriterium der Beobachtung. Welche Behauptungen mit
diesem Kriterium zu erfassen sind, bestimmt den Bereich der
Erfahrungswissenschaft. Was au�erhalb des Kriteriums der Beobachtung liegt, darüber
enth�lt man sich als Wissenschaftler des Urteils.
K�nnte man im
normativen Bereich ähnlich vorgehen und sagen: Wir haben das Kriterium des
solidarisch bestimmten Gesamtinteresses und beschr�nken uns in unseren Urteilen
auf diejenigen Normen, die diesem Kriterium zug�nglich sind, die also den Zweck
haben, Interessenkonflikte zu entscheiden?
Aber gibt es Normen, die sich
nur auf Interessen beziehen? können nicht immer auch andere Gesichtspunkte oder
Kriterien auf dieselben Normen angewandt werden? Wie ist das bei positiven
Aussagen? K�nnte man das Problem aufl�sen durch den Nachweis, dass die andern
Gesichtspunkte nicht konsensf�hig sind?
T. verlegt offenbar alle
methodologischen bzw. wissenschaftstheoretischen Probleme in die Semantik: "Wenn
es sich darum handelt, wie ein bestimmter Typus von Sätzen zu begr�nden ist,
sehen wir uns auf die semantische Analyse verwiesen (P. d. Ethik, S.61). Man
muss demnach nach der Bedeutung des Satzes, der S�tze und Worte fragen. Die
Bedeutung eines Satzes zu wissen, hei�t dann, zu wissen, wie er zu verifizieren
ist.
Damit ist das Problem der Begr�ndung gel�st, die Methodologie in
die Semantik eingegliedert. Aber stimmt das? Nehmen wir den Satz: "Sie sind
gestern um 12:30 Uhr auf der Hauptstra�e mit Ihrem PKW schneller als 50 km/h
gefahren". Wie kann man begr�nden, ob jemand schneller als 50 km/h gefahren ist?
Sagt uns die semantische Analyse, ob die pers�nliche Einsch�tzung eines
Polizisten, ich sei ca. 60 km/h gefahren, eine hinreichende Begr�ndung ist oder
ob die Messung durch einen Radarwagen eine hinreichende Begr�ndung der obigen
Behauptung ist?
Wie lernt der Sprachsch�ler die Verwendungsregeln der
W�rter und S�tze? Kriterium, ob der Sch�ler diese Regeln befolgt, ist die
übereinstimmung mit dem Lehrer. Der Konsens ist also das einzige Merkmal, an dem
der Lehrer feststellen kann, ob der Sch�ler die Worte korrekt gebraucht, ob er
dieselben Verwendungsregeln bzw. Begr�ndungsregeln befolgt.
*XX-315*
Moralische Normen sind unbedingte, absolute Normen, insofern ihre Geltung nicht
aus irgendeinem vorausgesetzten Normsystem abgeleitet wird. Es geht um die
Frage: Was soll ich tun, ohne wenn und aber: Nicht: Was soll ich tun, wenn ich
das geltende Recht, die geltende Moral, Sitte, Kondition, Etikette o.�. beachten
will und auch nicht: Was soll ich tun, wenn ich mein Wohlergehen verfolgen will
o.�. Insofern fordert die moralische Entscheidung Autonomie und erkennt keine
andere Autorit�t an als die Vernunft.
*XX-316*
Wenn ich die Farbe eines Gegenstand als "rot" bezeichne und ein
Farbenblinder kann mir nicht zustimmen, so lässt sich insofern zwar kein Konsens
herstellen, aber es besteht zwischen mir und dem Farbenblinden auch kein
Dissens. Er widerspricht mir nicht, er kann mir auch gar nicht widersprechen,
denn für ihn hat das Wort "rot" keine Bedeutung (es sei denn, er kann Farben auf
anderem Wege für sich unterscheidbar machen, etwa über die Messung der
Lichtfrequenzen). Der Farbenblinde ist für die Frage, ob etwas rot ist,
unzust�ndig.
Wir lernen die beschreibende Sprache an eindeutigen
Standardf�llen, für die eine gemeinsame Wahrnehmungsbasis existiert: Standard
der Wortverwendung sind F�lle der unmittelbaren, gegenw�rtigen Wahrnehmung:
"Dieser Fleck ist dunkelblau". Dann folgt die Anwendung auf gegenw�rtig nicht
wahrnehmbare Gegenst�nde. "Das Hemd, das ich gestern trug, war blau". Stellt
sich das Wahrheitsproblem erst auf dieser Stufe, nicht jedoch für die
Standardf�lle?
TUGENDHAT w�rde wohl sagen: "Ein Satz ist wahr, wenn er
korrekt entsprechend den für ihn geltenden Verwendungsregeln angewandt wurde,
und nicht, wenn er konsensf�hig ist."
Aber das Kriterium für die
korrekte
Verwendung der Sprache (die korrekte Befolgung der sprachlichen
Verwendungsregeln) ist doch seinerseits der Konsens.
*XX-317*
über
die Standardf�lle der Sprachverwendung kann man sich nicht sinnvoll streiten.
Ein Dissens hier w�rde nur zeigen, dass man keine gemeinsame Sprache spricht. Es
wäre ein Streit um Worte, aber kein inhaltlicher Konflikt.
*XX-318*
Am
Rande: Ein lehrreiches Beispiel für Wissenschaftsfeindlichkeit mit allen
problematischen Konsequenzen findet sich in H. Str. Chamberlains
"Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts". S. 292
A macht die
Unterscheidung zwischen einem Hintergrundkonsens (=HK) und einem
Wahrheitskonsens (= WK). Der Hintergrundkonsens bezieht sich auf
Hintergrundannahmen der Erkenntnis und ist notwendige Bedingung für m�gliche
Erkenntnis.
Einen Schl�ssel zur Bestimmung des Hintergrundkonsens haben
wir mit der übereinstimmung in den Bedeutungsregeln.
Der WK bezieht sich
dagegen auf eine bestimmte Erkenntnis. Die Frage, um die es dabei geht,
formuliert A so: "In welchem Verhältnis steht "Die Mitglieder der Gruppe G
stimmen mit Gr�nden R darin
überein,
dass p" zu: "Es ist der Fall, dass p?" (soweit A)
Seiner Meinung nach
bezogen sich meine Ausf�hrungen nur auf den Hintergrundkonsens und sind insofern
keine Antwort auf seine Skepsis hinsichtlich des WK.
*XX-319*
Kamlah/Lorenzen schreiben: "Wenn auch jeder andere, der mit mir dieselbe Sprache
spricht, der sachkundig und vern�nftig ist, einem Gegenstand nach geeigneter
Nachpr�fung den Pr�dikator P zusprechen w�rde, dann habe auch ich das Recht zu
sagen: "Dies ist P" (Dann kommt der Pr�dikator
P diesem Gegenstand zu). Und wenn diese Bedingung erf�llt ist, dann darf
ich ferner sagen: "Die Aussage �Dies ist P� ist wahr." (Dann kommt der
Pr�dikator �wahr� dieser Aussage zu) oder auch: "Die Behauptung �Dies ist P� ist
berechtigt." (In Skirrbek S.485f.) "Jeder andere kann sich davon überzeugen und
muss mir dann zustimmen:"
*XX-320-*
Ich hatte geschrieben: "Die
übereinstimmung in Bezug auf die exemplarischen Standardf�lle des Wortgebrauchs
ist geradezu der Ma�stab des Erfolgs beim Erlernen der Sprache."
A sieht
hier Zirkularit�t: "Wie kann ich denn wissen, dass ich mit B hinsichtlich "Es
regnet jetzt" übereinstimme, wenn ich nicht unterstellen darf, dass B "Es regnet
jetzt"
genauso verwendet wie ich?
A verweist dazu auf
DAVIDSONs "Belief and the Basis of Meaning". Ohne Ds Aufsatz zu kennen,
würdech darauf erst einmal folgendes antworten:
Ob ich mit B hinsichtlich
des Satzes "Es regnet jetzt" übereinstimme, sehe ich doch daran, dass B diese
Aussage in Bezug auf die gleichen für uns beide eindeutig wahrnehmbaren
Ph�nomene macht wie ich.
Wenn es sich allerdings um Aussagen über
Ph�nomene handelt, die wir nicht gemeinsam wahrnehmen oder wahrgenommen haben,
zum Beispiel "Gestern hat es in Hamburg geregnet", mag es sein, dass wir beide
diesem Satz zustimmen, diese übereinstimmung jedoch irref�hrend und nur
scheinbar ist, weil wir beide unter "regnen" etwas Verschiedenes verstehen, ohne
es zu merken.
Und wenn es sich um ein Ph�nomen handelt, das im
Grenzbereich des Wortes �regnen� liegt, etwa �Schneeregen�, so m�gen wir in dem
Satz "Es regnet jetzt" übereinstimmen, obwohl B etwas anderes meint als ich,
weil er �schneien� als �regnen� bezeichnet.
A wendet weiterhin ein, dass
man die übereinstimmung im Wortgebrauch auch durch verbale Erl�uterungen
feststellen k�nnte, ohne gleichzeitig testen zu m�ssen, ob man darin übereinstimmt,
dass es jetzt de facto regnet. Dies ist wohl richtig, gilt jedoch nur für
abgeleitete Begriffe, die sich durch Definition mit anderen Begriffen gewinnen
lassen. Es kann nicht für alle Begriffe einer Sprache gelten.
Beim
Sprachlernen wird nicht so vorgegangen, dass die Grundbegriffe durch Aufzeigen
definiert werden ("Dies ist �rot�") und die abgeleiteten Begriffe verbal mit den
Grundbegriffen definiert werden, sondern auch die ableitbaren Begriffe werden -
wenn m�glich - durch Aufzeigen definiert. Es bleibt dabei unklar, welches die
Grundbegriffe sind und welches die abgeleiteten. So wie in einem einsprachigen
W�rterbuch werden die W�rter wechselseitig auseinander erkl�rt, ohne eine
eindeutige Hierarchie von grundlegenden und abgeleiteten Begriffen einzuhalten.
(Man m�sste daraufhin einmal W�rterb�cher wie das Oxford Dictionary
untersuchen).
Mit As Unterscheidung von Hintergrundkonsens und
Wahrheitskonsens habe ich meine Schwierigkeiten. Wenn der Hintergrundkonsens in
der übereinstimmung in Bezug auf die Wortbedeutung besteht o.k., aber wie ist es
mit intersubjektiv
übereinstimmenden Beobachtungen bzw. Wahrnehmungen? Ist das auch
Hintergrundkonsens, dass ein Augenzeuge hinsichtlich der Wahrheit einer Aussage
in der Regel entscheidend ist?
*XX-321*
Wenn man davon ausgeht, dass
jede Aussage entweder wahr oder falsch ist, und wenn man sich zugleich
klarmacht, dass über viele Aussagen kein Konsens herstellbar ist, weil sie nicht
ausreichend überpr�fbar sind, so folgt daraus, dass es viele wahre Aussagen
gibt, über die kein Konsens herstellbar ist. Aus diesem Grunde z�gere ich,
Konsensf�higkeit als Definiens oder als Kriterium für "Wahrheit" zu nehmen, und
formuliere deshalb:
"Man ist nur dann berechtigt, eine Aussage als wahr
(oder falsch) zu behaupten, wenn die Aussage argumentativ konsensf�hig ist."
Ein Beispiel: Vor mir liegt ein Haufen mit Erbsen. Ich greife in den Haufen
hinein und f�lle meine rechte Hand mit Erbsen. Dann sage ich: "Jetzt befinden
sich in meiner rechten Hand 107 Erbsen." Dann leere ich meine Hand wieder und
lege die Erbsen zur�ck. Ob tats�chlich 107 Erbsen in meiner Hand waren, wird nie
mehr feststellbar sein, ein Konsens über diese Aussage erscheint unm�glich.
Insofern ist es problematisch zu sagen: "Eine Aussage ist dann wahr, wenn über
sie ein Konsens herstellbar ist."
Das Problem lie�e sich dadurch umgehen,
dass man sich auf
"ideale Erkenntnisbedingungen" bezieht. Das tun wohl Kamlah/Lorenzen, wenn sie
sagen, dass jeder bei geeigneter Nachpr�fung zustimmen w�rde. Dabei bleibt
offen, was "ideale Erkenntnisbedingungen" sind bzw. was eine "geeignete
Nachpr�fung" ist. Ist hier der von A befürchtet Zirkel zu erwarten? Ist eine
vollst�ndige Auflistung der geforderten Erkenntnisbedingungen m�glich? Steckt
hier nicht die gesamte Methodologie drin, die ihrerseits als unkontrovers
vorausgesetzt wird?
Auf mein Beispiel bezogen k�nnte man sich
wahrscheinlich einigen, was eine "geeignete Nachpr�fung" der Anzahl der Erbsen
in meiner Hand gewesen wäre, das Abz�hlen. (�brigens setzen auch Kamlah/
Lorenzen <Ich bin berechtigt zu sagen: �Dies ist P� ist wahr> gleich mit <�Dies
ist P� ist wahr>.)
*XX-322*
Wie h�ngt "Ich bin berechtigt zu
behaupten, dass P wahr ist" mit "P ist wahr" zusammen? Meine Berechtigung ergibt
sich aus den Gr�nden für die Wahrheit von "P ist wahr".
"Wahrheit"
bedeutet G�ltigkeit für jeden und für immer. Aber weil man u.U. nicht wei�, ob
ein Satz wahr ist, man kann nicht sagen: "Wenn ein Satz wahr ist, dann muss ihm
jeder jederzeit zustimmen". Aber zul�ssig ist: "Wenn ein Satz als wahr erwiesen
ist, dann muss ihm jeder jederzeit zustimmen."
*XX-323*
Wenn sich zwei kleine Kinder, Peter und Klaus, auf dem Spielplatz um den
Besitz einer Backform streiten, so ist das in gewisser Weise auch ein Streit um
Normen, also um das, was sein soll. Peter sagt: "Gib mir die Backform!" bzw."Du
sollst mir die Backform geben!" Und Klaus sagt:"Lass mir die Backform!" bzw. "Du
sollst mir die Backform lassen!", wobei Peter versucht, die Backform Klaus aus
der Hand zu rei�en.
Hier steht einfach Wille gegen Wille. Die jeweilig
gewollten Zust�nde der Welt, sind miteinander unvereinbar: Entweder benutzt
jetzt Klaus oder Peter die Backform, jedoch können nicht beide gleichzeitig die
Backform haben.
Von einem solchen Konflikt des Wollens und der
Imperative muss der Fall unterschieden werden, wo jemand eine Norm formuliert
mit dem Anspruch, recht zu haben, und wo jemand anders
die Norm
bestreitet, indem er zugleich bestreitet, dass der andere Recht hat.
Hier
einmal die Unterschiede zwischen beiden F�llen sorgf�ltig herausarbeiten. Woran
erkennt man, dass jemand eine formulierte Norm nicht als blo�e subjektive
Willens�u�erung sondern als "g�ltige" ("richtige") Norm meint?
Entscheidend ist wohl, welche Art von Gr�nden angef�hrt werden, um der
ge�u�erten Norm Nachdruck zu verleihen."
Klaus: "Warum soll ich
dir die Backform geben?"
Peter: "Weil ich es so will."
Klaus: "Warum soll ich
das tun, was du von mir willst?"
Peter: "Weil ich dich
sonst haue." Oder:
"Weil ich Dir sonst nichts von meiner Schokolade abgebe."
Letztlich m�ssen die Gr�nde Appelle an das Eigeninteresse des Normadressaten
sein, wobei dies Interesse auch durch Sanktionsdrohungen oder Versprechungen
noch eigens verst�rkt sein kann.
(? Wo ist die "vern�nftige" oder die
"einvernehmliche" L�sung des Konfliktes?
*XX-324*
Aber wie ist es,
wenn jemand zwar nicht an individuelle Interessen, aber an spezifische
überzeugungen appelliert. Bei einem Mohammedaner
argumentiert er etwa mit Vorschriften des Korans, die dieser für g�ltig h�lt.
Wie ist es bei "immanenter Kritik"? Hier orientiert sich zumindest der eine
Partner an "g�ltigen" Normen.
*XX-325*
Tugendhat sagt, dass
Intersubjektivit�t kein Kriterium sondern eine Folge der Wahrheit einer Aussage
ist. Aber wieso ist sie das? Und was macht das für einen Unterschied? Wenn das
Ph�nomen B immer eine notwendige Folge für das Vorliegen von A ist, dann kann B
als Kriterium für das Vorhandensein von A dienen.
*XX-326*
Wenn ich etwas behaupte, dann fordere ich alle zur
Zustimmung auf: "Ja, so ist es" bzw." Ja, so soll es sein." Die Frage ist dann:
Behaupte ich es zu Recht bzw. fordere ich alle zu Recht zur Zustimmung auf? Aber
was hei�t hier: "zu Recht"?
*XX-327*
Kann man sagen: "Gegen die
Regeln der Argumentation kann man nicht argumentieren, da man sie dazu
gleichzeitig in Anspruch nehmen muss" ? Das klingt logisch. Aber kann es nicht
sein, dass Argumentation in einer
bestimmten Form durch eine Mehrzahl von Regeln konstituiert wird, die jedoch
nicht s�mtlich bei jedem einzelnen Argument Verwendung finden. Dann k�nnte man
unter Umst�nden gegen eine bestimmte, einzelne Argumentationsregel
argumentieren, ohne sie dabei in Anspruch nehmen zu m�ssen. Dann wäre auch eine
argumentative Weiterentwicklung des Sprachspiels Argumentation m�glich. (Das zu
Kuhlmann)
*XX-328*
Bei jeder Argumentation muss man die
Voraussetzung machen, dass es m�glich ist, vom andern verstanden zu werden, mit
ihm eine gemeinsame Sprache zu finden. Wenn das nicht m�glich wäre, wäre
Argumentation sinnlos. Aber die Suche nach Verständnis kann auch vergeblich
sein.
Unsere Wahrnehmungen der Welt m�ssen
intersubjektiv ähnlich strukturiert sein, sonst k�nnten wir keine gemeinsame
Sprache sprechen. Ich kann W�rter wie "Auto (oder "Schmerz") nur jemandem
beibringen, wenn dieser zwischen allen von mir als "Auto" bezeichneten Ph�nomene
eine bestimmte ähnlichkeit erkennt, so wie ich ebenfalls ähnlichkeiten
wahrnehmen können muss. (Es m�ssen wohl nicht dieselben ähnlichkeiten sein. Oder
ist diese Frage sinnlos?) "Auto" kann
allerdings auch noch sprachlich definiert werden durch elementarere Ph�nomene,
die zusammengenommen den Komplex "Auto" bilden.
*XX-330*
Zu fragen ist, wozu der Wahrheitsbegriff
überhaupt benutzt werden soll. Warum bem�ht und streitet man sich denn so um die
Wahrheit?
Die Wahrheit ist etwas, dem jeder Vern�nftige (und Ehrliche)
zustimmen muss.
Die Wahrheit ist au�erdem etwas, an dem man festhalten darf.
überzeugungen, an denen jeder zu jeder Zeit festhalten kann. Wenn man solche
kennt, so hat das für die individuelle Lebensplanung und für die soziale
Koordination erheblichen Wert. Nicht zuf�llig wird deshalb in die Erkenntnis der
Wahrheit viel M�he gesteckt. In die Verbreitung der für wahr gehaltenen
überzeugungen wird ebenfalls viel investiert (obwohl dahinter auch
Eigeninteressen stehen können.)
*XX-331*
Darf man der Wahrheit zustimmen oder muss man es
auch? Wenn man sicher sein k�nnte, dass ein Satz wahr ist, dann m�sste man ihm
auch zustimmen. Andernfalls wäre man unwahrhaftig bzw. unehrlich. Es ist also
wohl ein moralisches "m�ssen". Wenn man jedoch Zustimmung nicht als �ffentliche
verbale
�u�erung sondern als innere Zustimmung auffasst, so ist das tautologisch: Wovon
ich sicher sein kann, dass es wahr ist, davon bin ich überzeugt, dem stimme ich
innerlich zu, das halte ich auch für wahr.
*XX-332*
Wenn ein Satz zwar wahr ist, aber ich selber das
nicht wei�, so muss ich diesem Satz nicht zustimmen: Moralisch (oder auch nur
rational) gesehen kann nur von mir gefordert werden, dass ich im Rahmen meines
Wissens verantwortlich handele. Warum soll ich dem Satz: "Gestern wurde die
franz�sische Regierung umgebildet" zustimmen, wenn ich überhaupt nicht wei�, ob
das stimmt? Dazu wäre notwendig, diesen Satz zu begr�nden, zum Beispiel, wenn
man eine entsprechende Meldung in den Nachrichten geh�rt h�tte. Wenn einem
jemand glaubw�rdig versichert h�tte, er habe eine solche Meldung geh�rt, dann
h�tte man Gr�nde, diesem Satz zuzustimmen.
*XX-333*
Ein Grund ist etwas, das für einen Satz bzw.
dessen Bejahung spricht. Gr�nde richten sich auf die überzeugungen von Menschen,
sie sind Festigungen dieser überzeugungen. Allerdings sind sie Befestigungen
besonderer Art, man k�nnte sagen" rationaler" Art, denn überzeugungen können
auch durch Emotionen, unbewusste Motivkonstellationen, Interessenlagen oder
ähnliches verfestigt werden.
*XX-334*
Was ist mit dem Ausdruck "rational oder vern�nftig" gemeint? Was
unterscheidet eine begr�ndete überzeugung von einer anderweitig gefestigten
überzeugung? Gr�nde sprechen berechtigterweise
für eine überzeugung, w�hrend
Wahrsagereien, Verk�ndigungen selbst ernannter Propheten, eigene Interessen oder
ähnliches meist schlechte Antwortgeber sind.
Die Identifizierung und Gewichtung
von Gr�nden ist Aufgabe der Methodologie (der Erkenntnis). Sie sucht nach
Gr�nden dafür, warum bestimmte Dinge Gr�nde (bzw. mehr oder weniger gute Gr�nde)
sind und bestimmte Dinge eben nicht.
*XX-335*
Wie kann man Gr�nde
finden hinsichtlich der Erkenntnis der Wahrheit? Um diesen Erfolg überhaupt
bestimmen zu können, muss man wiederum voraussetzen, dass man sich der Wahrheit
(bzw. Falschheit) bestimmter S�tze praktisch sicher sein kann, so dass diese
S�tze als Kriterium für die G�te der verschiedenen Begr�ndungsversuche dienen
können. Aber auch von diesen Sätzen können wir ja nur annehmen, dass sie wahr
sind, weil sie besonders gut begr�ndet sind, und so messe ich praktisch
Begr�ndungen der einen Art an Gr�nden der anderen Art. (Fortsetzen! Warum sind
wir uns bestimmter überzeugungen praktisch v�llig sicher?)
*XX-336*
überzeugungen lassen sich nicht durch Zwang bestimmen. Sie beruhen
auf dem "eigenen" Urteil des betreffenden Individuums.
*XX-337*
Wenn
man bei einer normativen Argumentation an überzeugungen des anderen appelliert
und diese als Pr�missen der Argumentation benutzt, obwohl man diese
überzeugungen selber nicht teilt, so tritt man dabei keine Wahrheitsbegr�ndung
an. Der Konsens, der dabei m�glicherweise erzielt wird, ist zuf�llig, weil er
nicht auf einen Konsens hinsichtlich der Begr�ndungsstruktur zur�ckgeht. Wenn es
um G�ltigkeit im Sinne einer interpersonalen Konsensf�higkeit geht, muss eine
für jeden nachvollziehbare Begr�ndung gegeben werden.
(Heft 20 beendet am
17/07/1985)
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11/2015 / Eberhard Wesche
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